Wiesbaden-Naurod, 14.02.2020
Gläubig mit dem Leid umgehen
„Keine Lösungen, aber ein Mehr an Plausibilität“: Das stellte Professor Herbert Rommel am Mittwoch, 12. Februar, in Wiesbaden-Naurod seinen Zuhörern beim ökumenischen Studientag im Wilhelm-Kempf-Haus in Aussicht. Das Thema, die Frage nach der Vereinbarkeit menschlichen Leids mit dem Glauben an Gott, war auf große Resonanz gestoßen, gilt doch die Theodizee als Schlüsselthema des Religionsunterrichts. Vor rund 85 katholischen und evangelischen Religionslehrern schlug Rommel, der Katholische Theologie und Religionspädagogik an der PH Weingarten lehrt, in seinem Referat den Bogen von Augustinus bis zu Hans Jonas und nahm auch die atheistischen Perspektiven zur Unvereinbarkeit der menschlichen Leiderfahrungen mit dem Glauben an einen guten und allmächtigen Gott in den Blick.
Gott selber muss sich rechtfertigen
In Kleingruppen wurden die verschiedenen Argumentationen zur Rechtfertigung Gottes angesichts des Übels und Leids in der Welt, die Theodizeen, in den Blick genommen und auf ihre Tragfähigkeit überprüft. Letztlich wird nach Prof. Rommel bei der Beschäftigung mit den Theodizeen deutlich, dass es „Möglichkeiten sind, um mit seinem Leid gläubig umzugehen.“ Dies bewege sich aber immer an der Grenze des sprachlich fassbaren und drücke sich vorwiegend in Bildern und Metaphern aus. Zum Abschluss stellt er die These in den Raum, dass „letztlich sich Gott selber rechtfertigen müsse, nicht nur wir Menschen“.
Schüler bei Leiderfahrungen unterstützen
In fünf Arbeitskreisen am Nachmittag ging es um die praktische Umsetzbarkeit des Themas im Schulalltag. Da wurde erprobt, wie man mit Kindern theologische Gespräche über die Theodizee-Frage führen kann, wie Schüler in Leiderfahrungen, zum Beispiel bei schwerkranken Familienmitgliedern, unterstützt werden können und wie Lehrer im Schulalltag mit Erfahrungen der Trauer und des Leids umgehen können. Ein anderer Workshop beschäftigte sich damit, wie im Oberstufenunterricht das Buch Hiob und sein Antwortversuch aufgegriffen werden kann. Ein ganz anderer Ansatz war im Bibliolog mit biblischen Erzählfiguren zu entdecken. Hier lag der Fokus auf den Emotionen und Begegnungen der handelnden Personen einer biblischen Heilungsgeschichte, die in Worten und Gesten dargestellt wurden.
Die Sorgen wie Steine ablegen
Der Tag hatte mit einem Morgengebet in der Kapelle angefangen, bei dem die Teilnehmenden ihre eigenen Sorgen und Lasten in Form eines Steins vor dem Altar ablegen konnten und so auf das Tagesthema eingestimmt wurden: „Wie gelingt es mir, angesichts der vielen Leiderfahrungen der Menschen, meinen Glauben an einen allmächtigen und guten Gott in meinem Unterricht zu vermitteln?“
Zum Abschluss zeigte sich das Vorbereitungsteam, bestehend aus verschiedenen religionspädagogischen Einrichtungen der evangelischen und katholischen Kirche, zufrieden mit der Veranstaltung. Das "unbequeme" Thema menschlicher Leiderfahrungen sei aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und für den Religionsunterricht greifbar und konkret gemacht worden, hieß es im Resümee. Im gemeinsamen Abschlussimpuls stand die Hoffnungsperspektive des christlichen Glaubens im Zentrum.