28.04.2012
Bezirk Westerwald wagt Aufbruch
MONTABAUR/LIMBURG. Die Struktur der Seelsorge im katholischen Bezirk Westerwald wird sich verändern. Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst hat nun, gut fünf Monate nach seiner Visitation, die Eckdaten für den Veränderungsprozess genannt und einen Vorschlag präsentiert, wie kirchliches Leben im Westerwald künftig strukturiert sein kann: Ab April 2013 soll es im Bezirk insgesamt acht Pastorale Räume geben, die sich auf einen mehrjährigen Weg hin zu einer Pfarrei neuen Typs machen werden. Bis 2018 soll dieser Weg, der sich vor allem durch einen geistlichen Aufbruch kennzeichnen soll, dann im gesamten Bezirk und in der Diözese gegangen worden sein. Dabei geht es ganz zentral um die Frage, wie Glauben gelebt und weitergegeben werden kann. "Wir müssen uns fragen, was uns als Katholiken und als Kirche auszeichnet und was uns verbindet", erklärte Bischof Tebartz-van Elst im Gespräch mit den pastoralen Mitarbeitern und den Mandatsträgern im Bezirkssynodalrat. Die Struktur in der Seelsorge sei dabei zwar nicht unwichtig, habe aber immer nur einen dienenden Charakter.
Zurzeit gibt es im Bezirk Westerwald noch 14 Pastorale Räume mit insgesamt 68 Pfarreien. Hier leben etwa 100.000 Katholiken, was einem Anteil von 50,5 Prozent der Bevölkerung entspricht. Mit Blick auf die Entwicklung der Katholikenzahl, den demografischen Wandel und schwindenden personellen sowie finanziellen Ressourcen, kann diese Struktur nicht gehalten werden. "Wir müssen heute die Veränderungen angehen, um morgen noch handeln zu können", so der Bischof. Herzstück der künftigen Seelsorgestruktur im Bezirk werden deshalb die acht Pfarreien neuen Typs sein. Diese neuen Pfarreien verstehen sich als ein Netzwerk, das sich aus den bisherigen Pfarreien und anderen Orten kirchlichen Lebens wie etwa Pflegeheimen, Caritaseinrichtungen, Kindertagesstätten zusammensetzt. "Kirchliches Leben im Westerwald will vor Ort beim Menschen bleiben", erklärte Tebartz-van Elst. Daran solle kein Weg vorbeiführen. Nähe vor Ort dürfe nur nicht mehr unumgänglich mit Hauptamtlichkeit verbunden sein. "Ehrenamtliche werden künftig vor Ort mehr Verantwortung übernehmen", so der Bischof. Dabei sollen sie stärker von den Pastoralteams und von der Diözese unterstützt werden. Eine "Unterstützungsinitiative" ist das Bischof-Blum-Kolleg, die Schule des Glaubens, des Gebets und der Gemeinschaft, die im September 2011 in Limburg für das gesamte Bistum gegründet wurde.
Die Pfarreien neuen Typs werden von jeweils einem Pfarrer geleitet. Sein Dienstsitz wird an der Pfarrkirche der neuen Pfarrei sein. Dort soll es auch ein zentrales Pfarrbüro, das ausreichend erreichbar sein wird, geben. Die bisherigen Pfarrkirchen werden kirchenrechtlich zu Filialkirchen, bleiben aber Orte an denen Sakramente gespendet und Gottesdienste gefeiert werden. An den Filialkirchen sollen Kontaktbüros mit festen Sprechzeiten eingerichtet werden. Dem Pfarrer steht ein Pastoralteam mit weiteren Priestern, mit Diakonen sowie Pastoral- und Gemeindereferenten zur Seite.
Der Vorschlag des Bischofs wird nun im Bezirk diskutiert. "Uns ist kein fertiges Haus präsentiert worden", erklärte Bezirksdekan Heinz-Walter Barthenheier. Er verglich den Vorschlag des Bischofs mit dem Plan des Architektens, der die Gesamtgröße des Hauses zwar festgesetzt habe, nicht aber die Anordnung und Größe der einzelnen Zimmer. Deshalb beginnt nun ein intensiver Beratungsprozess im Bezirk. Alle Pastoralausschüsse und Pfarrgemeinderäte werden sich nun mit dem Vorschlag befassen und dazu Stellung beziehen. Diese Stellungnahmen müssen bis zum 31. Oktober beim Bezirkssynodalrat eingegangen sein und werden dort dann beraten. Sie fließen in die Stellungnahme des Bezirkssynodalrates ein, die Mitte Dezember an die bischöfliche Verwaltung gegeben wird. Zum 1. April 2013 gründet der Bischof dann die acht neuen Pastoralen Räume.
