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20.11.2012

Plädoyer für eine prophetische Kirche

DV nimmt Stellung zu gesellschaftlichen und kirchlichen Themen

WIESBADEN/LIMBURG - "Prophetische Kirche" - unter diesem Motto stand die zweite Sitzung der XII. Diözesanversammlung (DV) im Bistum Limburg. Ingeborg Schillai, die Präsidentin der DV konnte mehr als 50 Mitglieder am Samstag, 17. November, im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden-Naurod begrüßen.

In ihrem Bericht richtete sie programmatische Worte an die Delegierten, die aus allen Bezirken der Diözese kamen: Unser gemeinsamer Blick auf Gesellschaft und Kirche fordert den offenen Diskurs, das Ringen um die im Heute zu verantwortende Frage nach dem Hineinbuchstabieren des Glaubens in die Welt. Gerecht zu werden dem Ruf Gottes, gerecht zu werden der uns drängenden Liebe Christi, gerecht zu werden denen, die Suchen und allen in der Gemeinschaft der Gläubigen, die wir alle berufen sind Zeugnis von der Hoffnung zu geben, die uns trägt, wie im ersten Petrusbrief die Aufgabe beschrieben wird, die die Konzilsväter vor 50 Jahren den Weltdienst genannt haben", so Schillai.

Dialogrozess auf einem guten Weg

Diesen Diskurs, diesen Dialog sieht die Präsidentin im Dialogprozess nach eigener Einschätzung gerade im Bistum Limburg auf einem guten Weg. Hier seien in enger Zusammenarbeit mit dem Priesterrat die Teilnehmerliste für die Dialogforen in Mannheim und Hannover zusammengestellt worden, während diese in anderen Bistümern häufig ausschließlich von den Bischöfen ausgewählt worden seien. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit der DV mit Bischof Tebartz-van Elst, aber auch die je unterschiedlichen Aufgaben im Bistum unterstrich Schillai in ihrem Bericht über ein Gespräch mit dem Bischof, das vor kurzem stattfand. Sie betonte: "Es war ein gutes und konstruktives Gespräch in dem deutlich wurde, dass es nicht um andere Ziele geht, sondern um andere Handelnde. Der Bischof vertritt nicht die Christgläubigen in ihrem Weltdienst, das Präsidium oder die Diözesanversammlung leitet nicht die Diözese. Aber gemeinsam können alle in je den eigenen Aufgaben und je den eigenen Blickwinkeln dem Ruf Gottes gerecht werden. Zeugnis zu geben von seiner Liebe, die uns drängt."

Zum Tagungsthema "Prophetischen Kirche" gab der Franziskanerpater Helmut Schlegel erste Impulse. Für ihn ist klar, dass Jesus eine prophetische Person war, die alle Menschen zu prophetischem Handeln und Leben aufgerufen habe: "Auf! Mir nach! Christliche Existenz ist die Fortsetzung der Existenz Jesu. Und dies ist eine prophetische Existenz." Das äußert sich für den Pater in einem "Dienst in der Anwaltschaft im Namen Gottes" und damit in der konkreten Umsetzung der Vater-unser-Bitte "Dein Reich komme - wie im Himmel so auf der Erde." Das sollten Christinnen und Christen durch Wort und Leben bezeugen und in der Nächstenliebe zur Tat werden lassen, das finde in der Gemeinschaft seinen Ausdruck und werde im Gottesdienst gefeiert, so der Franziskaner. Dabei sollten Christen nicht auf das Eingreifen Gottes warten, denn Gott handle in der Welt durch die Menschen, denn die Kirche sei nicht weltenthoben sondern weltverwoben.

Gegenseitige Verantwortung im Blick nehmen

Weitere Denkanstöße gab die ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul MdB. Sie sei zwar evangelisch, so die Bundestagsabgeordnete, sei aber immer dankbar gewesen - besonders auch als sie noch Ministerin war - für die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit Katholiken. Schwerpunkt ihrer Ausführungen waren globale wirtschaftliche Entwicklungen und deren nachhaltige Wirkungen auf die Gesellschaft und den einzelnen Menschen. Sie beobachte, dass die Globalisierung seit 30 Jahren unter dem Aspekt der Marktradikalisierung ablaufe. Das präge nicht nur politisch-wirtschaftliches Verhalten sondern auch das Menschen untereinander: Hier, so die ehemalige Ministerin bewahrheite sich das Wort vom Menschen, der seinem Mitmenschen Wolf sei. Dem müssen die Menschen und die Gesellschaft etwas entgegensetzen und die gegenseitige Verantwortung wieder in den Blick bringen.

