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09.11.2012

Das Jahr des Glaubens und das Bischof-Blum-Kolleg

Interview mit Pfarrer Dr. Christof May und Thomas Lütkemeier

Was ist das besondere am Bischof Blum Kolleg?

Die Pfarreien im Bistum Limburg stehen vor einer großen Herausforderung - der Bildung von "Pfarreien neuen Typs". Damit verbunden sind viele Aufgaben und Entscheidungen, oft eine grundlegende Neuorganisation in vielen Bereichen und natürlich auch manche Probleme, die man bewältigen muss. Klar aber ist: Der strukturelle Prozess alleine macht die "Pfarrei neuen Typs" nicht zukunftsfähig, dazu braucht es unbedingt auch das Nachdenken darüber, wie man geistlich zu einer Gemeinschaft zusammenwächst und wie die neue Struktur mit kirchlichem Leben gefüllt werden kann. Der Weg hin zur Pfarrei neuen Typs bietet daher bei aller Arbeit und Mühe vor allem die Chance, den Glauben neu zu entdecken und anzunehmen, sich "im Gehen" zu vergewissern, dass Gott den Einzelnen und die ganze Kirche - gerade in den tiefgreifenden Veränderungen - führt und wir aus dieser Erfahrung Kraft, Zuversicht und Freude schöpfen können. Freude, die für Menschen in unserem Umfeld spürbar ist und unser Bekenntnis glaubwürdig und anziehend macht.

Diesen Weg möchte das Bischof-Blum-Kolleg durch Angebote zur geistlichen Ausbildung und Erneuerung begleiten und unterstützen. Zentraler Gedanke dabei ist, dass gleichermaßen ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfarreien zu den Veranstaltungen des Kollegs eingeladen sind. Im Sinne einer Dienstleistung, die man frei für sich nutzen kann, möchte das Kolleg für diesen Adressatenkreis Möglichkeiten bereiten, einen gemeinsamen Weg der Christusnachfolge zu beginnen, fortzuführen und zu pflegen, der dann in der Arbeit und im Engagement des Einzelnen Frucht bringen mag für die jeweilige Pfarrei. Es geht um individuelle geistliche Anreize und Hilfestellungen, die hoffentlich dazu beitragen, dass an den Orten kirchlichen Lebens, die als Netzwerk die Pfarrei neuen Typs definieren, Christus in den Diensten, Ämtern und Aufgaben ein Gesicht bekommt.

 

Gleichzeitig zur Ausrufung des Jahrs des Glaubens fand in Rom die Weltbischofssynode statt, deren Fokus auf die Neuevangelisierung gerichtet war. Wie kann das Bischof Blum-Kolleg zur Neuevangelisierung beitragen?

Dazu stellt das Bischof-Blum-Kolleg die Frage der Auskunftsfähigkeit im Glauben in den Mittelpunkt. Aus den Gesprächen mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bistum wissen wir, dass diese Frage viele umtreibt. Mitunter erleben gerade die aus dem Glauben Engagierten sich als vermeintlich "sprachlos", wenn es darum geht, das persönliche Bekenntnis zu formulieren bzw. .zu leben, etwa in der Familie oder am Arbeitsplatz. Und tatsächlich: Ohne Zeugen kann es keinen Glauben geben. Das wird uns gerade in unseren Breitengraden drastisch deutlich.

Dass ich mit meiner persönlichen Glaubensbiographie, unabhängig von Bildungsgrad, ausgeübtem Beruf oder Äußerlichkeiten von Gott berufen bin, den Glauben in der für mich angemessenen Art und Weise zu verkünden - um das mehr und mehr zu verinnerlichen und umzusetzen, dazu braucht es immer wieder die Begegnung mit dem Herrn, aus der heraus unser Ruf zur Evangelisation lebendig und nicht nut Theorie bleibt. Wenn ich selber Gott erfahre und mit ihm lebe, dann führt mich das automatisch zu den Menschen in meinem Umfeld. Es ist die Freude am Leben mit Gott, die uns offen und feinfühlig für die Anderen macht und uns ihnen wohlwollend begegnen lässt. Und der Heilige Geist schenkt uns dann auch die Gelassenheit und den Mut, den Glauben anderen aus Scham oder vermeintlichem Imageverlust nicht vorzuenthalten.

