Limburg, 18.02.2025
Rechtsextremismus ist eine Bedrohung
Springfeld wurde 2002 in Zwickau geboren und ist dort aufgewachsen. Am Montag, 17. Februar 2025, war er in der Jugendkirche Crossover in Limburg zu Gast, um aus seinem Buch „Der Westen hat keine Ahnung, was im Osten passiert: Warum das Erstarken der Rechten eine Bedrohung für uns alle ist“ vorzulesen.
In den Erzählungen, die Jakob Springfeld vorlas, ging es beispielsweise um rechtsextreme Anfeindungen, um politische Diskurse und Erfahrungen auf Demonstrationen. „Viele Menschen haben Angst. Darüber muss man sprechen und das auch in allen Teilen des Landes“, erzählte er. Rechte Gewalt sei seit jeher ein gesamtdeutsches Problem. Trotzdem gebe es Unterschiede: Während bei Lesungen in Westdeutschland das Entsetzen über seine Erzählungen groß sei, so sei es bei Lesungen in Ostdeutschland beinahe normal, dass es Polizeischutz gebe und Springfeld sein Pfefferspray dabei habe. Aber auch in Westdeutschland gebe es viele Erfahrungen mit Rassismus, das würde häufig vergessen. „Ich habe kein Verständnis für ein Verantwortungsgefühl, das an einer Stadt- oder Landesgrenze endet“, sagte er.
Weg von Pauschalisierungen
„Ich bin es leid, immer wieder darüber sprechen zu müssen, dass wir mit den Pauschalisierungen endlich Schluss machen müssen“, sagte Springfeld. Dabei nahm er Bezug auf Attentate, die von Menschen mit Migrationsgeschichte begangen wurden. Deshalb sei nicht jede Person mit Migrationsgeschichte per se ein Attentäter oder eine Attentäterin. Genauso sei nicht jeder Mensch aus den ostdeutschen Bundesländern Nazi. „Wir dürfen Kritik an den Ungleichheiten von Ost- und Westdeutschland üben, aber niemals gemeinsam mit Extremisten“, sagte Springfeld. „Wir dürfen Kolonialismus kritisieren, aber niemals gemeinsam mit Islamisten.“ Zwischen den Passagen aus seinem Buch sprach Springfeld immer wieder über Hintergründe, erklärte Sachverhalte.
Einen Wunsch hat Springfeld – auch für die Zeit nach der Bundestagswahl: „Dass wir schauen, dass wir aus dem Reagieren auf die Rechten herauskommen.“ Denn sehr häufig verfange sich die Gesellschaft im Hamsterrad des Reagierens. Dies sei nach wie vor ein Dilemma. Denn in dieser Situation gebe es einerseits die Möglichkeit, die Szene zu ignorieren und damit zu normalisieren. Oder andererseits viel darüber zu sprechen und damit dafür zu sorgen, dass sich Bezeichnungen aus der rechten Szene verankern und auch normalisieren. Beides sei gefährlich. „Wir müssen Räume schaffen, wo Menschen, die vor Ort demokratisch arbeiten, zusammenkommen können“, sagte Springfeld. Abarbeiten am Diskurs bringe die Gesellschaft nicht weiter. „In der Zeit, in der ich einen Neonazi überzeuge, nicht Neonazi zu sein, kann ich im besten Fall zehn Leute zusammenbringen, die sich gemeinsam engagieren“, so Springfeld.
Weiter machen trotz Anfeindungen
In der anschließenden Fragerunde ging es beispielsweise um die Motivation Springfelds, trotz Anfeindungen immer weiter zu machen. „Man erlebt immer wieder Rückschläge“, sagte er. „Und gleichzeitig, wenn man Freunde hat und mit ihnen diese Gefühle teilen kann, schweißt das zusammen und stärkt.“ Im Jahr 2025 könne man nicht politisch neutral sein. Rassismus sei Hass, stellte Springfeld klar.
Die Lesung mit dem Titel „Unter Nazis“ war eine Kooperation der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg und Wetzlar, Lahn-Dill-Eder (KEB), der Jugendkirche Crossover, des Jugendbildungswerks Limburg-Weilburg (JBW) und des Aktionsbündnisses „Generation Jetzt!“. Etwa 120 Personen nahmen an der Lesung teil.