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10.04.2013

Ohne Vorurteile Wohnsitzlosen helfen

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst besucht Haus St. Martin

HATTERSHEIM. ? Die vielen Bilder an den Wänden machen den Unterschied: Seit zehn Jahren wird im Haus St. Martin Menschen ohne festen Wohnsitz in vielerlei Hinsicht geholfen, aber das Haus in der Frankfurter Straße bietet seinen Gästen über alle Unterstützung hinaus in den freundlich und hell eingerichteten Räumen noch mehr: eine richtig wohnliche Atmosphäre. Großformatige Fotos, von Einrichtungsleiter Klaus Störch selbst geschossen, schmücken das Tagescafé, in den oberen Stockwerken hängen Werke aus vorangegangenen Kunstausstellungen, im Treppenhaus hat Störch Bibelworte in dreizehn Textplakaten graphisch umgesetzt.  „Außerordentlich gelungen“, lautet dazu der Kommentar von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der der Einrichtung am Mittwoch, 10. April, im Rahmen seiner Visitation einen Besuch abstattet und beeindruckt ist von der Gestaltung der Räumlichkeiten.

„Vertrauen aufbauen und vorurteilsfrei, unabhängig von moralischen Wertungen auf die Besucher zugehen“, so beschreibt Störch den Arbeitsansatz der Einrichtung, die sich in der Trägerschaft des Caritasverbandes Main-Taunus befindet. Dass das gelingt, kann der Bischof gleich aus erster Hand erfahren: „Uns ist hier ganz unbürokratisch und unkonventionell geholfen worden“, berichtet ein Ehepaar, das ehemals wohnsitzlos aus Nordrhein-Westfalen stammend hier gelandet war. Inzwischen haben die beiden wieder eine eigene Wohnung, kommen aber dennoch gerne weiterhin in die Tagesstätte, wo sie sogar ihre Hochzeit gefeiert haben. Ein Drittel der insgesamt rund 20 Gäste, die sich hier jeden Tag zwischen 8 und 16 Uhr aufhalten, sind aus Hattersheim, die meisten Hilfesuchenden aber kommen aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet, berichtet Störch. Sie sind, wie er erklärt, durch die unterschiedlichen Spielregeln der einzelnen Kommunen unfreiwillig mobil. Letztlich könne ein Wohnsitzloser eben nicht beweisen, wo er sich tatsächlich aufhalte, um die ihm zustehenden sozialen Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Schulden, Alkohol, die Trennung vom Partner: Es gebe viele Gründe, warum ein Mensch aus dem Gleichgewicht geraten könne, sagt Störch. „Wir bemühen uns hier, diese Balance wieder her zu stellen.“ Dazu gehört auch das Angebot des betreuten Wohnens, bei der es unterschiedliche Hilfestellungen gibt, um wieder den Anfordernissen des Alltags gewachsen zu sein. „Wir haben eine Erfolgsquote von rund 60 Prozent“, berichtet Frank Dußler auf die entsprechende Nachfrage von Bischof Tebartz-van Elst. Derzeit betreut er in diesem Zusammenhang sieben Klienten.

Als das Haus Sankt Martin gebaut wurde, gab es heftige Proteste der Anwohner, die sogar Unterschriften gegen den Bau sammelten, erzählen die Mitarbeiter aus der Geschichte der Einrichtung. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde von Beginn an ein Kulturprogramm  initiiert, das den Bewohnern Abwechslung und Anregung bietet, zugleich aber auch das Haus nach draußen hin öffnet und dazu dient, „Berührungsängste und Vorurteile abzubauen“, so Störch. Beschwerden habe es aber sowieso keine mehr gegeben und der gute Ruf des Hauses sei vollends durch die Hattersheimer/Hofheimer Tafel gerettet worden, die hier ihren Ursprung genommen hat.  Derzeit ist ein neues Projekt in Arbeit: Gemeinsam mit der Kirchengemeinde St. Martinus soll unter dem Titel „Essen und Wärme“ auch am Wochenende ein Mittagstisch angeboten werden. (rei)  

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