29.11.2012
Nicht in Strukturdebatten steckenbleiben
DIEZ - Wenn zukunftsfähige Strukturen geschaffen sind, lässt es sich wieder ganz auf die Inhalte konzentrieren.Diese Hoffnung haben Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst und Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gemeinsam, wenn sie die anstehenden strukturellen Fragen in der Seelsorge im Blick haben. Im Bistum Limburg heißt dieser mehrjährige Veränderungsprozess "Bereitschaft zur Bewegung". Bischof und Bistum setzen dabei auf eine Vertiefung des Glaubens. Die weiteren Hintergründe des Prozesses und konkrete Konzepte auf dem Weg zur neuen Pastoral waren Thema eines Treffens mit dem evangelisch-katholischen Gesprächskreis der Dekanate Diez, Runkel und Weilburg.
"Es ist zwar manches anders geworden, aber längst nicht alles schlechter", schilderte Tebartz-van Elst, was ihm in Gemeinden erzählt wurde, die sich bereits zu einer Pfarrei neuen Typs zusammengefunden haben. Aus den derzeit 86 Pastoralen Räumen im Bistum Limburg sollen 45 sogenannte Pfarreien neuen Typs werden. "Mit den Pfarreien neuen Typs meinen wir nicht eine reine Addition von Gemeinden hin zu einem großen Moloch, sondern Gemeinden als Netzwerke vieler Orte", sagte Tebartz-van Elst dem ökumenischen Kreis im Gemeindehaus der evangelischen Jakobuskirche Diez-Freiendiez.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, die die Mitgliederzahl jährlich etwa um ein Prozent schrumpfen lässt, und einem vorhersehbaren Priestermangel, soll die neue Struktur die Nähe der Seelsorge vor Ort erhalten, pastorale Mitarbeiter von Verwaltungsaufgaben entlasten (etwa bei den Kindertagesstätten) und einer "Vereinsmeierei" vorbeugen. Der Christ von heute müsse Erfahrungen machen, sonst werde es ihn morgen nicht mehr geben, erinnerte der Bischof an den Theologen Karl Rahner. "Anders wird unsere Kirche zu einem Verein, aus dem die Leute austreten, wenn ihnen der Vorsitzende nicht mehr passt", sagte Tebartz-van Elst und verwies auf das Verhalten junger Menschen: "Junge Leute orientieren sich heutzutage nicht mehr an örtlichen Grenzen und parochialen Räumen, sondern eher an Projekten und persönlichen Beziehungen, die ihnen die Mobilität beschert."
Das hätten exakt die Worte unseres Kirchenpräsidenten sein können, meinten die anwesenden Vertreter der evangelischen Kirche. Dass die Strukturveränderungen auf beiden Seiten diskutiert werden, zeigte die Wortmeldung eines Pfarrers, der feststellte, dass "der Christ von Morgen einer sein muss, der fährt", weil die Nähe zu den Menschen verloren gehe. Dekan Manfred Pollex (Dekanat Runkel) wies auf den Sinn struktureller Veränderungen hin: "Wer die Schlagzeilen liest, könnte meinen, es geht uns nur um Strukturen, aber es geht einzig und allein um die Frage, wie wir in Zukunft noch unserem missionarischen Auftrag unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen nachkommen können."
Eine ökumenische Vesper mit dem Bischof und dem Diezer Dekan Christian Dolke in der Jakobuskirche beendete das Treffen. Für ihn seien die Kirchen, katholische wie evangelische oder orthodoxe der eine Leib, von dem der Apostel Paulus in der Bibel schreibt. "Da gibt es keine Häme und keinen Neid", so Dolke, "wir leiden mit, wenn wir von schweren Nachrichten aus der katholischen Kirche hören, und wir freuen uns mit, wenn dort ein Glaubenskurs gut besucht ist." Herzliche Anteilnahme begleite, wenn auch auf unterschiedlichen Wegen, zu einem gemeinsamen Ziel hin. (pm/StS)