09.09.2013
In der Weite liegt Tiefe
LIMBURG - Manchmal wird es im Leben zu eng, und wir Menschen suchen das Weite. Manchmal weiten wir unseren Blick, weil die anfängliche Sicht auf die Dinge des Alltages uns einengt. Um "Weite" und ihre Vielschichtigkeit - darum ging es beim zweiten geistlichen Tag des Bischof-Blum-Kollegs zum Jahr des Glaubens, der am Samstag, 7. September, im Wilhelm-Kempf-Haus in Naurod stattfand. Mehr als 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden einen Tag lang (9.30 Uhr bis 17.30 Uhr) durch die Weite geführt. Durch die Weite der Kunst und Kultur, durch die Weite der Frömmigkeit und durch die Weite des Gebets. Dabei glich der Weg durch die Weite einem Gang, der von Gott und den Mitmenschen geprägt ist.
Vortrag
Den Auftakt machte Rektor Dr. Stefan Scholz, Priesterlicher Mitarbeiter der Domgemeinde Frankfurt und Studienleiter im Haus am Dom Frankfurt, in einem Vortrag. Er eröffnete den Gästen einen Blick auf die Weite in sechs unterschiedlichen bildlichen Motiven. Eines davon stellt die Jünger im Boot auf dem See von Genesareth dar. Sie sitzen alle in einem Boot. Wind und Wellen peitschen ans und ins Boot. Das Segel flattert ungehalten und berstet im Sturm. Aus der Buchmalerei um 1000 aus dem Evangeliar der Äbtissin Hitda von Meschede blicken uns panische Augen an. Das Boot, vornüberkippend, scheint aus dem behüteten Bildrahmen zu fallen - ins Nichts. Der Untergang scheint vorprogrammiert. Nur einer der Jünger agiert. Er tippt Jesus an, wendet ihm seinen Blick zu. In der Angst ist einer, der etwas tut. Er weitet seinen Blick auf Jesus hin und wird aktiv. Die Weite, der Sehnsuchts- und zugleich Schreckensort Meer, verliert seine Bedrohung. "Ihm - dem einen Jünger - obliegt die Gnade, dass Gott ihn ermutigt einen Schritt zu tun", so Dr. Stefan Scholz. Obwohl dem Jünger die Weite nicht vertraut ist, fasst er Mut den Sohn Gottes zu wecken. Der Jünger, der sich traut, weckt auf und rüttelt unser Vertrauen wach. Sein Glaube ist fest, seine Angst nicht überdimensioniert. "Aus der Betrachtung des Bildes schöpfe ich Mut. Mut, um mit Gott so viel Vertrauen zu schöpfen, um mich in Gänze auf ihn zu verlassen", sagt Barbara Handke (64), Caritasdirektorin Wiesbaden, Rheingau-Taunus e.V. und Teilnehmerin an diesem geistlichen Tag.
Stimmen einer Teilnehmerin
Den Zuhörern stellt sich die Gretchenfrage: Verlasse ich Vertrautes, um mich auf den Weg in die Weite zu begeben, auch wenn damit Ängste einhergehen und Unvorhergesehenes meine Sicht trübt? Eine Frage, die an diesem Tag auch im weiteren Verlauf der Veranstaltung viele der Teilnehmer begleitet. Margit Wehner (57), Religionslehrerin einer Grundschule in Eltville, will ihre Augen offen halten für Neues und Unvorhersehbares. Ihrer Meinung nach müsse sich der Glaube weiterentwickeln, um nicht zu verkümmern. "Neue Wege gehen, heißt auch Kraft schöpfen", betont sie. Sie habe sich aus Neugier bereits dem ersten Thementag, der in die "Tiefe" führte, angeschlossen. Auch der zweite Thementag biete Gelegenheit, um sich vollkommen ruhig und gelassen ihrem Glauben hinzugeben. Es sei für sie eine Bereicherung und Vertiefung, sich in der Weite auf ihre eigenen Glaubenswurzeln zu besinnen.
Programmablauf
Nach einem weiteren Vortrag von Pfarrer Dr. Christof May, Geistlicher Rektor Bischof-Blum-Kolleg, in dem es um die "Weite des Glaubens in den Pfarreiwerdungsprozessen" ging, trafen sich die Teilnehmer in Kleingruppen zu einer kurzen Austauschrunde. Sie besprachen ihre eigenen Erfahrungen in den Pfarreien und sondierten dabei noch einmal den Begriff der Weite in ihrer täglichen Arbeit in der Gemeinde. Nach der Mittagspause gab es verschiedene Möglichkeiten der Weiterarbeit: Aus zwei Angeboten mit dem Fokus Pfarreiwerdung und einem Folgeangebot zum künstlerisch-musischen Part vom Vormittag durch Rektor Dr. Scholz konnte ausgewählt werden. Der Anbetung in der Kapelle folgte abschließend die Eucharistiefeier. Barbara Handke betont beim Hinausgehen: "Um meine vielfältige Arbeit bewältigen zu können, brauche ich ein paar Exerzitien-Tage." Die Begriffe Tiefe und Weite haben sie angesprochen. Darin habe sie Ruhe und Ausgleich gefunden.
Ausblick
Der dritte geistliche Tag zum Jahr des Glaubens "Weg" findet am Samstag, 16. November im Priesterseminar in Limburg statt. Nähere Informationen erteilt das Bischof-Blum-Kolleg, Weilburger Straße 16, 65549 Limburg. E-Mail: info@bischof-blum-kolleg.de, Tel.: 06431-2007-35. (SFi)
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