FRANKFURT, 22.05.2020
Studieren ohne Campusfeeling und Begegnung
Drei Fragen an Jun.-Prof. Dr. theol. Wolfgang Beck, Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt.
Aufgrund der Corona-Pandemie muss das Sommersemester 2020 digital stattfinden. Wie läuft das Studium nun genau ab?
Wir halten alle Seminare und Vorlesungen über verschiedene Video- und Onlineplattformen. Meiner Erfahrung nach funktioniert das bei uns auch gut. Alle Dozierenden variieren die Darstellungsform der Aufzeichnungen. Zum Beispiel lade ich keine Videos hoch, sondern gebe meine Vorlesungen live, sodass ein intensiverer Austausch mit den Studierenden entstehen kann. Mir ist wichtig, den Lernstoff interaktiv zu erarbeiten und gemeinsam zu diskutieren. Das gehört für mich zu einer Lehrveranstaltung dazu, dass die Dozenten nicht nur einen Monolog halten und sich Studierende auch einbringen können. Dozierende müssen sich momentan mehr Zeit für den Austausch mit Studierenden nehmen als sonst, vor allem für die, die am Anfang ihres Studiums stehen. Manche haben sich ihren Start ins Studium bestimmt anders vorgestellt. Das Campusfeeling, das normal zum Studium dazugehört, fällt momentan leider flach.
Welche Herausforderungen stellt das digitale Studium für Studierende und Dozierende dar?
Wir konnten das Sommersemester fristgerecht starten, weil wir auch schon vorher eine digitale Lernplattform verwendet haben. Die Nutzung der neuen Videoplattformen läuft ebenfalls problemlos. Allerdings gibt es einzelne Lehrveranstaltungen, bei denen es besonders auf eine Präsenz ankommt, die nun nicht möglich sind. Das betrifft die praktisch-theologischen Bereiche wie beispielsweise die Predigtausbildung, für die ich unter anderem zuständig bin. Da haben wir einiges in das Wintersemester verschoben. Das direkte und informelle Gespräch vor und nach den Lehrveranstaltungen kommt ebenso zu kurz. Das ist für mich ein großes Defizit. Für die Studierenden stellt die Bibliotheksnutzung ein großes Problem dar. Ähnlich wie an anderen Universitäten ist die Mehrheit der Bücher Präsenzbestand, nicht alle Werke sind bei uns digitalisiert, sodass die Ausleihe bei geschlossener Bibliothek derzeit sehr eingeschränkt ist. Digitalisierte Medien dürfen zudem aus rechtlichen Gründen nur vor Ort genutzt werden, was derzeit ein weiteres Problem darstellt. Was den Naturwissenschaftlern ihr Labor ist, ist für uns die Bibliothek. Dahingehend ist das Studieren momentan etwas schwieriger.
Was ist Ihr Fazit: Sollte das Theologiestudium auch in der Zukunft digital stattfinden?
Ich kann mir gut vorstellen, das Sommersemester unabhängig von Lockerungen weiterhin digital weiterzumachen. Ich habe den Eindruck, die Krise treibt das Studium und die Hochschularbeit voran. Nun gehören vielleicht manche Theologen und Theologinnen zu denen, die der Nutzung digitaler Medien etwas reservierter und zurückhaltender gegenüber stehen. Ich denke, dass das auch ein heilsamer Druck war, sich nun auf neue Medien einzulassen. Daher kann ich bislang nur ein positives Fazit ziehen. Unsere Studierenden werden uns nach dem Semester rückmelden, wie sie das Studium wahrgenommen haben, aber ich habe bislang noch keine großen Klagen gehört. Ich könnte mir vorstellen, dass einzelne Lehrveranstaltungen, auch wenn es aufgrund von Corona nicht mehr notwendig ist, künftig digital angeboten werden. Das wäre ein großer Lerneffekt für die Hochschule.
Wie geht es Erzieherinnen und Erziehern in der Notbetreuung? Mit welchen Gefühlen tritt ein Krankenhausseelsorger seinen Dienst an? Was macht ein Kirchenmusiker, wenn Chorproben und Gottesdienste ausfallen? Und wie organisieren Seelsorgerinnen und Seelsorger die Pastoral vor Ort? Das Bistum Limburg will mit einer neuen Reihe von Kurzinterviews einen Einblick in den Alltag von Menschen in Zeiten von Corona eröffnen. Alle Beiträge finden Sie auf unserer Themenseite: bistumlimburg.de/thema/drei-fragen/