28.03.2012
Brückenbauer zwischen Schülern und Konfession
WIESBADEN / NAUROD. ? Heute Religionslehrer zu sein, ist mit vielen neuen Herausforderungen verbunden. Dieses Resümee stellte Professor Hans Mendl, der an der Universität Passau Religionspädagogik und Didaktik lehrt, gleich an den Anfang des ökumenischen Studientages für katholische und evangelische Religionslehrer am Dienstag, 27. März, im Wilhelm-Kempf-Haus. Rund um schulisches Lernen ist vieles verändert, zum Beispiel im Rahmen der Ganztagsschule, bei der Umstellung auf die Bildungsstandards, bei der künftigen Umsetzung von Inklusion. Der Religionsunterricht soll kompetenzorientiert und performativ sein. Und während die Situation in den Klassen und im Kollegium multireligiös ist, sind auf der anderen Seite die kirchlichen Erwartungen hoch. Da braucht es schon die Wertschätzung, die Professor Mendl den rund 80 Teilnehmern entgegen brachte: „Religionsunterricht ist der Ort, wo Christsein in unserer Gesellschaft gelingt“.
Um unter schwierigen Bedingungen in der Schule selbstbewusst und gut zu agieren, müssten Religionslehrer nicht nur kompetent sein, sondern einen „berufsprofessionellen Habitus“ entwickeln, zu dem vor allem die Fähigkeit zur Reflexivität gehöre, so Professor Mendl. Er räumte dabei in seinem Vortrag mit dem Mythos des idealtypischen Lehrers auf: Guter Unterricht könne auf sehr vielfältige Weise durchgeführt werden. „Wir brauchen ausgeprägte Persönlichkeiten, keine Einheitslehrer“, betonte er. Wie neuere Studien belegten, komme es gerade bei diesem Fach auf die Person des Lehrers entscheidend an. Die Nachhaltigkeit und die Akzeptanz der rund 800 bis 900 Religionsstunden, an denen ein Schüler im Durchschnitt teilnehme, hänge fast ausschließlich vom Lehrer ab.
„In der Regel sind die Religionslehrer die einzigen Brückenbauer zwischen den Schülern und der Konfession“, hob Mendl die Bedeutung der Pädagogen hervor. Als Wissende und Überzeugte machten sie Religion erlebbar und trügen den christlichen Glauben in eine gesellschaftlich plurale Schule hinein. Dabei seien sie angewiesen auf die Solidarität ihrer Kirche, sagte Mendl, der diese Aussage mit einem lebhaft beklatschten Appell „an die Kirchenoberen“ verband: „Bitte unterstützt die Religionslehrer.“ Gerade bei Aktivitäten im Bereich der Schulpastoral, wo ein gemeinschaftlicher Umgang und eine aktive Beteiligung aller herrsche, werde der Ausspruch von Dietrich Bonhoeffer konkret: „Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“ Beifall und Schmunzeln erntete der Referent für sein launig formuliertes Schlusswort: „Be a teacher ? be a hero“, sagte er: „Sie sind alle Helden und dafür danke ich Ihnen.“
Ermutigung und Dank gab es auch zum Tagungsende von Bezirksdekan Paul Lawatsch, der im Rahmen des Abschlussplenums die Religionslehrer als „Schatz der Kirche“ bezeichnete, da sie nahe dran seien an den Fragen der Kinder und Jugendlichen. Mendl plädierte bei dieser Gelegenheit noch einmal für eine Verstärkung des Dialogs zwischen Kirche und Religionslehrern und sprach sich dafür aus, in der bildungspolitischen Debatte kirchlicherseits das Thema „Entschleunigung“ stark zu machen. Vonseiten der Religionslehrer wurde unter anderem der Wunsch nach einer Schwerpunktsetzung im Bereich der Schulpastoral geäußert. In Workshops am Nachmittag hatten die Teilnehmer zuvor Gelegenheit, einzelne Aspekte des Themas zu vertiefen.
Der ökumenische Studientag wurde vom Amt für katholische Religionspädagogik Taunus und dem Religionspädagogischen Institut der EKHN in Kooperation mit dem Pädagogischen Zentrum der Bistümer im Lande Hessen veranstaltet. (rei)