LIMBURG/FRIEDBERG, 22.12.2018
Ein Bote der Mitmenschlichkeit und gegen Hetze
Pater Richard Henkes SAC wird seliggesprochen. Dies hat Papst Franziskus entschieden und der Vatikan am 22.Dezember in Rom bekannt gegeben. Der Pallottinerpater wurde wegen einer regimekritischen Predigt von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht. Dort ließ er sich freiwillig im Block 17 mit den typhuskranken Menschen einschließen, um sich um sie zu kümmern. Nach zwei Monaten im Dienst der Nächstenliebe infizierte er sich und starb am 22. Februar 1945.
An unmenschlichem Ort dem Glauben treu geblieben
Die Nachricht von der Seligsprechung ist im Bistum Limburg und bei den Pallottinern freudig aufgenommen worden. „Die bevorstehende Seligsprechung von Pater Henkes wird ein Fest für unsere Diözese und für die Pallottiner“, erklärte Bischof Dr. Georg Bätzing. Limburg und die Pallottiner seien seit mehr als 125 Jahren eng miteinander verbunden. Es sei schön und richtig, dass unter den vielen Priestern, die in Limburg für die Gemeinschaft und oft auch für die Mission ausgebildet worden seien, nun ein Seliger, ein Märtyrer der Menschlichkeit zu finden sei. „Henkes hat sich der Bevormundung des Denkens und Glaubens in der Nazizeit mutig entgegengestellt und dafür die Konsequenzen sehenden Auges übernommen“, so der Bischof. Im Konzentrationslager Dachau, einem unmenschlich rohen und gewalttätigen Ort sei der Pallottinerpater sich und seinem Glauben treu geblieben. So habe er sein Leben eingesetzt, nicht zuletzt aus Verbundenheit zu den Gefangenen aus Tschechien.
Sein Zeugnis ist heute wieder so wichtig
Eng verbunden sei Henkes auch immer mit seiner Heimat und mit seiner Familie in Ruppach im Westerwald geblieben. „Unter den vielen Zeugen und Zeuginnen für Christus in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors wird nun ein Mann aus dem Westerwald, ein Mann aus dem Bistum Limburg, seliggesprochen“, so Bätzing. Er sieht in Henkes einen „Boten der Mitmenschlichkeit, der gegen Hetze, Rassismus und alle Versuche, die Menschen verschiedener Kulturen, Sprachen und Nationen gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen. „Leider Gottes ist dieses Zeugnis ja heute wieder so wichtig. Pater Henkes lehrt mich, dass der Glaube an Christus, den gekreuzigten und auferstandenen Herrn, auch heute mutig gelebt werden will. Er fordert mich auf, in die Bresche zu springen, wenn mein Einsatz gefordert ist“, sagt der Bischof. Die Kirche suche heute nach Wegen, wie sie glaubwürdig sein könne. Pater Richard Henkes zeige, wie das gehe und habe die Antwort auf die Frage, für wen er da sei, mit dem eigenen Leben bezahlt.
Herausforderung für die Sendung in der Kirche heute
Stolz und dankbar dafür, dass Pater Henkes seliggesprochen wird, sind natürlich auch die Pallottiner. „Mit dem Bistum Limburg, in dem wir seit 125 Jahren tätig sind, freuen wir uns, dass die Diözese nach der Heiligen Katharina Kasper nun mit Pater Henkes auch einen neuen Seligen verehren kann“, erklärt Pater Helmut Scharler SAC, Provinzial der Pallottiner. Die Kirche würdige mit der Seligsprechung einen Priester, der mit allen Konsequenzen der Nazi-Diktatur Widerstand geleistet habe. In Schule, Seelsorge und Predigt habe er mutig das christliche Menschenbild vertreten und damit für Freiheit und Wahrhaftigkeit gekämpft. Er habe in den Spannungen zwischen Deutschen und Tschechen für Versöhnung gewirkt. „Dass er sich, das nahe Ende des Krieges und die Ansteckungsgefahr vor Augen, freiwillig mit den Kranken in Quarantäne begab, war für ihn konsequente Christus-Nachfolge. Diese Treue zu seiner Berufung zum Pallottiner und Priester hinterfragt uns Heutige. Darum ist die Seligsprechung von Pater Henkes nicht allein ein Akt, der dankbar in die Vergangenheit blickt, sondern eine Herausforderung für unsere Berufung und Sendung in der Kirche heute. Denn in jeder Generation sind Freiheit und Wahrhaftigkeit gefährdet“, so Scharler.
