LIMBURG, 18.01.2018
Visionärer Streiter für die Menschen
Mit Leidenschaft und Humor, streitbar und unbeirrt: Zwei Jahrzehnte hat Dr. Hejo Manderscheid den Limburger Diözesancaritasverband als Direktor aufgebaut und geprägt. Der 1954 im Saarland geborene Theologe und Soziologe ist am Mittwoch, 17. Januar 2018, in den Ruhestand verabschiedet worden. 250 Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft feierten das beeindruckende Wirken Manderscheids für Menschen in Not. "Wir lassen Sie mit großem Dank gehen, der aus ganzem Herzen kommt. Gott in seiner Güte wird Ihnen all das lohnen, was Sie an Gutem getan und an Leben gegeben haben", sagte Bischof Dr. Georg Bätzing bei einem Gottesdienst in der Stadtkirche St. Sebastian in Limburg. "Sie haben Spuren hinterlassen und Spuren gelegt, auf denen wir weitergehen. Ich bin mir sicher: An Sie wird man noch lange denken."
Caritas bringt Christsein auf den Punkt
Bätzing würdigte den persönlichen - von großer Beharrlichkeit und Einfallsreichtum gekennzeichneten - Einsatz des scheidenden Caritasdirektors: "Wer nach dem Glauben fragt und Gutes tun will, kann nicht bei der Erfüllung von Pflichtenkatalogen stehenbleiben", betonte der Limburger Bischof in seiner Predigt. "Gutes tun braucht mehr, braucht Kreativität, braucht die Kür immer neuer Ideen, neue Reaktionen auf aufgedeckte und erkannte Nöte, wenn es seinem Anspruch gerecht werden will." Wer seine Augen vor der konkreten Not von Menschen nicht verschließen und ihr abzuhelfen versuche, brauche Beharrlichkeit, Unbeirrbarkeit und kämpferischen Geist, sonst würden sich Veränderungen nicht einstellen. "Mit gutmütiger Naivität lassen sich Armut, Unrecht, Abhängigkeit und Süchte nicht eindämmen", betonte Bätzing. Dazu seien die Strukturen, die Menschen in menschenunwürdigen Verhältnissen gefangen hielten, zu machtvoll. "Caritas ist so erfüllend und so anspruchsvoll zugleich, weil sie Christsein auf den Punkt bringt", sagte Bätzing.
Mitarbeiter geben der Caritas ein gutes Ansehen
Unter der Führung Manderscheids habe sich der Limburger Diözesancaritasverband immer wieder mit großem Erfolg drängenden Fragen, sich verändernden Herausforderungen und neuen menschlichen Nöten gestellt. In einer Zeit zunehmender Entkirchlichung wolle der Verband nicht nur politische Lobby für Menschen am gesellschaftlichen Rand sein und kraftvoll deren Forderungen vertreten, sondern auch nach Wegen suchen, kirchlich und gläubig den Klienten im professionellen Kontakt Gott nicht vorzuenthalten. "Ich bin deshalb so überzeugt vom Dienst der Caritas in unserem Bistum, und ich bin deshalb so dankbar für etliche Begegnungen mit dem jetzt scheidenden Diözesancaritasdirektor, weil ich uns genau in der Spur dieser Fragehorizonte sehe. Das macht mich ehrlich gesagt stolz auf Sie alle, hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Ehrenamtliche. Sie sind das Gesicht der Caritas und geben ihr gutes Ansehen", sagte Bätzing dankbar.
Mit der höchste Auszeichnung des Caritasverbandes ausgezeichnet
Der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, Jörg Millies, verlieh Manderscheid den Brotteller, die höchste Auszeichnung des Verbandes. Der Saarländer habe in den 20 Jahren als Caritasdirektor vieles angepackt, um seine Vision einer verbandlichen Caritas zu verwirklichen. Im Mittelpunkt aller Anstrengungen sei immer der Mensch gewesen. "Ein Caritasverband braucht nicht nur zukunftsfähige Strukturen, sondern auch ein klares Profil. Beides hast Du im Bistum Limburg erreicht", betonte Millies. Auch in der Sozialpolitik habe sich Manderscheid immer wieder eingemischt und versucht, Veränderungen auf den Weg zu bringen. "Deine Vision liegt darin, die Menschen und ihre je eigene Sicht der Dinge stärker zum Tragen zu bringen." Manderscheid sei es zu verdanken, dass die Caritas als sozialpolitischer Akteur in Hessen präsent ist. Manderscheids Engagement galt aber nicht nur dem Bistum Limburg. Auch auf der Bundesebene des Caritasverbandes habe Manderscheid Spuren hinterlassen. Seine Ideen und Vorstellungen hätten die Arbeit in den Gremien wesentlich bereichert. Der Limburger Caritasdirektor habe mit großer Kraft in den Verband hinein und weit darüber hinaus gewirkt.
Netzwerker und respektierter Partner
Mit einer kurzweiligen und humorvollen Zeitreise von den 80er Jahren bis heute verabschiedeten sich Mitarbeiter, Freunde, Wegbegleiter und Netzwerkpartner von Manderscheid. "Er hat die anderen Caritasverbände mit seiner Power überrumpelt", erzählte etwa Tina Hofmann, eine ehemalige Mitarbeiterin im Diözesancaritasverband. "Du hast mich immer mitgerissen mit deinem Charisma". Für die Frankfurter Caritasdirektorin Gaby Hagmans sei Manderscheid ein Visionär und Ordnungspolitiker gewesen, der immer für die Menschen gekämpft habe. "Du warst mir immer ein Vorbild", so Hagmans. "Herr Manderscheid war ein sehr angenehmer Partner. Und ich sage Partner sehr bewusst", dankte Thomas Dippel, Staatssekretär aus dem Hessischen Sozialministerium für die gute und respektvolle Zusammenarbeit. Er habe hart verhandelt und gute Ergebnisse erzielen können, zugleich habe aber auch das Ministerium zufrieden sein können. Der Caritasverband und politische Vertreter arbeiteten so eng miteinander wie noch nie, betonte der Fraktionsvorsitzender der CDU im Hessischen Landtag, Michael Boddenberg.
Großes Netzwerk ist für Verbandsarbeit entscheidend
"Ich freue mich einfach über das, was heute Abend gelaufen ist." Manderscheid bat seine Netzwerkpartner, der Caritas treu zu bleiben und den künftigen Caritasdirektor, Jörg Klärner, zu unterstützen. "Man braucht ein sehr großes Netzwerk, um einen Verband gut zu leiten", betonte Manderscheid. "Kreuz und quer - das macht es einfach aus. Wenn man den Laden dicht macht, kommen keine neue Ideen hinein."
Dr. Hejo Manderscheid war von 1982 bis 1992 als Referent für den Deutschen Caritasverband in Freiburg tätig. Im Bistum Limburg wirkte der Saarländer seit Mai 1992. Bis Juli 1997 leitete er den Caritasverband Frankfurt e.V. Im April 1998 wurde er Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Limburg. Bis zu seinem Ruhestand übte er zahlreiche weitere Ämter aus: Von März 2011 bis März 2014 war Manderscheid Sprecher des "Bündnisses Soziale Gerechtigkeit in Hessen". Neben seinem sozialpolitischen und karitativen Engagement engagiert sich Manderscheid auch medienpolitisch: Von Januar 2012 bis September 2016 war er Mitglied im hr-Rundfunkrat. Seit Juli 2017 ist er Mitglied im hr-Verwaltungsrat und wird dieses Amt auch im Ruhestand weiter ausüben.
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