Die Angebote im Bischof-Blum-Kolleg folgen deshalb alle einem Dreischritt: Zunächst geht es darum, Christus zu begegnen und den Glauben zu erleben - etwa im gemeinsamen und persönlichen Gebet, im Hören auf das Wort Gottes oder in der Feier der Eucharistie. Dann, das Erfahrene zu durchdenken - etwas über den Glauben zu lernen, Neues zu erfahren, Bekanntes zu vertiefen. Und schließlich den Glauben zu teilen - im Austausch miteinander, in der Familie, in der Arbeit, im konkreten Dienst und Engagement. Dabei auch aufmerksam zu werden: Welchen Dienst wünscht sich eigentlich Gott von mir? Bin ich an der richtigen Stelle? Was sind meine Talente und Charismen, wie setze ich sie ein? Was tue ich, damit andere von Gott hören und den Glauben entdecken können? Wie kann man das auch konkret einüben? Hier erhoffen wir uns auch durch die Mischung von ehrenamtlich Engagierten und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besondere Impulse.

Also Christus ins Zentrum stellen. Er ist es, der uns ruft und aussendet. Und so steht vor der Evangelisation immer die Frage der eigenen Umkehr - nur wenn ich selber mit dem Herrn und aus den Sakramenten lebe, kann Mission gelingen. Dann nämlich ist es ein Weg der Demut, Einfachheit und Armut, auf dem ich mich Anderen zuwende. Mission ist nie nur Aktionismus, auch wenn es missionarische Aktion braucht. Mission aus Überheblichkeit oder gar aus einer inneren Abgrenzung zur Welt kann keine Frucht bringen. Unsere Sehnsucht, dass andere die Liebe und Barmherzigkeit Gottes erfahren, daraus speist sich die christliche Mission: Aus der Tiefe der eigenen Christusbegegnung in die Weite der Christusbegegnung im Anderen gehen.

 

Die Säkularisierung ist schon lange kein Phänomen nurmehr der Städte, sondern auch in den ländlichen Regionen spielen Glaube und Kirche bei weitem nicht mehr die Rolle wie noch vor wenigen Jahren. Mitunter erfordert es sogar Mut, sich zu seinem Glauben zu bekennen. Wo kann das BBK da unterstützen?


Ein Ansatz sind die Wallfahrten, die das Kolleg anbietet. Bisher ist das die Bistumswallfahrt ins Heilige Land, 2013 kommt dann erstmals eine Wallfahrt im Bistum hinzu. Arbeitstitel bisher: "Von Marienstatt nach Marienthal". Also Gemeinschaftserfahrung, die mich erleben lässt, dass ich im Glauben nie alleine bin. Alle Generationen von Christen brauchen diese Erfahrungen von kirchlicher Gemeinschaft, die sich nicht auf meine unmittelbare Lebensumgebung beschränkt. Zudem ist jede Wallfahrt ein konkretes Aufbrechen in ein Abenteuer mit Gott, bei dem ich Gewohnheiten verlassen und meinen Horizont weite.

Die Wallfahrten im Bischof-Blum-Kolleg möchten in besonderem Maße auch der Vernetzung im Bistum dienen, dass Engagierte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf eine Weise Kontakt zueinander knüpfen, für die auf Arbeitstreffen keine Möglichkeit besteht. Und eben auch Engagierte aus anderen Regionen und Ecken des Bistums zu treffen und mit diesen "Christus hinterher" in geistliche Gemeinschaft zu treten. Letztendlich geht es auch die wichtige Erfahrung, dass der Glaube hinter dem eigenen Kirchturm nicht aufhört, sondern an Tiefe gewinnen kann, die dann im eigenen Umfeld wieder Wirkung zeigt.

 

Gibt es besondere Erfahrungen seit der Gründung des Kollegs? Wie bringt die Arbeit geistliche Früchte?

