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18.09.2015

Alter Wein ist nicht schlecht

Tag der Caritas in der Kreuzwoche

LIMBURG. "Einer trage des andern Last." Diesen Satz aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater trage den Leitgedanken von Sorgenden Gemeinschaften bereits in sich, so Monsignore Michael Metzler beim Gottesdienst zum Tag der Caritas in der Kreuzwoche des Bistums Limburg am Donnerstag, 17. September, im Limburger Dom. Etwa 230 Teilnehmer waren zum Gottesdienst und zu der anschließenden Diskussion in die Stadthalle gekommen.

Dr. Ludger Klein vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) in Frankfurt referierte zum Thema "Sorgende Gemeinschaften - Alter Wein in neuen Schläuchen?". Danach diskutierten Haupt- und Ehrenamtliche aus Politik, Verbänden und Initiativen ihre Praxiserfahrungen. Neben dem Apostolischen Administrator des Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, und seinem Ständigen Vertreter, Domkapitular Wolfgang Rösch, war auch die Präsidentin der Diözesanversammlung, Ingeborg Schillai, unter den Gästen.

"Es ist nicht das Ende"

Metzler bezog sich zu Beginn des Gottesdienstes auf das Lampedusakreuz - ein Holzkreuz aus den Planken gestrandeter Flüchtlingsboote und Symbol der Kreuzwoche. In diesem spiegele sich ein Aspekt vom Kreuz des Herrn wider: "Es ist nicht das Ende. Wir kämpfen gegen die Kreuze, die Menschen anderen Menschen auferlege." In seiner Predigt zitierte er den emeritierten Bischof Franz Kamphaus, der einst auf die Frage nach dem Wert des Menschen antwortete: "Ein Mensch hat nicht nur einen Wert. Das ist ein Begriff aus der Ökonomie - ein Mensch hat Würde. Und die ist immer gleich." Metzler stellte die Frage, was das Zueinander der Menschen prägen solle, der Wert oder die Würde.

Alle Akteure zusammenbringen

Klein stellte die Ergebnisse von Expertengesprächen und Sekundäranalysen vor, die das ISS im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt hatte. Vor dem demographischen Wandel - so sei in etwa fünf Jahren der geburtenstärkste Jahrgang verrentet - und den damit verbundenen Herausforderungen an unser Sozialsystem seien neue Formen der gesellschaftlichen Koproduktion von Wohlfahrt unerlässlich. Sorgende Gemeinschaften seien ein Konzept zur Bündelung und Kooperation lokaler Unterstützungsangebote, zur Stärkung individueller Mitverantwortung und damit einhergehend zur Förderung kommunaler Beteiligungsansätze, so Klein. "Sorgende Gemeinschaften versuchen alle Akteure zusammenzubringen", fasste er zusammen. Besonders den Begriff der Gemeinschaft stellte Klein in den Mittelpunkt: "Hier blicke ich auch auf die Kirche, denn Gemeinschaft lässt sich nicht nur fachlich fassen, wir brauchen die moralischen Aspekte: Was verstehen wir beispielsweise unter Menschlichkeit?" Auch müssten Sorgende Gemeinschaften in lokale Verwaltungsstrukturen eingebunden und partizipativ sein: "Partizipation meint nicht nur offene Türen, sondern aktive Teilhabe aller. Und Partizipation meint einen wertschätzenden, kooperativen Umgang miteinander." Als Beispiel nannte er Mehr-Generationen-Häuser, die Räume, Personal und Angebote zum gegenseitigen Austausch anbieten würden. Das Konzept sei nicht neu, sondern metaphorisch "alter Wein", was jedoch mitnichten "schlecht" bedeute. "Besonders guter Wein muss reifen - und dabei sogar manchmal in eine neue Flasche gefüllt werden", so Klein. Auch die Sorgenden Gemeinschaften hätten das Potential zur Gestaltung einer neuen Dienstleistungsgesellschaft in jedem Lebensalter. Erfahrungsreiches Podium Weihbischof Grothe hielt in einer Wortmeldung fest, dass die Gesellschaft sich in einem Individualisierungsprozess befände. Ob denn Sorgende Gemeinschaften eine Initiative hiergegen sein könnten, fragte der Administrator des Bistums Limburg. "Ganz kurz: Ja. Besonders die Caritas ist Vorreiter darin, Menschen zusammenzubringen", so Klein. Mit ihm diskutierten im Podium Friedrich Berndt von der Caritas Frankfurt-Niederrad, Jürgen Eufinger vom Caritasverband Limburg, Adelheid Sauer, Vorsitzende des Sozialen Netzwerks Kirchhain e.V., Heinz Herrmann, der ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe Usingen tätig ist, sowie der Weilburger Bürgermeister Hans-Peter Schick und Thomas Scholz, Bürgermeister des Marktfleckens Mengerskirchen. Moderiert wurde die Diskussion von Journalist Barthel Pester. Die Gesprächspartner schilderten ihre Erfahrungen aus der Netzwerk-Arbeit in ihren Städten und Gemeinden. Besonders Sauer erntete für ihren Einsatz viel Applaus: "Wir wollen die Menschen aus ihrer Einsamkeit holen - nicht nur alte Menschen, sondern auch junge. Die Anzahl junger Menschen mit Behinderung steigt." Diözesancaritasdirektor Dr. Hejo Manderscheid hielt fest, dass sich der Begriff Sorgende Gemeinschaften wohl nicht durchsetzen werde, es gäbe bereits andere Begriffe. "Und trotz einer hohen Vielfältigkeit der Angebote haben wir geteilte Wertehorizonte", so Manderscheid. Angesichts der Herausforderungen unserer Zeit - als Beispiel nannte er die Flüchtlingsproblematik und den demographischen Wandel - griff Manderscheid ein Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf: "Wir schaffen das!" (hm)

Info: Zum Abschluss der Kreuzwoche feiert die Diözese am Sonntag, 20. September, das Kreuzfest auf dem Domberg. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Informationen dazu gibt es auf der Internetseite des Bistums unter <link http: www.kreuzfest.bistumlimburg.de>www.kreuzfest.bistumlimburg.de

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