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LIMBURG, 12.04.2020

Ostern ist der Glücksfall der Geschichte

Ostern ist der entscheidende Glücksfall in der Geschichte. Auch die Corona-Krise könnte zum Wendepunkt werden. Wie erklärt Bischof Georg in seiner Osterpredigt.

Für Bischof Dr. Georg Bätzing ist Ostern unter allen historischen Wendepunkten der bedeutsamste und der Glücksfall der Geschichte schlechthin. „Die Prognose am ersten Ostertag war denkbar schlecht. Nichts deutet auf eine hoffnungsvolle Wende im tragischen Schicksal des jungen Rabbi hin, außer vielleicht seine unverstanden gebliebenen Andeutungen zu Lebzeiten, er werde nach drei Tagen auferstehen“, sagte Bätzing am Ostersonntag, 12. April, in Limburg. Jesus sei verhaftet, vor Gericht gestellt und wegen Gotteslästerung zum Tod verurteilt worden. Mit seinem Tod seien auch alle Zukunftspläne derer zunichte gemacht worden, die ihm als Jüngerinnen und Jünger gefolgt waren und viel dafür aufs Spiel gesetzt hatten. Völlig unerwartet wurde der Ostermorgen dann zu einem Moment in der Geschichte, in dem die Zukunft ihre Richtung geändert habe. 

„Gerade jetzt erleben wir wieder einen historischen Moment. Die Welt, wie wir sie kannten, löst sich gerade auf. Die Zukunft, die sehr anders sein wird als wir gedacht haben, erschließt sich noch nicht“, so der Bischof. Die Prognosen verhießen keinen einfachen, sondern eher langen und belastenden Weg. Dieser könne nur im gemeinsamen Schulterschluss aller in Europa und weltweit gemeistert werden, damit Ungleichheit und Ungerechtigkeit in den Lebensverhältnissen der Menschen dieser Erde sich nicht noch mehr vergrößere. Dies werde viel kosten und sei mit Einbußen des eigenen Wohlstands verbunden. „Aber ich bin überzeugt: Wenn wir durch Corona so eng und schicksalhaft zusammengerückt wurden, wie es alle planbare Globalisierung nicht annähernd vermocht hat, dann tragen wir auch Verantwortung füreinander und vor allem für die Schwachen, die Armen und besonders hart getroffene Regionen. Jetzt sind wir einander nah in der Krise. Wir haben es in der Hand, ob wir diese geschenkte Nähe festigen und zusammenrücken oder wieder auseinanderdriften“, sagte Bätzing. Die Krise lehre hoffentlich, wie sehr man aufeinander angewiesen sei. Niemand - kein Volk, kein Land, keine Wirtschaft - sei eine Insel. Alles hänge mit allem zusammen. Wenn es gelinge, die besten Kräfte und die mutigsten Ideen aller ins Spiel zu bringen, und wenn man zu einem erheblichen, auch persönlich spürbaren Opfer und Einsatz von Mitteln aus allen gesellschaftlichen Bereichen bereit sei, dann könne auch Corona zum Glücksfall der Geschichte werden. Dies müsse Christen sehr am Herzen liegen. 

Eine neue Kultur von Achtsamkeit und Verbundenheit

Die Krise könne zu einer Chance werden. Bätzing habe selten so viel Freundlichkeit und Humor erlebt, wie in diesen anstrengenden Wochen. „Mit so vielen bisher Unbekannten habe ich nie zuvor unterwegs gesprochen. Selten nehmen andere meine guten Wünsche und Aufmerksamkeiten so gern an und danken sie mir mit tollen Ideen“, erzählte der Bischof. Die digitale Technik würde genutzt, um gut in Verbindung zu bleiben. Es werde oft und lange telefoniert und kaum eine Nachricht ignoriert. Darin könne schon der Anfang einer neuen Kultur von Achtsamkeit und Verbundenheit gesehen werden. „Das ist alles nicht selbstverständlich, ganz und gar nicht. Da prägt sich aus, was unsere Zukunft ausmachen und zum Guten verändern kann“, sagte der Bischof.  

Was für die Gesellschaft gilt, gelte genauso für die katholische Kirche. Vielleicht zwinge Corona auch die Kirche zum Umdenken und zum Haltungswandel. „Wir waren sehr darauf bedacht, dass die Welt umkehren muss, als dass wir an unsere eigene Umkehr gedacht hätten“, sagte Bätzing. Es gehe nicht nur um eine Verbesserung, sondern um die Wende vom statischen Christsein zum dynamischen Christwerden. Die Kirche habe dann eine Zukunft, wenn sie selbst auf der Suche sei und an der Seite der suchenden Menschen stehe. Weg von den sicheren Gewissheiten, hin in die weite Welt der unruhig Bewegten. „Dies ist das Galiläa von heute“, so der Bischof. Dorthin sei der auferstandene Herr vorausgegangen und dorthin sollten Christen gehen, um den Gott zu suchen, der durch den Tod hindurchging. Wenn Gott nah und nicht zu fassen sei, dann müsste er gesucht werden.  

Stephan Schnelle

Pressesprecher

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