Der Heilige Geist wird als die Dynamik Gottes bezeichnet - und auf diese Dynamik verlassen wir uns. Eine Frucht ist bereits die Art und Weise, wie die Dinge im Kolleg erarbeitet werden. 2011 hat Bischof Franz-Peter eine Arbeitgruppe ins Leben gerufen, in der Vertreterinnen und Vertreter der pastoralen Berufsgruppen, der synodal Engagierten, inzwischen auch der Orden mit dem Bischof und Weihbischof Thomas die Idee und die Angebote des Kollegs entwickeln. Die Ergebnisse wurden und werden dann möglichst zeitnah in den Gremien des Bistums, vor allem aber auch in den Pastoralen Räumen, Pastoralteams, Pastoralausschüssen vorgestellt - verbunden mit dem offenen Austausch und der Bitte um konstruktive Verbesserungsvorschläge. Wir wollen wirklich darauf hören, wie die Bedürfnisse in den Pfarreien sind und das Angebot Stück für Stück präzisieren. Dieser ausdrücklich offene Ansatz und den Willen zur kritischen, aber eben zukunftorientierten Betrachtung, das ist sicher eine der Früchte. Übrigens ist dies vom Bischof ganz ausdrücklich gewünscht und wird als zentral erachtet - auch ein wichtiges Signal angesichts mancher Vorbehalte.

Eine große Frucht ist bereits jetzt die Bistumswallfahrt ins Heilige Land, die 2013 zum fünften Mal stattfindet und im Rahmen von "Bereitschaft zur Bewegung" ihren Anfang genommen hat. Ostern nächstes Jahr werden es dann 500 Pilgerinnen und Pilger sein, die an den Ursprungsorten des Glaubens starke geistliche Erfahrungen gemacht haben und die auf diesem verbindenden Hintergrund auf vielfältige Weise als Multiplikatoren in den Pfarreien, Gruppen und Einrichtungen im Bistum wirken. Dabei wird diese Vernetzung eben nicht von oben verordnet, sondern geschieht aus den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst heraus, die die neuen Kontakte auch nutzen, um in ihrer Arbeit und ihrem Engagement weiterzugehen. Diesen Gedanke des Netzwerkes erachten wir mit Blick auf das Kolleg als besonders wichtig. Das Kolleg hat bewusst keinen großen Mitarbeiterstab, noch wurde dafür extra ein Gebäude gebaut - es geht um kleine, exemplarische Schritte, wie man auf Ebene der Diözese in einen geistlichen Austausch treten kann, der in der Vernetzung die Arbeit der Kirche am jeweiligen Ort trägt und bereichert. Und die Vermittlung von bestimmten Interessen in den Pfarreien an geeignete Kooperationspartner - das ist uns wichtig. Das Kolleg kann und will überhaupt nicht alles alleine machen. Im Gegenteil. So wird bspw. eben auch die Wallfahrt ins Heilige Land nicht mit einem festen Mitarbeiterstab umgesetzt, sondern jedes Jahr andere Personen für die Begleitung und Gestaltung der Wallfahrt angesprochen: aus den pastoralen Berufsgruppen, den Orden, aus dem bischöflichen Ordinariat, der Caritas, den kirchlichen Einrichtungen. Diesen Ansatz wollen wir beibehalten und weiter entwickeln.

Wichtig ist vor allem auch die Gebetsgemeinschaft, die über das Kolleg entsteht. Ohne das Gebet wird eine Initiative dieser Art eine Totgeburt. Daher bitten wir alle, mit denen wir in Kontakt treten, um ihr begleitendes Gebet - und versprechen es umgekehrt. Überhaupt der Grundgedanke: Das Kolleg übernimmt seinem Auftrag entsprechend Anwaltschaft dafür, dass die Christusnachfolge bei allen oftmals dringend erscheinenden strukturellen Prozessen und Fragen der erste Auftrag der Kirche ist. Wir hoffen, dass der damit verbundene Gedanke der Dienstleitung des Bistums für die Arbeit in den Pfarreien und ihren Orten kirchlichen Lebens auch als wertvoll anerkannt wird. Oft gibt es da ja leider eine schiefe gegenseitige Wahrnehmung - auf der einen Seite Limburg, auf der anderen Seite die Pfarreien. Aus diesem Fahrwasser müssen wir rauskommen. Vielleicht kann das Kolleg dazu einen Teil beitragen.  

 

Das Kolleg ist ja noch sehr jung. Wie finden sich die richtigen Formen des Angebots? Braucht es mehr maßgeschneiderte Veranstaltungen? Was bewährt sich, was ändert sich?

