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13.09.2011

Nicht ohne den Trost der Bäume

Tag der Religionspädagogik: Beten als Realitätsgewinn

LIMBURG. Mehr als 300 Religionslehrerinnen und Religionslehrer nahmen am „Tag der Religionspädagogik“ unter dem Motto „Beten als Realitätsgewinn“ in der Kreuzwoche im Bistum Limburg teil.

In einem festlichen Pontifikalamt überreichte Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz- van Elst 59 angehenden Religionslehrerinnen- und lehrern die „missio canonica“ als kirchliche Lehrerlaubnis für den katholischen Religionsunterricht. In seiner Predigt erinnerte der Bischof an den heiligen Johannes Chrysostomus, dessen Gedenktag die Kirche heute feiert. Im Hinblick auf die beginnende berufliche Tätigkeit sagte der Bischof: „Immer sind die Worte, die sie weitergeben eine Aussaat auf sehr unterschiedlichen Böden mit scheinbar sehr unterschiedlicher Aussicht auf Erfolg. Aber entscheidend bleibt, dass Gott wachsen lässt, was wir ihm anvertrauen.“ Wo Schüler eine Ahnung davon bekämen, „wo sie Zuhause sind, mit wem sie sprechen und bei wem sie klagen, bitten, loben und danken können“, vermittele sich jungen Menschen, „dass Christen im Gebet immer nach Hause kommen“, so Tebartz-van Elst.

Hauptredner des Tages war Prof. Dr. Gerhard Lohfink. In seinem Vortrag „Zu Theologie und Praxis des christlichen Gebets“ stellte er Klage, Bitte, Lobpreis und Dank als die zentralen Formen des Gebets vor, die bereits die Psalmen des Alten Testaments prägen. „Verliebte wollen alles voneinander wissen“ und sie finden es „wunderbar, sich für viele Dinge beieinander bedanken zu können“, so Lohfink in seiner überraschenden Einführung. Verliebte erfreuten sich aneinander und lobten sich häufig. Mit der Zeit schleichen sich aber auch andere Töne in das Gespräch: Nörgelei, Klage, Beschimpfungen aber auch Verzeihung und inständige Bitte kämen hinzu. Alle Empfindungen fänden sprachlichen Ausdruck in den Psalmen als dem „dramatischen Gespräch Israels mit seinem Herrn“, so der Theologe. Völlig zu Recht würden Zorn, Sehnsucht und die Forderung nach Gerechtigkeit als Klage deutlich vor Gott gebracht. „Was machen wir mit Zorn und Bitterkeit?“ fragte Lohfink und unterstrich, wie berechtigt die Form der Klage sei. Jedoch werde im Gebet die vorgebrachte Wut gewandelt. In der Form der Bitte könne der Mensch seine Ohnmacht zugeben. Sie befreie ihn „von der Anmaßung, wir selbst können Wahrheit und Liebe in die Welt bringen“, so Lohfink. In der Bitte erkenne der Mensch an, „was wir sind und was Gott ist“. Dabei sei die Bitte nicht eine „Ersatzhandlung für Nichthandelnde“, wie ein häufiger Verdacht laute. Die Erfahrung Betender zeige, dass Gott „oft auf überraschende Weise“ einer Bitte nachkomme.“ Der erlebten Erfüllung von Gebeten stehe die Erfahrung gegenüber, dass manche Bitte nicht erhört werde. Jedoch machte Lohfink klar, dass „beide Erfahrungen nicht gegeneinander ausgespielt werden können“. Im Lobpreis drücke sich die Freude über die Schöpfung aus. So könne zwar eine naturwissenschaftliche Interpretation einen Baum definieren, aber das Erlebnis des kühlenden Schattens nicht erklären. In diesem Sinne verenge der Lobpreis nicht die Realität, sondern er weite den Blick für die ganze Wirklichkeit. Schließlich gehöre zum Gebet der Dank. In den Psalmen erzählen die Menschen dankbar von den Taten Gottes. Lohfink betonte, dass der öffentliche Dank einen Ort des Erzählens brauche: die im Dank versammelte Gemeinde. In der Eucharistie feiere die Gemeinschaft ihren Dank am intensivsten. Die höchste Form des Dankes in der Gemeinschaft der Glaubenden sei die Eucharistie. Das Hochgebet als „der Grundakt“ der Kirche versammele alle in der Gemeinschaft: dazu zählten Anwesende wie Fernstehende, Lebende ebenso wie Tote und, wie es der Gebetstext sagt „Engel und Heilige“. „Wenn“, so Lohfink, „Gott der Herr der Welt ist, dann ist Danksagung vor Gott das Elementarste, was es gibt“. Lohfink bezeichnete den Dank als das „Fundament, auf dem wir existieren“. Wie jede Liebe ihre Geschichte hat, hat auch jedes Gebetsleben als ein Gespräch mit Gott ihre Geschichte. Sie kenne die Zeiten der Dürre und der Trostlosigkeit aber auch die Stunden des Dankes. „Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume und wer möchte leben ohne den Trost des Gebets“, schloss der Theologe und erntete Beifall.

Andreas von Erdmann, Oberstudiendirektor i. kirchlichen Dienst und kommissarischer Leiter des Dezernates Bildung und Kultur im Bischöflichen Ordinariat, überreichte Prof. Gerhard Lohfink den „Eulenfisch“. Diese Figur versinnbildlicht die Einheit von Vernunft und Glaube, wobei der Fisch für den Glauben und die Eule traditionell für die Weisheit steht. Beide, Glaube und Wissen, bestimmen die Methode der gleichnamigen profilierten Limburger Zeitschrift für Religionspädagogik. (pa)

 

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