10.11.2016
Institution in den besten Jahren
LIMBURG.- Ganz groß, epochal, fantastisch: Die mehr als 500 Zuhörer des Oratoriums "Laudato Si" fanden am Sonntagabend (6. November) nach der Uraufführung des franziskanischen Magnificats viele Superlative, um ihre Eindrücke und ihre Begeisterung auszudrücken. Mehr als zwei Stunden haben insgesamt 250 Musiker das Publikum auf eine bewegende Reise durch die Textwelt des biblischen Lobgesangs Mariens (Magnificat) und aktuellen Passagen aus den beiden Papstschreiben "Laudato Si" und "Evangelii Gaudium" genommen. Die Gesamtleitung der Uraufführung hatte der Frankfurter Kirchenmusiker Peter Reulein inne. Er war es, der die Musik zum Oratorium anlässlich des 50. Jubiläums des Referates Kirchenmusik im Bistum Limburg komponiert hat. Die Idee dazu, entwickelte er gemeinsam mit seinen Kollegen Gabriel Dessauer, Franz Fink und Andreas Großmann. Der Text stammt von Pater Helmut Schlegel. Entstanden ist aus diesem Zusammenwirken eine musikalische Collage mit Bibelversen, erzählerischen Elementen und meditativen Impulsen. Musikalisch präsentiert wurde das Oratorium von einem bis zu achtstimmigen Projektchor, in dem Sänger des Chores St. Martin und Martinis, Idstein, des Vocalensembles und der Cappuccinis, Frankfurt-Liebfrauen, des Kinder- und Jugendchores Maria Rosenkranz, Frankfurt-Seckbach, zusammen wirkten. Bereichert wurde ihr Gesang von den Solisten Marina Herrmann (Sopran), Janina Möller (Sopran), Anna Metzen (Mezzosopran), André Khamasmie (Tenor) und Johannes Hill (Bariton) sowie den Orchestermusikern des Ensembles Colorito.
Festgottesdienst und Festakt
Das Konzert war der gelungene Abschluss der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehens des Referates Kirchenmusik. Das Jubiläum wurde zudem mit einem Festgottesdienst mit Bischof Georg im Hohen Dom zu Limburg und einem Festakt im Limburger Priesterseminar gefeiert.
"Das Referat Kirchenmusik bildet den Rahmen dafür, dass das brennende Herz der Kirchenmusik im Bistum Limburg weiter schlagen kann", lobte der Bischof das Wirken des Referates. Musik sei ein wunderbares Geschenk Gottes, durch das er den Menschen erahnen lasse, wie fein er seine Schöpfung gedacht habe. Für Bischof Georg gehören Musik, Liturgie und Eucharistie zusammen. Die Musik helfe dabei, den Blick auf Gott hin zu weiten. Was ein Wort oft nicht vermag, schaffe hingegen manche Melodie.
Auf die Zusammengehörigkeit von Musik, Leben, Liturgie und Glauben verwies auch Weihbischof Dr. Thomas Löhr. In seinem Grußwort beim Festakt, das er als Dezernent Pastorale Dienste und Diözesanpräses des Diözesan-Cäcilienverband Limburg, sprach. "Musik ist Teil der Katechese und fördert die tiefere Auseinandersetzung mit dem Glauben", sagte Löhr. Das Referat sei ein Dienstleister für das gesamte Bistum. Die vielen Angebote und Fachkommissionen förderten, begleiteten und entwickelten die Kirchenmusik im Bistum weiter. Löhr lobte auch den Einsatz und die immense Arbeit, die in die Entwicklung des neuen Gotteslob, investiert worden sei. Auch mit Blick auf diesen "Bestseller" sei Kirchenmusik nicht nur gemeindeprägend, sondern gemeindebildend.
Monsignore Professor Dr. Wolfgang Bretschneider, Präsident des Allgemeinen Cäcilien-Verbands Deutschland, erinnerte daran, dass die Musik im Kontext der Kirche "großgeworden" sei. Auch deshalb habe sie Anteil an der Verkündigung der Kirche. Musik halte das Zeugnis der Kirche lebendig.
