Frankfurt
Ein Ehrenamt für die Ewigkeit
Seit Frühjahr 2024 leitet sie für die Pfarrei Sankt Franziskus in Frankfurt ehrenamtlich Trauerfeiern. Ein bis zwei Verstorbene beerdigt sie pro Monat. „Ich mache das richtig gerne, weil ich das Gefühl habe, ich tauche nochmal ein in ein Leben, das oftmals so reich war“, so Wiese-Gutheil.
Persönlichkeit lebendig werden lassen
Wenn in ihrer Bereitschaftswoche ein Trauerfall eintritt, trifft sich Wiese-Gutheil mit den Angehörigen für ein Trauergespräch: „Ich versuche, möglichst viel über die Verstorbenen zu erfahren, damit ich eine Rede schreiben kann, die auf diesen Menschen passt“, sagt Wiese-Gutheil. Das Ziel ihrer Ansprache: Die Persönlichkeit der Verstorbenen noch einmal ein Stück weit lebendig werden lassen und den Abschied für die Angehörigen ein bisschen leichter tragbar machen.
Vorbereiten auf den Beerdigungsdienst
„Wenn Ehrenamtliche jemanden aus ihrer Pfarrei beerdigen, dann können sie oft ganz anders über die Person sprechen als jemand, der die Person nicht kannte“, sagt Verena Maria Kitz, Leiterin des Fachzentrums Trauerseelsorge in Frankfurt. Knapp ein Jahr lang bereitete sie zwölf Interessierte im Kurs „Tote bestatten, Trauernde trösten“ auf ihr Ehrenamt vor. Dort lernten die Teilnehmenden zum Beispiel, wie Kinder trauern oder wie wichtig es ist, Trauernden ihren individuellen Trauerweg zuzugestehen. Besonders im Gedächtnis bleibt Wiese-Gutheil der Besuch im Krematorium: „Das dauert Stunden, bis ein Körper verbrannt ist. Zu sehen, was alles übrig bleibt und wie sorgsam damit umgegangen wird, ist beeindruckend“, erinnert sie sich. Für sich selbst wünsche sie sich aber eine klassische Erdbestattung und erinnere ihre drei Söhne regelmäßig daran. Im Trauergespräch mit den Angehörigen der Verstorbenen sei es aber wichtig, sich selbst zurückzunehmen und keine eigenen Urteile zu fällen.
Beerdigen als Dienst am Menschen
Tote zu bestatten und Trauernde zu trösten sind in der christlichen Tradition Werke der Barmherzigkeit. Laut katholischem Kirchenrecht fällt die Leitung von Begräbnissen in den Aufgabenbereich des Priesters. Wo nötig, kann im deutschsprachigen Raum seit 1969 der Diözesanbischof Laiinnen und Laien, also ungeweihte Christinnen und Christen, beauftragen, ein Begräbnis zu leiten. „Beerdigungsfeiern zählen zu den Sakramentalien, also zeichenhaften Handlungen, die das Heilshandeln Gottes sichtbar und spürbar machen. Insofern können auch Laiinnen und Laien Beerdigungen halten“, sagt Kitz. In einigen Diözesen in Deutschland dürfen neben hauptamtlichen Pastoral- oder Gemeindereferentinnen und -referenten auch Ehrenamtliche Tote bestatten. Ende 2022 brachte das Bistum Limburg ein Diözesangesetz auf den Weg, das den Beerdigungsdienst und die Trauerbegleitung für Ehrenamtliche öffnete, und initiierte 2023 den einjährigen Ausbildungskurs. Doris Wiese-Gutheil ist eine der ersten Kursabsolventinnen und -absolventen. „Voraussetzung für den Begräbnisdienst im Bistum Limburg ist, dass die Person getauft und gefirmt, mindestens 25 Jahre alt ist und am Qualifizierungskurs teilgenommen hat“, so Kitz.
Ehrenamt ergänzt das Hauptamt
„Ich glaube, dass Ehrenamtliche ganz anders von ihrem Glauben sprechen können, weil sie das in einer Sprache tun, die andere gut nachvollziehen können“, so Kitz. „Die Hauptamtlichen in meiner Pfarrei sind sehr entgegenkommend und freuen sich, dass ich sie als Ehrenamtliche ein bisschen entlaste“, sagt Wiese-Gutheil. Die Angehörigen der Verstorbenen reagierten bisher positiv darauf, wenn sie als ehrenamtliche Frau die Beerdigungen leite. Nur manchmal werde sie fälschlicherweise für die Pfarrerin gehalten: Wenn sie in ihrem weißen Gewand, mit Umhängekreuz und Weihwasser auf dem Friedhof unterwegs ist. „Das Missverständnis lässt sich schnell aufklären und schon kommen wir ins Gespräch über ein sonst oft totgeschwiegenes Thema“, so Wiese-Gutheil.