Suchwort eingeben

WIESBADEN, 20.04.2020

Einsamkeit und Ängste

Die Zahl der Anrufe bei der Telefonseelsorge ist ist durch Corona stark gestiegen. Warum das Aufkommen aber dennoch gut gestemmt werden kann, erklärt Dr. Christopher Linden vom ökumenischen Leitungsteam der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden.

Drei Fragen an Dr. Christopher Linden vom ökumenischen Leitungsteam der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden.

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihre Arbeit aus?

Es rufen mehr Menschen an! Im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr sind es bis zu 25 Prozent mehr. Das heißt, in 2019 haben in dieser Zeit rund 3300 Menschen täglich in ganz Deutschland die Nummer der Telefonseelsorge gewählt, aktuell sind es 4017. Das Corona-Virus nimmt dabei zunehmend Raum ein. Im Februar beschäftigten sich noch rund fünf Prozent der Anrufe damit, inzwischen ist es in 40 Prozent der Gespräche im engeren oder weiteren Sinn Thema. Eine konkrete Auswirkung der Krise ist auch, dass wir die zwei Beratungsstellen schließen mussten, die die Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden zusätzlich zum Telefonnotruf in den beiden Landeshauptstädten unterhält. Persönliche Beratung kann ja nicht mehr stattfinden. Wir telefonieren jetzt mit den Klienten, die wir sonst regelmäßig sehen. Wichtig ist für die Menschen, dass sie mit uns Kontakt halten können und keinen Abbruch erleben.

Was bewegt die Anrufer bei der Telefonseelsorge?

Im Blick auf das Corona-Virus geht es vor allem um Einsamkeit und Ängste, es geht um Fragen wie: Werde ich mich anstecken? Wer steht mir bei, wenn ich Hilfe benötige? Wie kommen wir als Familie da durch? Was ist, wenn ich in Kurzarbeit muss oder gar den Arbeitsplatz verliere? Menschen mit einem höheren Angstlevel fokussieren jetzt sehr auf das Virus. Manche geraten regelrecht in Panik, minimieren zwanghaft den Kontakt zu anderen.

Wie gehen die Mitarbeiter damit um?

Die Aufgabe der Telefonseelsorger hat sich in dieser Situation nicht geändert. Es geht für uns vor allem darum, zuzuhören, mitzugehen, zu beruhigen. Einfach da sein. Da uns die Situation ja alle betrifft, versuchen wir auch Solidarität herzustellen mit der Botschaft: „Du bist nicht alleine damit.“  Dass wir nichts ändern können, die Ohnmacht aushalten müssen, das gilt für alle, es ist einfach eine Zeit der Anspannung. Was ganz toll ist: Durch unsere Mitarbeiterschaft ist angesichts der Krise ein regelrechter Ruck gegangen, um zur Stelle zu sein und zu helfen. Viele der insgesamt 80 Ehrenamtlichen haben jetzt sogar mehr Zeit, weil vieles andere wegfällt. Unser Dienstplan ist besser gefüllt als je zuvor. Rund 65 bis 70 Leute sind im Einsatz, und das unter erschwerten Bedingungen, weil unsere Gruppentreffen und damit die Supervision ausfallen. Dank ihres Engagements können wir die gestiegene Nachfrage derzeit gut bedienen.

Die TelefonSeelsorge Mainz-Wiesbaden ist täglich 24 Stunden erreichbar unter 0800 - 111 0 111 oder 0800 - 111 0 222, kostenfrei und anonym.

Wie geht es Erzieherinnen und Erziehern in der Notbetreuung? Mit welchen Gefühlen tritt ein Krankenhausseelsorger seinen Dienst an? Was macht ein Kirchenmusiker, wenn Chorproben und Gottesdienste ausfallen? Und wie organisieren Seelsorgerinnen und Seelsorger die Pastoral vor Ort? Das Bistum Limburg will mit einer neuen Reihe von Kurzinterviews einen Einblick in den Alltag von Menschen in Zeiten von Corona eröffnen.  Alle Beiträge finden Sie auf unserer Themenseite: https://bistumlimburg.de/thema/drei-fragen/

Zum Anfang der Seite springen