Suchwort eingeben

05.07.2014

Vor dem Rathaus liegt der Strand

Urlaubsgefühle beim Fest für Körper und Sinne

WIESBADEN. ? Unter Palmen stehen Liegestühle im feinen, weißen Sand, die Strandbar hat kühle Getränke im Angebot und zum Wasser ist es auch nicht weit ? was sich nach klassischer Urlaubsidylle in südlichen Ländern anhört, war am Samstag, 5. Juli, ganz nah. Beim Fest für Körper und Sinne auf dem Schlossplatz gab´s passend zum Motto Freizeit „alles inklusive“: Musik und Bühnenprogramm, Strandleben und Kinderbelustigung, Informationen und Austausch. „Menschen mit und ohne Behinderung begegnen sich in der guten Stube Wiesbadens“, beschrieb Jochen Straub vom Referat Behindertenseelsorge bei der Begrüßung vor dem Rathaus kurz und knapp den Kern des Festes, zu dem das Bistum Limburg zum siebten Mal in guter Kooperation mit der Stadt und dem Arbeitskreis Wiesbadener Behindertenorganisationen eingeladen hatte. Viele Worte seien da nicht nötig, meinte er und kreierte fast so etwas wie ein neues Motto. „Das muss man einfach erleben.“

Jesus macht frei

Dazu gehört allemal der zu diesem Anlass gewohnt fröhliche Gottesdienst, zu dem zum Start in die St. Bonifatiuskirche geladen wird. Schwungvolle Klänge mit der Band Conny P. aus dem Konrad-von Preysing-Haus in Frankfurt und dem Chor der Werkstätten aus Rotenhain, die Lesung in Gebärdensprache und ein kleines Theaterstück des Spielkreises des St. Vincenzstiftes Aulhausen machen diese knappe Stunde in der Kirche zu einem besonderen Erlebnis. Diesmal wurde eine Geschichte von Jesus dargestellt, wie sie so bestimmt noch nie in einer Kirche zu hören war. Sie handelte in einfachen Gesten und Worten davon, wie Jesus mal frei macht ? es vom Schwimmengehen über ein gutes Essen bis zum Tanz mit Maria genießt und zum Schluss mit dem Ausruf „Das war schön, das war spitze“ Gott für diesen Tag dankt. 

Kranke können heil sein

Jeder sei dazu bestimmt, Freude zu finden und glücklich zu sein, schloss Pfarrer Wolfgang Rösch in seiner Predigt daran an. Der ständige Vertreter des Apostolischen Administrators konnte an seiner alten Wirkungsstätte zum Fest auch den neuen Oberbürgermeister von Wiesbaden, Sven Gerich, sowie Stadtverordnetenvorsteher Wolfang Nickel begrüßen.  Wiesbaden sei Stadt der Gesundheit, sagte Rösch, der Glaube dagegen habe etwas mit Heil zu tun. Das liege nah beieinander und sei doch verschieden. Auch Kranke  könnten heil sein, entgegen der landläufigen Ansicht „Gesundheit ist das Wichtigste“. Bei Gott habe jeder denselben Wert und dieselbe Würde, jeder habe eine Aufgabe in dieser Welt, jeder könne lieben und geliebt werden.

Helfer mit Handicap

Danach ging es mit rhythmischen Klängen der Kasteler Jugendshowband gemeinsam zum Festplatz, wo einen ganz Tag lang spürbar war, welche Atmosphäre entsteht, wenn Inklusion mit Leben erfüllt wird. Dank dafür gab es vorab in den Grußworten der Prominenz auf der Bühne, darunter die Landesbehindertenbeauftragte von Hessen, Maren Müller-Erichsen, und ihr Kollege in derselben Position in Rheinland-Pfalz, Matthias Rösch. „Noch besser geht´s eigentlich gar nicht“, freute sich auch Joachim Mast, Vorsitzender des Arbeitskreises, der darauf hinwies, dass das „mit uns“ schon in der Vorbereitung und Organisation gelte: Rund die Hälfte der Helferinnen und Helfer hätten ein Handicap, sagte er.

Sandskulpturen bauen

Und während auf der Bühne den ganzen Tag über ein mitreißendes Programm geboten wurde,  von Tänzern und Musikern, im Rollstuhl und hoch zu Pferd beim Voltigieren, hatten auf dem Platz kleine und große Besucher die Qual der Wahl: Entchen angeln oder auf den bunten Kletterturm steigen, im Mitmachzirkus jonglieren oder im Dunkelzelt etwas trinken, sich informieren über mögliche Unterstützung, barrierefreies Reisen und inklusive Projekte oder doch lieber zuerst Schiffchen fahren lassen, den Rollstuhlparcour ausprobieren, Frettchen und Ziegen streicheln und Gebärdensprache lernen. Heiß begehrt waren natürlich die Spielplätze im Sand ? vom Sandburgenbauen unter Anleitung des Künstlers Martijn Smits bis zum Buddeln nach Schätzen. Dabei wird bei diesem Fest alle zwei Jahre ganz unangestrengt und wie nebenbei ein ganz besonderer Schatz gehoben: der eines unkomplizierten und einladenden Miteinanders. (rei)

Zum Anfang der Seite springen