LIMBURG, 29.03.2018
Es brauchte den vollen Einsatz Gottes
Die Feier des Abendmahls am Gründonnerstag ist für Bischof Georg Bätzing Zeichen für die Brüche, die es in einer heiligen und zugleich sündigen Kirche gibt. „Diese Gebrochenheit mutet uns die Liturgie heute Abend ja zu: festliche Freude mit allem, was wir aufbieten können – bricht abrupt um in hölzerne, schmucklose Kargheit. In der Freude über das wunderbare Geschenk der heiligen Eucharistie vergessen wir nicht, was es Jesus gekostet hat; vergessen wir nicht den Verrat am Herrn und am Glauben, den es bis heute in der Kirche gibt; vergessen nicht die gedankenlose Gleichgültigkeit vieler Getaufter, die heute und in den kommenden Tagen nicht den Weg zum Gottesdienst finden“, betonte der Limburger Bischof am 29. März im Limburger Dom. „Wir vergessen auch nicht die Spaltung der Christenheit, die bis an den Tisch des Herrn reicht – jenem großen Skandal, der viele Menschen abhält vom Glauben.“
Digitale Kommunikation Leonardo da Vincis Abendmahl
In seiner Predigt stellte Bätzing Leonardo da Vincis Meisterwerk "Das Abendmahl" in den Mittelpunkt. Verfremdungen und Parodien wie „Last SMS“ von Schülern der Designschule München hätten Bätzing zunächst geärgert. „Die ,Jünger‘ des 21. Jahrhunderts sind mit Laptop und Smartphone ausgestattet. Sie schauen nicht auf Jesus, sondern gebannt auf ihre Bildschirme“, beschreibt Bätzing die Fotografie. Christus in der Mitte blicke verloren ins Weite. Niemand stehe mit ihm in Kontakt. „Wo bleibt das Gespräch von Mensch zu Mensch? Wo die Aufmerksamkeit für das Hier und Jetzt?“, fragte Bätzing. „Überall präsent sein, jederzeit erreichbar, immer online; das geht zu Lasten der Aufmerksamkeit für das Du, mein Gegenüber, die konkreten Menschen in meiner Nähe“, äußerte der Bischof seine Sorge über eine zunehmend digital vernetzte Welt.
Sein Blick geht auf die nach oben offene linke Hand an der Seite des Herzens – so, als wolle er sagen: Ich habe alles gegeben.
Die Verfremdungen hätten ihn aber auch dazu angeregt, das Wandbild für das Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie in Mailand, das seit 1980 Weltkulturerbe ist, näher zu betrachten. Leonardo zeige nicht einfach eine harmonische Gemeinschaft beim Abendmahl, sondern den Moment nach der Ankündigung Jesu, dass ein Jünger ihn verraten werde. „Da ist es aus mit der Ruhe. Die Szene zeigt einen aufgeregten Haufen gestikulierender und diskutierender Menschen“, so Bätzing. Jesus in der Mitte wirke einsam und allein. „Sein Blick geht auf die nach oben offene linke Hand an der Seite des Herzens – so, als wolle er sagen: Ich habe alles gegeben. Ehrlich gesagt, liebe Schwestern und Brüdern, so habe ich das Bild noch nie betrachtet. Und ich bin verwirrt“, sagte er. Denn die Darstellung des Renaissancemalers sei gar nicht so weit weg von der Interpretationen der Designschüler.
„Beide stellten überdeutlich die Bruch-Kante heraus, die den Abend des Gründonnerstags kennzeichnet: Einheit ohne gleichen als göttliches Liebesgeschenk und einen Augenblick später Verrat und Spaltung“, meint Bätzing. Nach dem Abendmahl zerbreche auch die Gemeinschaft, die Jünger würden zerstreut. „Jesus wird allein gelassen. Es braucht nach Ostern einen Neuansatz, es braucht den vollen Einsatz des auferstandenen Herrn, um die Jünger wieder zu sammeln, die Kirche neu zu gründen und die Eucharistie als Mahl des österlichen Herrn mit den Erlösten inmitten der Kirche einzusetzen.“
Bischof wäscht Frauen und Männern Füße
Die Feier des Abendmahls am Gründonnerstag steht am Beginn der Passionsgeschichte Christi, die die Kirche in besonderer Weise während des Ostertriduums von Gründonnerstag bis zur Osternacht feiert. Am Abend seiner Gefangennahme versammelten sich Jesus und seine Jünger zu einem letzten gemeinsamen Mahl. Jesus teilte Brot und Wein und bat seine Jünger darum, dies auch künftig in seinem Andenken zu tun.
Der Gottesdienst wird von besonderen liturgischen Riten geprägt: Nach dem Glorialied schweigen Orgel und Glocken bis zur Feier der Auferstehung in der Osternacht. Außerdem werden in einer Prozession im Anschluss an das Schlussgebet die geweihten Hostien aus dem Tabernakel in eine Nebenkapelle gebracht, der Altarschmuck entfernt und alle Kreuze verhangen. Während des Gottesdienstes wusch Bätzing auch Frauen und Männern der Limburger Dompfarrei die Füße. Die Fußwaschung geht auf einen orientalischen Brauch zurück. Beim Betreten eines Hauses wuschen Diener den Gästen die Füße. In der Bibel ist es hingegen Jesus, der seinen Jüngern die Füße wäscht.
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Download der Predigt Gründonnerstag 2018