23.04.2015
Bandbreite des Lebens
LIMBURG - Sie bringen einen Schatz an Lebens- und Glaubenserfahrungen mit und wollen sich in den Dienst nehmen lassen. Sie wollen in der Kirche mitwirken, sich ihrer Berufung stellen, nah am Menschen sein und die frohe Botschaft verkünden. Acht Jahre lang haben sie diesen Wunsch geprüft und sich theoretisch und praktisch auf diesen Dienst vorbereitet. Eine Smartphone-App hat dann die letzten 100 Tage bis zur Weihe zurückgezählt: Am Samstag, 25. April, wird es dann soweit sein. Durch Handauflegung und Gebet wird Weihbischof Manfred Grothe, der Apostolische Administrator im Bistum Limburg, Herbert Bruns aus der Pfarrer St. Anna Herschbach, Jürgen Dittmar aus der Pfarrei St. Josef Frankfurt-Bornheim und Tobias Postler aus der Pfarrei St. Anna Braunfels zu Diakonen weihen. Die festliche Weiheliturgie im Hohen Dom zu Limburg beginnt um 10 Uhr.
"Die Bandbreite der Lebens- und Berufserfahrung unserer künftigen Diakone beeindruckt und wird eine Bereicherung für unsere Kirche sein", erklärt Diakon Ulrich Schmaus. Der Theologe ist zurzeit kommissarischer Ausbildungsreferent und gemeinsam mit Regens Dr. Christof Strüder und anderen für die Ausbildung und Begleitung der Ständigen Diakone zuständig. Ständige Diakone wirken in der Kirche und in besonderer Weise auch in der Gesellschaft, da Sie ihren Zivilberuf beibehalten. Anknüpfungspunkte gibt es viele. Davon berichten auch die drei künftigen Diakone.
Banker - Lebensberater - Lehrer
Herbert Bruns (55) war lange Banker und im Kreditmanagement tätig. Er durchlebte eine "extreme Krisensituation", musste daraufhin seinen Beruf aufgeben und fand neue Kraft im Glauben. "In der Krise habe ich gespürt, dass Gott mich trägt", sagt der Vater von drei Kindern. Für ihn war diese Erfahrung eine Art Bekehrung und er setzte sich neu mit dem Glauben auseinander. "Ich habe die Welt der Zahlen, die meinen Alltag stark prägte, verlassen und mich immer mehr den Menschen zugewendet", erklärt Bruns. Als "ehemaliger Leidender" fühlt er sich besonders mit den Leidenden verbunden und setzt sich für Kranke, Alte, Sterbende, Ausgegrenzte oder auch Flüchtlinge ein. Die Kirche ist für ihn kein Menschenwerk und er ist davon überzeugt, dass Gott in ihr wirkt. Daher will er als Diakon Herbert Bruns bleiben, aber stärker als Gesandter der Kirche wahrgenommen werden und sich einbringen.
Viel von der Freude und dem Leid seiner Kolleginnen und Kollegen bei der Mainova erfährt auch Jürgen Dittmar. Der 53-Jährige ist Lebensberater in dem Unternehmen und täglich mit Menschen in Extremsituationen im Gespräch. In Krisen, bei Konflikten, bei Mobbing, in Lebensfragen oder auch im Umgang mit Süchten versucht er Perspektiven aufzuzeigen. "Mir ist es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen wissen, dass sie in mir einen Gesprächspartner haben, der sie ernst nimmt und helfen will", erklärt Dittmar. Sein Ziel ist es, dass auch nach dem schwierigsten Gespräch ein Lächeln möglich ist. Für ihn ist die Weihe eine Stärkung und ein Geschenk. "Meine Tätigkeit bei der Mainova wird sich durch die Weihe nicht ändern. Jetzt wirke ich jedoch aus mir heraus. Ich habe die Zuversicht, dass Gott meinen Weg mitgeht und dann durch mich wirkt", sagt Jürgen Dittmar. Für ihn war Gott immer eine fest Größe im Leben. Als Jugendlicher verlor er dann die Bindung an die Kirche. Dies änderte sich, als er im Urlaub mehr durch Zufall als geplant den Gründonnerstagsgottesdienst im Passauer Dom mitfeierte. "Wir setzten uns und blieben bis zum Ende. Während dieser Messe muss mit mir etwas geschehen sein. Was genau, vermag ich nicht zu sagen. Es hat mich tief berührt und ich fühlte mich aufgehoben und vertraut", so Dittmar. Nach diesem Erlebnis zog es ihn immer wieder in den Gottesdienst. Vor sieben Jahren entschied er sich dann Ministrant zu werden, dann kamen der Lektorendienst und der Dienst des Kommunionhelfers dazu. "Der Wunsch, im Auftrag der Kirche leben und handeln zu wollen, wurde immer stärker und so wuchs auch die Entscheidung, sich auf den Weg zum Diakonat zu machen", erklärt Dittmar.
Einen inneren Weg zum Diakonat ist auch Tobias Postler gegangen. Der 45-Jährige ist Lehrer für Mathematik, Physik, Arbeitslehre und Informatik an einem Abendgymnasium in Gießen. Für ihn spielte der Glaube immer eine Rolle. Nach einer Ausbildung zum Zahntechniker und einem Ingenieurstudium mit der Ausrichtung Werkstofftechnik war er viele Jahre in einem Unternehmen der Zahn-Medizintechnik tätig. "Die Arbeit dort hat mir Spaß gemacht und Erfolg gebracht. Sie hat mich aber nicht erfüllt. Ich wollte mehr mit Menschen statt mit Computern arbeiten", erklärt Tobias Postler. Ständig sei er auf der Suche nach "Mehr" gewesen und fand dieses "Mehr" dann wieder im Glauben. Er studierte dann Theologie und erfuhr im Engagement in der Gemeinde die Freude, die ihm lange fehlte. Der Diakonat ist für ihn die Verbindung von Glaubens- und Alltagswelt. (StS)
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