Montabaur, 28.01.2025
Erinnern, um zu verhindern
In diesem Jahr schien eine besondere Stimmung über den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers in Auschwitz zu liegen. Dies lag nicht zuletzt an den politischen Entwicklungen weltweit, insbesondere auch in Deutschland. „Wir erleben, dass diffamiert, geleugnet und klein geredet wird“, mahnte Dr. Georg Poell, Leiter der KEB Westerwald – Rhein-Lahn, gleich eingangs. Der Referent Dr. Marc Fachinger, Leiter des Projekts „Zeitzeugen“ im Bistum Limburg, ergänzte: „Warum müssen wir erinnern? Weil wir Menschen sind“.
Tag der Mahnung
Diese Gedanken gaben der vollbesetzten Veranstaltung eine zusätzliche, hochaktuelle Dimension und bekräftigten die Notwendigkeit, sich aktiv gegen jede Form von Diskriminierung und Hass zu stellen. „Dieser Tag ist Mahnung, dass das nie wieder passiert“, sagte die evangelische Pfarrerin Ricarda Bosse. Damit griff sie den Leitgedanken des Abends auf: „Erinnern Sie sich, was war, und verhindern Sie, was war“. Dieser stammte von der Zeitzeugin Teresa Kozak-Wilamoski, die 1927 in Grudziądz (Polen) geboren wurde und die Lagerhaft in Potulice in den Jahren 1944/45 überlebte. Ihre mahnenden Worte unterstrichen die Bedeutung von Berichten aus erster Hand und prägten die Veranstaltung, die den Bogen spannte zwischen den Erfahrungen der Überlebenden und der Frage, wie diese Erinnerungen auch für kommende Generationen bewahrt werden können.
Dr. Marc Fachinger, Leiter des Projekts „Zeitzeugen“ im Bistum Limburg, beleuchtete eindrucksvoll, wie wichtig die Arbeit mit Shoah-Überlebenden ist, aber auch, wie digitale Erinnerungsformate und Archive aus Bild, Ton und Film dabei helfen, das Gedenken für die Zukunft lebendig zu halten. In seinem Vortrag betonte er: „Das Anzünden von Licht in der Dunkelheit erscheint mir näher, als über die Dunkelheit zu klagen.“ Mit diesen Worten unterstrich er die Bedeutung, aktiv Zeichen des Lebens und der Hoffnung zu setzen, anstatt sich in Resignation angesichts der düsteren Entwicklungen der Gegenwart zu verlieren.
Gedenken ist ein fortlaufender Prozess
Auch die Rolle der sogenannten „Zeitzeugen zweiter Ordnung“ – Menschen, die die Geschichten der Überlebenden weitertragen – wurde thematisiert. Dies zeigt, dass das Gedenken nicht nur Aufgabe einer Generation ist, sondern ein fortlaufender Prozess, der immer wieder neu gestaltet werden muss. „Erinnerung lässt sich nicht abschließen“, mahnte Marc Fachinger und unterstrich die besondere Bedeutung der Begegnung mit Zeitzeugen. Deren Berichte wirkten noch lange nach und bewegten ein Leben lang: „Zeitzeugen-Begegnungen haben Macht“.
Claudia Kobold (pax christi, Montabaur) und Markus Neust (kath. Pastoralreferent, Montabaur) verlasen die Namen der im Holocaust getöteten jüdischen Menschen aus Montabaur. Margit Chiera von der evangelischen Gemeinde Montabaur bewegte die Teilnehmenden mit einem gemeinsamen Gebet. Der katholische Pater Edward Fröhling zitierte die aus einer jüdischen Familie stammenden Dichterin Nelly Sachs: „Ein Faustschlag hinter der Hecke. Da liegt einer. Nichts Schlimmeres als Vorübergehen. Keiner bleibt stehn. Nichts zu sagen.“
Zeichen für Verantwortung
Musikalisch wurde die Veranstaltung von Mirjam von Jarzebowski und Jörg Volberg, dem Fagottduo des Ensembles Musica Rhena, begleitet.
Die Veranstaltung war ein Zeichen für die Verantwortung, die Erinnerung an die Shoah wachzuhalten, und zeigte, wie wichtig es ist, die Worte der Zeitzeugen weiterzutragen – damit das Geschehene niemals in Vergessenheit gerät und die Welt wachsam bleibt gegenüber allen Tendenzen, die die freiheitliche und menschenwürdige Gesellschaft gefährden.
Text: Annette Krumpholz