Glück- und Segenswünsche überbrachte auch Christa Kirschbaum, Landeskirchenmusikdirektorin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Bezirkskantor Florian Brachtendorf überbrachte die Glückwünsche des Diözesanverbandes Pueri Cantores. Er sagte: "Das Referat Kirchenmusik ist eine Institution in den besten Jahren", so Brachtendorf. Es bündle und schaffe Vernetzung. Es präge und unterstütze. "Kirchenmusik braucht immer den Bezug zum Leben der Menschen": Dies machte Joachim Raabe in seinem Grußwort für den Diözesanverband der Kirchenmusiker deutlich. Musik dürfe nie zum Selbstzweck werden, sondern müsse auf die Menschen schauen. Er wünschte sich, dass die Kirchenmusik kreativ bleibt und sich aktiv in die Überlegungen, wie Kirche auch in Zukunft mit Leben gefüllt werde könnte.
Was braucht eine zeitgemäße Kirchenmusik?
Eine zeitgemäße Kirchenmusik braucht eine singende Gemeinde, Hauptamtlichkeit, Geld, Zeit und Spiritualität. So beantwortete Diözesankirchenmusikdirektor Godehard Weithoff aus Freiburg die Frage, was eine zeitgemäße Kirchenmusik heute braucht. Weithoff ist Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft der Ämter und Referate für Kirchenmusik in Deutschland". Er machte deutlich, das Singen, die Grundlage aller Kirchenmusik sei. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, schon Kindern die Freude am Singen zu vermitteln. Musik sei wichtig für die Bildung, für das Leben und habe große Bedeutung für die Feier des Glaubens. "Das Singen und Musizieren stiftet, stärkt und erneuert die Gemeinde, da sie Teilhabe ermöglicht und dazu befähigt, am Glauben und Leben teilzunehmen", so der Kirchenmusiker. Nicht nur große Konzerte seien Kirchenmusik, sondern auch jedes gesungene Gemeindelied.
Ausdrücklich sprach sich Weithoff für ein gutes Miteinander an Haupt-, Neben-, und Ehrenamt aus. Der Blick auf die Statistik mache deutlich, dass die Zahl der hauptamtlichen katholischen Kirchenmusikerstellen bundesweit in den vergangenen Jahren in etwa gleichgeblieben ist. Dennoch gebe es Nachwuchssorgen. In den kommenden Jahren werde die Anzahl der auf dem Arbeitsmarkt befindlichen Kirchenmusiker geringer sein, als die durch Eintritt in den Ruhestand freiwerdenden Stellen. "Es ist mit signifikant sinkenden Bewerberzahlen um freie Stellen zu rechnen", so Weithoff. Auch, weil nicht alle Absolventen des Kirchenmusikstudium danach eine kirchliche Anstellung an strebten. Die Arbeitsbelastung, die Arbeitszeiten aber auch die kirchliche Grundordnung führten bei vielen Musikern zu einer Umorientierung. Um junge Menschen in den Beruf zu ziehen müsse die Kirchenmusik im Ganzen weiter gefördert werden. "Die Faszination der Orgel lernt nur kennen, wer dieses Instrument meisterhaft gespielt erleben kann. Chorgesang kann nur diejenige in Bann ziehen, die durch leistungsfähige Ensembles die großen Werke der Kirchenmusik adäquat interpretiert kennen und schätzen lernen", so der Freiburger Diözesankirchenmusikdirektor.
Kirchenmusiker brauchten auch eine finanzielle Ausstattung für ihren Dienst, um beispielsweise in der Öffentlichkeitsarbeit professionell wahrgenommen zu werden. Viel wichtiger sei aber noch der Raum für die kreative Vorbereitung. "Die Arbeit des Kirchenmusikers besteht aus Ausatmen und auch wieder Einatmen", sagte Weithoff. Es gebe Phasen, in denen Gottesdienste einer besonders sorgfältigen Planung bedürfen, die weit über das vertraglich fixierte Maß hinausgehe und es gebe Gottesdienste, in denen die Vorbereitung weniger intensiv sei. Neben aller Professionalität und Kreativität brauche die Kirchenmusik in Zukunft auch Frauen und Männer, die ihren Beruf aus dem Glauben heraus und mit einem hohen Grad an Spiritualität ausüben. Zum Glück gebe es diese Kirchenmusiker überall noch und so könne auch morgen noch kraftvoll mitgesungen werden. (StS)