WIESBADEN, 08.05.2020
Balkone als Kommunikationsplattform
Keine Besuche, keine Außenkontakte mehr: Für die Bewohner der Altenheime hat die Corona-Krise schwere Auswirkungen. Was mit viel Engagement und Einfallsreichtum in dieser Situation trotzdem machbar ist, zeigt Sanja Schmid. Sie leitet das Herz Jesu Heim in Wiesbaden-Biebrich, eine Einrichtung der Caritas Altenwohn und Pflegegesellschaft mbH (CAP).
Wie ist die Situation Ihres Hauses in der Corona-Krise?
Zum Glück sind bei uns alle 48 Bewohner und die Mitarbeiter gesund! Wir haben als erstes Haus in Wiesbaden gleich zu Beginn der Krise das Haus geschlossen: Ich habe alle Angehörigen persönlich angerufen und informiert. Alle waren sehr verständnisvoll. Einmal die Woche erhalten sie jetzt von mir eine Mail mit Fotos, außerdem können sie sich telefonisch erkundigen, wie es ihren Leuten geht. Natürlich ist es vor allem für unsere Bewohner sehr belastend, dass der körperliche Kontakt und die Nähe jetzt fehlen. Sehr viele unserer Bewohner bekommen in normalen Zeiten Besuch, werden von ihren Familienangehörigen in den Arm genommen. Das können wir zwar nicht ausgleichen, aber wir versuchen, trotzdem für Abwechslung und Unterhaltung zu sorgen.
Was genau bieten Sie denn an?
Wir nutzen unsere zwei Balkone als Kommunikationsplattformen! Angefangen hat es mit einem Bewegungstherapeuten. Der Sportwissenschaftler bringt jeden Donnerstag vom Hof aus die Bewohner in Schwung. Dass ist so beliebt, dass wir sogar drei Gruppen bilden mussten. Das große Highlight dieser Tage war aber das erste religiöse Angebot seit langem. Die regelmäßigen Gottesdienste, die Kaplan Gerhard Schuh sonst im Haus feiert, fallen ja schon lange weg. Jetzt hat der Kaplan zusammen mit Pastoralreferent Manuel Gall von der Pfarrei St. Peter und Paul im Hof eine Gebetsandacht veranstaltet. Fortsetzung folgt: Der Termin für die nächste Andacht steht bereits. Den Pastoralreferenten habe ich gleich danach auch noch als DJ engagiert. Er hat – ebenfalls unten vor den Balkonen - eine regelrechte Schlagersession gemacht und seine Kinder haben dazu getanzt.
Wie reagieren die Bewohner denn auf diese neuen Formate?
Es tut ihnen einfach gut. Gerade bei der Andacht war an der Stimmung zu spüren, dass genau das vielen Menschen gefehlt hat. Sie glauben nicht, wie toll das war! Es herrschte auf einmal so eine ganz besondere Ruhe, das kann ich gar nicht beschreiben. Die Musikveranstaltung ist natürlich auch sehr gut angekommen, die Zuhörer und Zuschauer auf den Balkonen waren begeistert, haben mitgeklatscht und mitgesungen. Wir versuchen natürlich auch im Haus selbst für eine schöne Atmosphäre zu sorgen, mit frischen duftenden Blumen zum Beispiel oder mit einem schönen Osterfrühstück am liebevoll gedeckten Tisch. Unsere Betreuungskräfte sind sehr engagiert und immer mit ganzem Herzen bei der Arbeit: Hier macht keiner einfach nur einen Job. Trotz der furchtbaren Krise geht auch bei uns das Leben weiter!