In den Vorschlag des Bischofs sind seine Erfahrungen, die er in den Pastoralen Räumen während seiner Visitation gemacht hat, eingeflossen. "In den vielen Gesprächen und Begegnungen hier im Bezirk habe ich Erlebnisse des Glaubens erfahren dürfen und bin selbst beschenkt worden", resümierte Tebartz-van Elst. Er dankte den Haupt- und Ehrenamtlichen für ihr "Brückenbauen" vom Glauben und Kirche hin in den Alltag der Menschen und für ihr Mittragen und Mitgehen. Beeindruckt war der Bischof auch vom Engagement der Orden und geistlichen Gemeinschaften im Westerwald. Die Zisterzienserabtei Marienstatt ist für den Bischof "ein Leuchtturm des Glaubens, der den Menschen und der Landschaft seit jeher Orientierung" gebe. Weltweit setze das Zeugnis der Seligen Mutter Katharina Kasper und der Dernbacher Schwestern, das im Westerwald seinen Ursprung habe, ein lebendiges Zeichen der christlichen Nächstenliebe. Große Strahlkraft habe auch das Wirken der Barmherzigen Brüder von Montabaur im gesamten Bistum. Ausdrücklich lobte der Bischof auch das vielfältige Engagement der Caritas. "Ich habe hier im Bezirk durch viele konkrete Projekte und Zeichen gespürt, dass wir als Kirche an der Seite der schwachen und hilfsbedürftigen Menschen stehen", sagte der Bischof. Hier sei erfahrbar, was es bedeute, dass die Caritas das Gewand der Kirche ist. Er danke auch den Erzieherinnen und Erzieher in den katholischen Kindertagesstätten, den Religionslehrerinnen und Lehrern und den vielen Ehrenamtlichen, die sich mit ihren Talenten in den Dienst am Menschen stellen. Als offen und bereichernd hat Tebartz-van Elst die Gespräche mit den Vertretern der Ökumene, der Kommunen, der Wirtschaft und den Medien in der Region erlebt. (StS)
Die neuen Pastoralen Räume sollen sich so zusammensetzen:
- Montabaur, Augst, Stelzenbachgemeinden
- Nentershausen-Hundsangen, Meudt, Ruppach-Goldhausen
- Westerburg (Salz, Hahn, Guckheim, Herschbach)
- Rennerod (Bad Marienberg, Höhn, Höhn-Schönberg)
- Hachenburg (Nistertal, Mörlen)
- Herschbach-Selters (Weidenhahn)
- Sierhahn, Wirges (Niederahr)
- Höhr-Grenzhausen, Ransbach-Baumbach
Alle, die mehr über den Veränderungsprozess im katholischen Bezirk Westerwald wissen möchten, sind zu insgesamt acht Informationsveranstaltungen eingeladen. Die Treffen beginnen immer um 19.30 Uhr und dauern etwa zwei Stunden.
Hier die Terminübersicht:
Dekanat Montabaur:
Donnerstag, 10. Mai, Auf dem Kalk, Montabaur.
Mittwoch, 30. Mai, Gartenstraße, Neuhäusel.
Dekanat Meudt:
Montag, 14. Mai, Rosenstraße 11, Nentershausen.
Dienstag, 15. Mai, Bachwiesen, Hahn am See.
Dekanat Ransbach: Dienstag, 22. Mai, Bahnhofstraße/Ecke Schulstraße, Höhr-Grenzhausen.
Dienstag, 26. Juni, Heinrich-te-Poel-Straße 7, Herschbach/Uww.
Dekanat Rennerod:
Dienstag, 29. Mai, Am Neumarkt, Westerburg.
Montag, 25. Juni, Nassauische Straße 24, Bad Marienberg.
Eine Anmeldung ist nicht nötig. Alle Abende bieten die gleichen Informationen. Deshalb ist es möglich, die Informationsveranstaltung auch im Nachbardekanat zu besuchen.