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FRANKFURT, 18.06.2019

Ein „Seelort“ mitten in der Stadt

Ein "Andersort", ein "Seelort" - das ist die Liebfrauenkirche für Gläubige. Nach umfangreicher Restaurierung strahlt sie in neuem Glanz.

Ein „Seelort“ inmitten der Stadt: Liebfrauen, die alte Marienkirche Frankfurts, ist am Sonntag, 16. Juni, nach zweijähriger Renovierung feierlich wiedereröffnet worden. In einem eindrucksvollen Ritus weihte der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, den neuen Altar, der ein steinernes „Tau“ darstellt, den letzten Buchstaben im hebräischen Alphabet, zugleich das franziskanische Logo, mit dem der Heilige Franz von Assisi unterschrieb und den Segen spendete. Nachdem Bischof Bätzing die Altarplatte mit Öl salbte, entzündete er alle vier Ecken und die Mitte mit züngelnden Flammen und senkte die Reliquien nach katholischem Ritus unter dem Altar in eine kleine Vertiefung.

„Gläubige aller Nationalitäten, Christen vieler Konfessionen, Suchende, Fragende, Zweifelnde“ fänden hier jetzt wieder „Raum und Zeit, der eigenen Seele nachzuspüren und deren tiefe Wurzeln in Gott zu entdecken“, sagte der Bischof in seiner Predigt in der überfüllten Kirche. Ähnlich wie die Notre Dame von Paris, die auf den Tag genau vor zwei Monaten in Flammen aufging, sei die Notre Dame von Frankfurt, die Liebfrauenkirche mitten in der Stadt, ein „Ort von hohem Symbolwert“. Beifall brandete auf, als der Bischof hervorhob: "Was Notre Dame für Paris ist, das ist die Liebfrauenkirche für die Frankfurter." Seit hundert Jahren wirken hier Kapuziner in der Nachfolge des Heiligen Franziskus. „Hier weiß man um den Zusammenhang von leiblicher und seelischer Not. Hier werden Würde und Menschlichkeit, Güte und Barmherzigkeit praktisch durchdekliniert,“ so der Bischof.

Noch mehr ökumenische Farbe

Langanhaltender Beifall brandete ebenfallws auf, als Bätzing ausdrücklich der evangelischen Kirche in Frankfurt dankte, die der Liebfrauengemeinde während der Renovierung ihre Gotteshäuser für Gottesdienst und Gebet öffnete: Die zuverlässig gute Ökumene in Frankfurt sei dadurch noch einmal bestärkt worden und führe zu der Frage „wie dieser erneuerte Gebetsort in Zukunft selbst auch noch mehr ökumenische Farbe bekommen kann“.  Sein Dank galt auch der Stadt Frankfurt, die der Erneuerung von Liebfrauen mit großem finanziellem und personellem Aufwand nachgekommen sei. Das sei nicht selbstverständlich, sondern ein "Bekenntnis der Stadt zu den religiösen Bedürfnissen ihrer Bürger", betonte Bätzing.

Schaufenster in die Kirche

Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker bezifferte die Summe, die in die Restaurierung geflossen ist, mit 1,8 Millionen Euro. Die Stadt Frankfurt ist aufgrund der Dotationsverträge von 1830 Eigentümerin der katholischen und evangelischen Kirchen in der Innenstadt. Investiert wurde in Liebfrauen in einen frischen Anstrich, der dem Kirchenraum einen ungewohnten Glanz verleiht und für neue Helligkeit sorgt, in die Neugestaltung der Taufkapelle, die gesamte Elektrik und ein neues Lichtkonzept.

Außerdem wurde das historische Eingangsportal zum Liebfrauenberg wieder hergerichtet und mit einem Glasdach versehen, gewissermaßen als „Schaufenster in die Kirche“, wie Bruder Christophorus Goedereis, der scheidende Kirchenrektor von Liebfrauen, hervorhob. Zu besonderen Anlässen werde das Tor auch wieder geöffnet. Außerdem wurde der Altarraum neu gestaltet. Besondere Aufmerksamkeit zieht der ursprüngliche Kreuzweg des Frankfurter Künstlers Ludwig Becker von 1959 auf sich, der unter Tapeten und Übermalungen wiederentdeckt und restauriert wurde.

Ort für Gottesdienst, Stille und Gebet

Für Kirchendezernent Becker ist klar: „Es sind in erster Linie die Menschen, die die Kirche mit Liebe und Wärme erfüllen und die christliche Botschaft ausstrahlen. Aber auch die Räume müssen dem kirchlichen Verkündigungsauftrag einen angemessenen Rahmen geben, ihrer kulturhistorischen Bedeutung entsprechen und der Nachwelt erhalten werden. So kann die Liebfrauenkirche im Herzen Frankfurts nun wieder der Ort für Gottesdienst, Stille und Gebet sein.“

Liebfrauen ist mit ihrer besonderen Spiritualität und Ausstrahlung seit jeher eine der beliebtesten Kirchen Frankfurts. Die von 1318 bis 1344 errichtete Kirche gehört zum Citykloster der Kapuziner, die hier ein tägliches Frühstück für Obdachlose anbieten und als Seelsorger für die Menschen der Stadt, für Passanten und Touristen wirken. Eine Oase der Ruhe ist vor allem der Innenhof, in dem täglich Tausende Kerzen an der Marienstatue entzündet werden und Menschen ihre Bitten und Gebete vor Gott bringen.

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