Der Weg der Seligsprechung
Schon 1947 kommt der Ruf nach einer Seligsprechung von Pater Henkes bei den Pallottinern auf. Dieser wird durch den Einsatz ehemaliger Priester-Häftlinge von Dachau lauter. In den 1980er Jahren bitten sie Bischof Kamphaus um die Einleitung eines Seligsprechungsverfahrens. Im Jahr 2000 macht sich die tschechische Bischofskonferenz in einem Schreiben für das Anliegen stark. In dem Schreiben heißt es: „Die Erhöhung von Pater Henkes zur Ehre der Altäre kann also auch beim tschechischen Volk zur Besserung des Bildes der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und infolgedessen auch zur Versöhnung der beiden Nationen beitragen. Er kann also Schutzpatron dieser Versöhnung werden.“ Im Jahr 2001 beantragt das Provinzkapitel der Pallottiner die Seligsprechung. Am 25. April 2003 eröffnete Bischof Kamphaus in Limburg das Bischöfliche Erhebungsverfahren. Fünf Jahre später ist dieses Erhebungsverfahren abgeschlossen und die Akten werden nach Rom gesandt. Nach der Prüfung durch die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung ist am 11. Dezember 2018 entschieden worden, dem Papst die Seligsprechung von Pater Richard Henkes zu empfehlen. Dieser Empfehlung ist der Heilige Vater am 22.Dezember 2018 mit der Bekanntmachung gefolgt.
Richard Henkes wird am 26. Mai 1900 in Ruppach-Goldhausen (Westerwald) geboren. Er will Missionar und Priester werden. Ab 1912 besucht er die Nachwuchsschule der Pallottiner in Vallendar-Schönstatt. Der Weg zum Abitur wird unterbrochen durch den Dienst in der Wehrmacht in Darmstadt. 1919 tritt er in das Noviziat der Pallottiner in Limburg ein, studiert dort Philosophie und Theologie und wird am 6. Juni 1925 zum Priester geweiht. Er wirkt nun als Lehrer und Seelsorger in den Studienheimen der Gemeinschaft in Vallendar-Schönstatt und Alpen (Niederrhein). Ab 1931 ist er Lehrer in Schlesien, zunächst in Katscher, ab 1937 in Frankenstein. Immer mehr wirkt er auch als Wallfahrtsprediger und Exerzitienbegleiter. Da er deutlich das christliche Menschenbild gegenüber dem des Nationalsozialismus betont, gerät er immer mehr in Konflikte mit dem Nazi-Regime. 1941 wird er aus dem Schuldienst genommen und wurde nun Pfarrer in Strandorf im Hultschiner Ländchen. Hier wird er mit der angespannten Situation zwischen der deutschen und der tschechischen Bevölkerung vertraut und sucht die Vermittlung.
Am 8. April 1943 wird er wegen einer Predigt in Branitz – er hatte offen gegen den Abtransport von Kranken aus den dortigen Heilanstalten Stellung bezogen – verhaftet und nach kurzem Gefängnisaufenthalt in Ratibor nach Dachau verbracht. Im KZ lernte er den späteren Erzbischof von Prag, Josef Beran, kennen und erlernte bei ihm tschechisch, um nach dem Krieg wieder im Hultschiner Ländchen wirken zu können. Schon in Dachau kümmert er sich um Häftlinge aus Tschechien. In der Typhusepidemie Ende 1944 /Anfang 1945 pflegt er die Kranken und lässt sich freiwillig in einem Quarantäneblock einschließen. Er infiziert sich und stirbt am 22. Februar 1945.