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25.01.2014

Im Zwiespältigen das Gute nicht vergessen

Kardinal Lehmann zum Sinn der Karlsverehrung

FRANKFURT.- Vor einfachen Urteilen hat der Bischof von Mainz, Karl Kardinal Lehmann, am Samstagabend (25. Januar) im traditionellen Karlsamt im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus gewarnt. Im Blick auf Karl den Großen, der mit diesem feierlichen Gottesdienst alljährlich geehrt wird, betonte Lehmann, das Zweideutige und Zwiespältige, aber auch die grundlegenden Reformen in Bildung und Kultur gehörten untrennbar zu einer kritischen Würdigung des großen Kaisers am Vorabend seines 1200. Todestages.  

Im völlig überfüllten Dom mahnte Lehmann vor mehr als 1200 Gläubigen, die Segnungen durch die einzigartige Herrschaft Karls des Großen zu sehen und gleichzeitig die Abgründe von Gewalt nicht zu verkennen, durch die manches erreicht worden sei. Wie alle Menschen sei auch Kaiser Karl der Große letztlich auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen, dem allein ein Urteil zustehe. 

Lehmann verwies darauf, dass es Karl gelungen sei, „durch das Frankenreich eine neue Einheit und auch einen neuartigen Führungsstil zu schaffen“. Vieles habe Bestand bis heute, etwa die Rettung vieler griechischer, römischer und frühchristlicher Kulturschätze, die Reform der Bildung dank der Gründung von Bibliotheken und Schulen oder die immer noch unterschätzte einheitsstiftende Erneuerung einer gemeinsamen Schrift. Damit sei er sicher aus der Zeit heraus ein „Vater Europas“ und dennoch „ganz gewiss kein Vorbild für das Europa von heute“.  

Dennoch bleibe festzuhalten, dass Karl der Große auch ein „großer Beschützer der Kirche“ war, unterstrich der Kardinal. Die Erneuerung des Glaubens, die Einhaltung eines vorbildlichen Lebens seien ihm immer wichtig gewesen: „Mitten in der Schwäche des Menschen sah Karl im Glauben eine Hilfe zum Finden von Einheit und Solidarität“. Im politischen Sinne sei Karl der Große aber keine Leitfigur, betonte Lehmann, heute sehe man die Mischung von Gutem und Bösem deutlicher. Ein „fein säuberliches Urteil“ sei nicht immer möglich. Deshalb sei „vielleicht diese Ambivalenz im damaligen und auch heutigen Leben der Kirche eine gute und weise Lösung“. 

Zum Abschluss des Gottesdienstes sprach der Kardinal auch die aktuelle Situation des Bistums Limburg an und dankte den Gläubigen für ihre Geduld in einer schwierigen Zeit, in der der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, eine Auszeit außerhalb des Bistums verbringt. Er hoffe „mit ihnen sehr, dass es in baldiger Zeit eine gute Lösung für das Bistum, für die Kirche in Deutschland und auch für den Bischof selbst“ gebe.  Einen herzlichen Dank richtete Lehmann ausdrücklich an Weihbischof Thomas Löhr, Generalvikar Wolfgang Rösch, Stadtdekan Johannes zu Eltz und die Frankfurter Katholiken für ihr Mittun in dieser Situation. 

Das Karlsamt erinnert alljährlich an den „Vater Europas“

Zum 1200. Todestag Karls des Großen erinnert die katholische Stadtkirche Frankfurt mit ihrem traditionellen Karlsamt an den Patron der Stadt und des Kaiserdoms ist.  Kardinal Lehmann war zu diesem Jubiläum Hauptzelebrant und Gastprediger in dem festlichen Gottesdienst im Kaiserdom,  wo im Mittelalter die deutschen Kaiser gewählt wurden.  

In dem farbenprächtigen Gottesdienst, zu dem traditionell auch Vertreter der Ritterorden in den Dom einziehen, erklingen mittelalterliche lateinische Gesänge wie die Karlssequenz, ein Lobgesang auf Kaiser und Stadt, und die Kaiserlaudes, in der Huldigungsrufe an Christus mit Bittrufen für Kirche, Papst, Bischof, das deutsche Volk und alle Regierenden verbunden werden. Einen vergleichbaren Gottesdienst gibt es außer in Frankfurt nur in der Karlsstadt Aachen. 

Karl der Große gilt als Gründer Europas nach dem Ende des römischen Imperiums. Er starb am 28. Januar 814. Im Jahr 794 hatte er eine Reichssynode nach Frankfurt berufen und so für die erste schriftliche Erwähnung der heutigen Main-Metropole gesorgt. Seit mehr als 600 Jahren gedenken die Frankfurter Katholiken alljährlich am letzten Samstag im Januar dieses „Vaters des Abendlandes“ und beten für eine gute Zukunft Europas. (dw)

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