Als besonders bedenklich empfände sie die Ausweitung des Profitdenkens auch auf Spekulationen auf Nahrungsmittel. Christen sollten ihr Konsumverhalten überdenken und gegebenenfalls ändern. Beispielsweise, so Wieczorek-Zeul, verstärkt fair gehandelte Produkte kaufen und so zu mehr Einkommen und Bildung in benachteiligten Ländern beitragen. Nicht aus dem Auge lassen dürfe man bei allem Fortschritt den Aufstieg Chinas und Indiens, die dennoch unter extremen Einkommensgefällen leiden und intern viel Armut haben. Die Bundestagsabgeordnete appellierte an die Industrieländer solchen Entwicklungen entgegen zu steuern. Europa müsse darauf achten, sich nicht aus den Gestaltungsvorgängen zur Umsteuerung selbst auszuschließen. Die Kirchen könnten einen wichtigen Beitrag dabei leisten, sich der ethischen-moralischen Werte Europas wieder zu vergewissern.

Von protestantischer Seite nahm der Präses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Ulrich Öhlschläger, am Vormittag an der Plenumssitzung teil. Er überbrachte den Synodalen in herzliche Grüße der 11. Synode seiner Kirche und betonte, die Wichtigkeit ökumenischer Kontakte. Gerade in jüngster Zeit sei das Bewusstsein gewachsen für ein gemeinsames Zeugnis der Christen in der bundesdeutschen Gesellschaft. Einer der Gründe dafür seien unter anderem gemeinsame Erfahrungen: Abnahme der Gottesdienstbesucher und immer weniger Pfarrer für immer ältere Gemeinden. Öhlschläger plädierte dafür, sich in Ruhe auf das zu besinnen, was machbar sei, nicht alles auf einmal machen zu wollen. Man müsse lernen, Prioritäten zu setzen. Mit Blick auf den Jahrestag der Reformation äußerte der Präses Verständnis für Schwierigkeiten gemeinsam die Reformation zu "feiern". Gleichzeitig empfinde er jedoch auch Freude über gemeinsame Projekte aus diesem Anlass. 

Kurz vor der Mittagspause hatten alle Delegierten die Möglichkeit ihre jeweiligen Anliegen zur Diskussion für die folgenden Arbeitskreise vorzustellen. Dabei wurde deutlich, wie ernst die Diözesanversammlung des Bistums Limburg schon heute die Anliegen und Belange ihrer Mitmenschen nimmt und wie wichtig die Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs ist. Von der Klimaerwärmung über die Bekämpfung von Bahn- und Fluglärm, persönlichen Verzicht zugunsten der Benachteiligten, Bekämpfung der Altersarmut bis hin zu Ideen, wie man wieder neu mit den Menschen ins Gespräch kommen könne, spannte sich der Bogen der zur Diskussion gestellten Themen.

Nach der Mittagspause teilte sich die Gruppe in vier Arbeitskreise, in denen Positionspapiere der Diözesanversammlung erarbeitet wurden. Im Folgenden wurden unter anderem beschlossen:

  1. Die DV unterstützt den Aufruf "Für eine prophetische Kirche", der unter Federführung des Deutschen Katholischen Missionsrates entstanden ist.
  2. Die DV schließt sich den Erklärungen der Bezirke Rhein-Lahn und Rheingau zum Bahnlärm und der Stadtversammlung Frankfurt an.
  3. "Das Präsidium möge im Benehmen mit dem Bezirksversammlungen Rhein-Lahn und Rheingau und der Stadtversammlung Frankfurt zwei bis drei Personen benennen, die den gesellschaftspolitischen Prozess zur Reduzierung von Bahn- und Fluglärm nachhaltig vernetzt begleiten, damit der Schutz der Menschen und die Gesundheit Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben."
  4. Weiterhin regt die Diözesanversammlung an, dass der Diözesansynodalrat in der 12. Amtszeit eine Projektgruppe, gemäß § 80 Abs. 7 SynO "Kirche und Frauen" einrichtet.
  5. Zur Durchführungsverordnung zum Präimplantationsgesetz hat die Diözesanversammlung unter Bezugnahme auf die Pressemitteilung des ZdK vom 15.11.2012 (<link http: www.zdk.de veroeffentlichungen pressemeldungen detail pid-rechtsverordnung-darf-so-nicht-in-kraft-treten-747s>www.zdk.de/veroeffentlichungen/pressemeldungen/detail/PID-Rechtsverordnung-darf-so-nicht-in-Kraft-treten-747S/) beschlossen:


"Die Diözesanversammlung schließt sich der Aufforderung von ZdK Präsident Alois Glück an die Bundesländer an, der Durchführungsverordnung zur Präimplantationsdiagnostik im Bundesrat nicht zuzustimmen. Die Verordnung steht im Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers und darf so nicht in Kraft treten." (wind)

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