Es gibt ausdrücklich keinen Masterplan, dem das Kolleg folgt, keine geheime Agenda. Ansatzpunkt für den Bischof, diese Initiative zu starten, waren die Äußerungen der ersten Israelwallfahrer, die gesagt haben, davon wollen wir mehr - mehr von dieser Art, geistlich zu leben, auch manches am Glauben neu zu lernen, sich mit anderen Engagierten über die Pfarreigrenze hinaus auszutauschen. Die Arbeitsgruppe hat dann nach der Eröffnung des Kollegs im September 2011 ein erstes überschaubares Paket von Veranstaltungen zusammengestellt, die versuchen, dies in unterschiedlichen Formaten umzusetzen. Mit diesem ersten Entwurf sind wir dann bis heute in allen Bezirken und vielen Pastoralen Räumen zu Besuch gewesen, um das Angebot vorzustellen und dazu einzuladen. Die Rückmeldungen aus diesen Gesprächen haben uns sehr weitergeholfen, wirklich dahin zu kommen, dass wir Veranstaltungen anbieten, die den Pfarreien und Engagierten auch wirklich weiterhelfen.

Ein wichtiger Punkt hat sich inzwischen eindeutig geklärt: Um den Fokus des Kollegs auf die Pfarreien und ihre ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu betonen und dem Auftrag zu entsprechen, die Entstehung der "Pfarrei neuen Typs" zu begleiten, haben wir bisher den jeweiligen Pastoralen Raum als Ganzes zu einem knapp zweijährigen Zyklus im Bischof-Blum-Kolleg mit festen Programmmodulen eingeladen. Diese sollten zwar flexibel besucht werden, aber es war eben doch ein Gesamtpaket, für das man sich entscheiden musste sollte. Hier haben wir ganz klar gemerkt, dass dies - zumindest momentan - für die Pastoralen Räume neben den strukturellen Prozessen zu viel ist. Der Tenor aus unseren Gesprächen war: Wir schätzen die Idee des Kollegs und sind sehr an geistlichen Angeboten seitens des Bistums für die Entwicklung der Pfarreien interessiert, aber bitte gestaltet die Teilnahmemöglichkeit flexibel. Also kein "Gesamtpaket", sondern Module, die ein Pastoraler Raum gerne gezielt nutzen kann, die aber auch einzelnen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Pfarreien offen stehen. Da das Bischof-Blum-Kolleg eben noch eine junge Initiative ist, haben wir ja Gott sei Dank die Möglichkeit, umgehend solche zentralen Erkenntnisse zu berücksichtigen und darauf unverkrampft zu reagieren. Nur so kann schließlich etwas daraus werden. Das Kolleg ist nicht dazu da, sich selbst zu gefallen, sondern zu dienen.

Konkret heißt das, dass die Veranstaltungen des Kollegs ab Dezember 2012 offen unter den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeboten werden - unabhängig von einem Interesse des gesamten Pastoralen Raumes. Das entspricht auch der Tatsache, dass sich immer wieder ehrenamtlich Engagierte bei uns melden, die bei uns Veranstaltungen nutzen möchten. Wir denken, so können wir das vorhandene Interesse aufgreifen und sind dennoch offen dafür, mit den Pfarreien individuelle Programme einer längeren Begleitung zu entwickeln, wenn mancherorts auch klarer ist, wie die zukünftigen Zuschnitte der Pfarreien aussehen werden. Tatsächlich gibt es bereits mehrere Pastorale Räume, die weiter unterschieden möchten, wann ein geeigneter Zeitpunkt wäre, in so einen Weg einzusteigen.

