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09.04.2015

Wagemutige Frauen auf unbekanntem Terrain

140 Jahre Aachener Franziskanerinnen in Frankfurt

FRANKFURT.- Es müssen wagemutige Frauen gewesen sein, die sich 1875 „um Jesu willen auf unbekanntes Terrain“ gewagt haben, um sich der Armen- und Krankenpflege in Frankfurt zu widmen. Im auflodernden Kulturkampf zwischen dem Königreich Preußen und der katholischen Kirche gründeten sie eine Filiale der Aachener Franziskanerinnen, die 30 Jahre zuvor von der Fabrikantentochter Franziska Schervier als Frauenorden ins Leben gerufen worden waren. Am Donnerstag, 9. April, feierten die Schervier-Schwestern mit Gottesdienst und Festakt ihr 140-jähriges Bestehen in Frankfurt. 

Stadtdekan Johannes zu Eltz nannte die derzeit 42 Franziskanerinnen, die noch immer in der Lange Straße leben und, soweit es ihr Alter zulässt, Dienst im benachbarten Schervier-Altenheim tun, ein „starkes Stück Frankfurter Stadtkirche“. Er sei stolz auf seinen Vorvorgänger Pfarrer August Münzenberger, der die Schwestern im Mai 1875 sechs Tage vor Inkrafttreten des Kulturkampfgesetzes nach Frankfurt geholt hatte und sie auch zwei Jahre später, als alle Orden aufgelöst werden mussten, in der Stadt halten konnte.  

Wunden heilen und Seelen retten

Der frühere Stadtdekan von Frankfurt, Klaus Greef, selbst Bewohner des Schervier-Altenzentrums, erinnerte in seinem Festvortrag daran, dass die Schwestern zunächst die Pflege der Armen und Kranken in den Wohnhäusern übernahmen. Neben der ambulanten Pflege lag der Schwerpunkt dann auch auf der Sorge um Hausangestellte und andere berufstätige junge Frauen. Diese Aufgabe entsprach einem dringenden sozialen und kirchlichen Bedürfnis der Zeit. Damals entstand auch eine Stellenvermittlung, so dass im Haus ein reges Kommen und Gehen der verschiedensten Bevölkerungsschichten und Konfessionen herrschte. Parallel zu den ersten Mädchen fanden auch die ersten älteren Frauen Aufnahme.  

Die Notwendigkeit der Unterbringung für alleinstehende, gebrechliche alte Menschen lag bei den damaligen Miet- und Wohnverhältnissen auf der Hand. Die Schwestern sorgten sich ebenso um die Betreuung von Kindergartenkindern wie auch um die Nachbetreuung von Frauen nach Krankenhausaufenthalten. Bis heute leben und wirken die Schwestern in der Lange Straße und folgen dem Leitspruch ihrer Ordensgründerin Franziska Schervier: „Wunden heilen und Seelen retten“.

Tätige Hilfe und franziskanische Spiritualität

Die Konventoberin Schwester Luciosa Benz betonte, ihnen sei schmerzhaft bewusst, dass die Kräfte der Schwestern immer mehr schwinden und der Nachwuchs fehlt. Von den noch 42 Frankfurter Franziskanerinnen leben bereits 21 selbst im angrenzenden Pflegeheim. Gleichwohl seien sie dankbar, dass sie in der Pflege und Altenhilfe heute viele Früchte ihrer langjährigen Arbeit ernten könnten: „Wir leben im Kloster, aber wir stehen mit beiden Beinen in der Welt“, unterstrich sie den Anspruch ihres Ordens, tätige Hilfe für Bedürftige ebenso zu leisten wie mit Gebet und Gottesdienst franziskanische Spiritualität in die Stadt zu tragen. 

Ordensgründerin Franziska Schervier (1819-1876) gilt als Bahnbrecherin moderner Caritas. Sie wurde 1974 von Papst Paul VI. selig gesprochen. Seit 2009 läuft der Prozess der Heiligsprechung. (dw)

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