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FRANKFURT, 23.09.2019

Kita, Kirchenentwicklung und Kopernikus

Was können Kindertagesstätten zum Prozess der Kirchenentwicklung beisteuern? 130 Engagierte haben darüber in Frankfurt diskutiert.

Was haben Kindertagesstätten und Kirchenentwicklung mit Kopernikus zu tun? Jenem Astronomen, der mit seiner bahnbrechenden Entdeckung, dass die Erde um die Sonne kreist, das geozentrische Weltbild zum Einsturz brachte? Für den bekannten Hildesheimer Theologen Christian Hennecke sehr viel. Viele Menschen in katholischen Gemeinden erlebten gerade etwas, das der Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim als „Kopernikus-Moment“ bezeichnet. „In der Kirche denken wir immer noch, dass die Gemeinden der Mittelpunkt der Welt sind.“ Dabei zeige der Niedergang volkskirchlicher Strukturen längst, dass Kirche heute an vielen unterschiedlichen Orten und nicht mehr nur allein in der Gemeinde erfahrbar sei. Kindertagesstätten und Schulen seien Orte, an denen der Glaube heute stärker als in vielen Gemeinden gelebt werden könne. „Es gilt, die Formen, wo sich Kirche in neuer Weise zeigt, zu fördern“, ermutigte Hennecke die mehr als 130 Engagierten von Kindertagesstätten, Caritas und aus der Pastoral bei einem Fachtag am Donnerstag, 19. September, in Frankfurt. Gemeinden könnten von Kindertagesstätten, die den Menschen besonders zugewandt seien, viel lernen. Der Tag in der Kindertagesstätte St. Kilian in Frankfurt-Sindlingen stand unter dem Motto „Kita und Kirchenentwicklung. Da geht noch was“. Vorbereitet wurde er vom Team Kirchenentwicklung in Zusammenarbeit mit der Abteilung Kindertageseinrichtungen im Bistum Limburg.  

Kitas werden zu Orten der Seelsorge

Dass in katholische Kindertagesstätten viel „geht“, machte Bettina Watzl, die Leiterin der katholischen Kindertagesstätte in Sulzbach deutlich. Sie beschrieb verschiedene Entwicklungen und Projekte in ihrer Kita: „Ein großer Schwerpunkt ist bei uns Mitarbeiter religionspädagogisch zu qualifizieren.“ Durch die Qualifizierungen, die dazu befähigen, Glaubensthemen auf kindgerechte Art und Weise zu vermitteln, habe sich etwas spürbar im Team verändert. Das katholische Profil der Kita werde mehr und mehr deutlich: „Wir merken: Kirche wird im Alltag erfahrbar. Da lebt Kirche.“ Das Team gestalte heute selbstverständlich Familiengottesdienste und sei für Eltern auch Ansprechpartner bei Problemen, Sorgen und schwierigen Lebenssituationen und vermittle Hilfe und Beratung. Als es in der Familie eines Kindergartenkindes einen Trauerfall gab, habe man auf Wunsch der Familie in der Kindertagesstätte sogar ein Trauercafé veranstaltet.

Nicht nur darauf schauen, was Gemeinden einfordern

Auch Dr. Christof May, Bischofsvikar für Kirchenentwicklung im Bistum Limburg, stärkte den Mitarbeitern in katholischen Kindertagesstätten den Rücken: „Ich höre immer heraus: ,Wir sind doch auch Kirche‘. Nein, nicht auch. Kita ist Kirche“, machte May deutlich. Kirche finde nicht nur am Sonntag an dem einen Ort, sondern vornehmlich Montag bis Freitag im Leben der Menschen statt. Mit Blick auf die vielen Veränderungen, die Kirche gerade erlebe, müssten Kindertagesstätten mehr in den Blick genommen werden. „Es geht nicht nur darum, zu schauen, was Gemeinde einfordert.“ Pastoralteams müssten die Kindertagesstätten stärker in ihrer Pastoral berücksichtigen. Vielfach fehle es auch an Wertschätzung für den Einsatz in den Kitas.  

Kitas als Lernchance für die Kirche

Die Teilnehmer des Fachtages tauschten sich über neue Initiativen und Entwicklungen im Kita-Bereich aus. In elf Workshops diskutierten sie über Themen wie Inklusion, Kitas als Familienzentren, wie sich Kitas in Sozialräumen besser vernetzen und die Zusammenarbeit sowohl mit der Pfarrei als auch mit den Eltern gestärkt werden kann. „Kitas haben unseren Pfarreien und dem Bistum Limburg viel mitzugeben“, betonte Ralf Stammberger, Abteilungsleiter Kindertageseinrichtungen im Bistum Limburg. In ihnen stecke viel Energie und viele Ressourcen, die für den Prozess der Kirchenentwicklung wichtig seien: „Lebensbegleitung, die Perspektive auf den Menschen, das Zugehen auf Menschen und das Mitnehmen von Menschen: Das ergibt sich in Kitas sehr viel organischer als an anderen kirchlichen Orten.“ Die etwa 300 katholischen Einrichtungen böten deshalb nicht nur große Lernchancen, von denen Gemeinde profitieren könnte, sondern könnten in Zukunft auch wichtige Impulse für Entwicklungsprozesse geben. Welche Inspiration und Kraft Kitas haben, sei für Stammberger bei der Veranstaltung in Frankfurt bereits deutlich geworden. „Wir brauchen mehr solche Orte der Inspiration.“

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