Welche Veranstaltungen stehen nun auf dem Kalender? Zunächst laden wir für den 08. Dezember zu einem geistlichen Tag ins Priesterseminar ein. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird dabei sein. Thema ist das Jahr des Glaubens, die Frage der Neuevangelisation, vor allem aber auch, in der Vorbereitung auf Weihnachten, Zeit mit Gott zu verbringen, Ruhe zu finden, zu beten. Die Einladung dazu geht in den nächsten Tagen über die Homepage des Kollegs raus.
Dann steht 2013 die Bistumswallfahrt ins Heilige Land an, dazu sind die Einladungen bereist über die Priesterlichen Leiter und Pfarrer in die Pfarreien gegangen. Dazu kommen vor- und nachbereitende Treffen mit der Wallfahrtsgruppe.
Dann möchten wir unter dem Titel "Tiefe - Weite - Weg" drei geistliche Tage anbieten, die ebenfalls im Kontext des Jahrs des Glaubens stehen sollen und gleichzeitig aber natürlich die Grundthematik des Kollegs entfalten. Diese Treffen können sowohl Einzeln besucht werden, eignen sich aber auch als Kursweg. Spannend fänden wir es, wenn etwa aus einem Pastoralen Raum ein oder zwei Hauptamtliche mit einer kleineren Gruppe von Ehrenamtlichen an diesen Veranstaltungen teilnehmen und vielleicht am Ort selber noch weitere Treffen veranstalten würden. Infos und Termine dazu gibt es ebenfalls bald auf unserer Homepage.
Und wir möchten schließlich die Idee einer Wallfahrt im Bistum umsetzen und mit einer Kerngruppe und jeweils gerne vielen Tagespilgern vom 21. bis zum 27.10.2013 von Marienstatt nach Marienthal pilgern. Die Wallfahrt orientiert sich inhaltlich an der Israelwallfahrt und soll die damit verbundene Perspektive "Christus hinterher" vor der eigenen Haustür erfahrbar machen. Wir hoffen, damit auch jenen Interessierten entsprechen zu können, für die eine Teilnahme logistisch oder finanziell an der Heilig-Land-Wallfahrt schlicht nicht möglich ist. Die Form der Etappenwallfahrt bietet auch die Möglichkeit, Familien oder ältere Menschen in spezifischen Formen zu integrieren.

 

Das Bischof-Blum-Kolleg versteht sich als Schule des Glaubens, des Gebets und der Gemeinschaft. Kann man den Glauben überhaupt durch "Schule" erlernen? Wie verbreitet sich überhaupt der Glaube?

Glaube kommt vom Hören" - lange Zeit konnte vorausgesetzt werden, dass dies in der Familie geschah, die als "Hauskirche" lebte. Diese Selbstverständlichkeit ist vielerorts weggebrochen. Somit gilt für uns alle mehr denn je, zunächst und vor allem auf Christus selbst zu hören, bei ihm in die Schule zu gehen - und diese Schule ist eine Lebensschule. Es geht nicht um Noten fürs Beten oder einen Abschluss in Sachen Glauben und Kirche. Jemand, der eher schlechte Erfahrungen mit Schule verbindet, mag sich verständlicherweise schwer tun, den Untertitel des Kollegs nachzuvollziehen. Aber wenn wir als Christen Jesus Christus nicht als maßgeblichen Lehrer unseres Lebens anerkennen können, dann haben wir ein schwerwiegendes Problem. Dann ist der Glaube hohl, eine leere Formel. Natürlich ist Christus noch viel mehr und übersteigt unsere Einordnungen. Aber er ist dennoch auch unser Lehrer, der Gutes für uns vorbereitet hat, der uns ausrüsten und stärken will als Getaufte und Gefirmte, für unseren Lebens- und Glaubensweg. So ist es wichtig, dass man den Titel der "Schule des Glaubens, des Gebets und der Gemeinschaft" immer mit dem Schriftwort Mt 23,10 zusammen denkt: "Auch sollt ihr Euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus."

 

Wo sehen Sie die Bedeutung der Liturgie im Zusammenhang mit der Neuevangelisierung?

Wenn wir die Neuevangelisierung ohne liturgischen Rückhalt dächten, wären wir in der Gefahr, Glasperlenspielerei zu betreiben. Glaube kann nicht einfachhin theoretisch gedacht werden, sondern er will gefeiert sein. So findet er in der Liturgie seine schönste Ausdrucksform.
Gerade dort, wo liturgische Riten keiner eigenen Erklärung bedürfen, sondern sich aus der Zeichenhandlung heraus selbst erklären, wird Liturgie selbst zum Mittler der frohmachenden Botschaft.

 

Im historischen Kontext: Welche Anregungen für die gegenwärtigen Herausforderungen im kirchlichen Leben kann uns der Blick auf das geistliche Wirken von Bischof Peter-Joseph Blum, dem Namensgeber des Kollegs, geben?

Er erinnert uns daran, dass es vor allem Tun und Planen zunächst um die Vergewisserung der persönlichen Christusbeziehung geht. Erst daraus lassen sich Initiativen der Glaubensweitergabe ableiten. Vor dem Schritt in die Aktion (gerade angesichts großer Probleme und Anfragen an die Kirche) braucht es das persönliche Beten, die Christusbegegnung, aus der sich das Glaubenswissen ableitet.

 

Das Gespräch führte Eva Demmerle

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