Suchwort eingeben

LIMBURG, 09.12.2020

Ungewöhnliche Wege gehen

Der erste Lockdown im Frühjahr hat die Tagungs- und Gästehäuser im Bistum vor große Herausforderungen gestellt. Vieles hat sich seitdem verändert.

Stornierungen und Veranstaltungsabsagen: Das haben die Tagungs- und Gästehäuser im Bistum Limburg im Frühjahr zu spüren bekommen. Nachdem dort die Buchungen weggebrochen sind, hat sich vieles verändert, sowohl in den Häusern, als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das Haus am Dom in Frankfurt, das Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden und das Limburger Priesterseminar: Sie alle haben eigene Wege entwickelt. Doch nun ist der zweite Lockdown da und bringt neue Herausforderungen mit sich. Davon erzählen die Geschäfts- und Hausleiterinnen Andrea Hörner und Gertrud Nassal sowie Hausleiter Marco Gasparini. Einig sind sich alle drei: Ohne das Engagement und die Flexibilität der Mitarbeitenden, könnten sie diese Zeit nicht so gut bewältigen.

Chance in der Pandemie

Normalität ist aktuell noch nicht in Sicht. Auch wenn der zweite Lockdown nicht so hart ausfällt wie der erste, dürfen keine Besucher mehr ins Haus am Dom, die Veranstaltungen werden ausschließlich online gestreamt. Doch darin hat das Haus am Dom mittlerweile Routine.

Auch die Buchungsanfragen für das kommende Jahr halten sich noch in Grenzen, vieles verlagert sich in das zweite Halbjahr 2021. „Dennoch ist mein Eindruck, dass die Leute bei Anfragen zwar vorsichtiger sind, aber nicht vermeidend“, so Hörner. Sie sieht auch eine Chance in der Pandemie: „Mit den Liveübertragungen erzielen wir große Erfolge, teilweise sehen viel mehr Menschen zu, als wenn wir die Veranstaltungen live durchführen.‘‘ Deshalb könne sie sich durchaus vorstellen, dass Liveübertragungen auch nach der Coronakrise weiter angeboten würden.  

Hybride Veranstaltungen werden zum Alltag

Seit der Wiedereröffnung im Mai führt das Haus am Dom seine Veranstaltungen nun überwiegend hybrid durch: Mit wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor Ort und vielen Menschen vor den Bildschirmen. Livestreams sind mittlerweile Standards. Dazu musste während des Lockdowns zunächst die Technik aufgerüstet werden. „Unser Tagungsmanager hat sich um die Technik gekümmert und hat Kameras, Licht und Mikrofone für die Livestreams arrangiert“, sagt Hörner.

Die Mehrheit der Belegschaft arbeitete mobil von Zuhause. „Wir haben uns per Videokonferenzen ausgetauscht. Vor Ort waren nur der Tagungsmanager, der Hausmeister, ein Mitarbeiter an der Rezeption und ich. Wir haben das Haus für die Zeit nach dem Lockdown aufgerüstet, zum Beispiel, indem wir Trennscheiben angebracht haben“, erinnert sich die Geschäftsführerin. Als die Belegschaft im Mai zurückkehren konnte, war die Freude groß. Allerdings fallen nach wie vor viele Gemeinschaftsaktivitäten aus: das gemeinsame Mittagessen einmal im Monat, das traditionelle Flurcafé und auch der Betriebssport.

Altes loslassen

Die Situation hat das Team vor große Herausforderungen gestellt, alles musste umorganisiert werden. „Wir haben als erstes die Stühle ausgeräumt und die Räume ausgemessen, damit wir wissen, wie die Kapazität nach dem Lockdown aussehen könnte“, sagt Hörner. So musste im großen Saal die Teilnehmerzahl von 200 auf 46 und im Giebelsaal von 100 auf 20 Personen reduziert werden. Teilweise wurden Veranstaltungsformate verändert, beispielsweise gibt es nun feste Sitzplätze. Hinzu kommt, dass das Programm der Akademie Rabanus Maurus vielfältig ist, jede Veranstaltung hat eine eigene Logik. „Das mussten wir alles vereinfachen, sodass wir nicht jedes Mal das Rad wieder neu erfinden müssen. Das hat viel Zeit und viele Gespräche in Anspruch genommen. Wir mussten Altes loslassen“, so Hörner.

„Es war plötzlich wie in einem Geisterhaus“, sagt Andrea Hörner. Sie ist die Geschäftsführerin des Haus am Dom. Das katholische Kultur- und Begegnungszentrum ist Tagungshaus und Veranstaltungsstätte. Außerdem beherbergt es Einrichtungen des Bistums, darunter die Katholische Erwachsenenbildung, die Frankfurter Stadtkirche und das Dommuseum. Die Katholische Akademie Rabanus Maurus bietet dort Podien, Gesprächsrunden, Filmreihen und Akademietagungen zu aktuellen gesellschaftlichen, religiösen und kulturellen Themen an. Daneben vermietet das Haus am Dom seine Räumlichkeiten auch an externe Firmen. Als es im März 2020 zum Lockdown kam, wurden alle Veranstaltungen abgesagt. „Erst blieben die Gäste weg und dann waren auf einmal die Flure leer, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Heimarbeit geschickt wurden“, erzählt Hörner.

Ein Blick in die Zukunft

Der erneute Teillockdown stellt das Haus wieder vor große Herausforderungen. Im Dezember war der Belegungskalender in den vergangenen Jahren immer mit zahlreichen Adventsfeiern gefüllt, diese müssen 2020 komplett ausfallen. Dennoch versucht das Team des Tagungshauses das Beste aus der Situation zu machen. Zurzeit wird geprüft, wie das Angebot erweitert werden kann. Die Hoffnung ruht auf dem neuen Jahr. Dafür sind bereits Buchungen da. Die Anfragen für größere Veranstaltungen sind allerdings verhalten, da vieles nicht planbar ist. Viele Buchungen kommen kurzfristig und sind unverbindlicher als noch vor einem Jahr. Die Vorbereitungen konzentrieren sich jetzt auf das nächste Frühjahr. Dann sollen Veranstaltungen vermehrt auf dem Außengelände des Priesterseminars stattfinden.

Weniger Verpflegung, mehr Technik

Mit den ersten Lockerungen Mitte Mai kamen auch die Anfragen für Veranstaltungen im Priesterseminar zurück. Dank der guten Vorbereitung und des umfangreichen Hygienekonzepts konnten diese sofort angenommen werden. „Wir waren so froh, auch wenn es zunächst nur kleinere, interne Gruppen waren, die zu uns kamen. Es standen endlich wieder Autos auf dem Parkplatz und es war wieder Leben im Haus“, erzählt Nassal. Und auch für die Gäste sei das Tagen, trotz der ganzen Umstrukturierungen, angenehm gewesen, berichtet die Verwaltungsleiterin.

Zu den Umstrukturierungen gehört unter anderem eine bessere Ausstattung in Sachen Technik, denn Besprechungen in großen Runden waren auch nach dem Lockdown häufig nicht möglich. Zudem wurde das hausinterne Verpflegungsangebot an die neuen Bestimmungen angepasst. Vor der Corona-Pandemie konnten die Gäste im Priesterseminar aus einem großen Buffetangebot beim Frühstück, Mittag- und Abendessen wählen. Auch im Foyer wurden Kaffeepausen zentral angeboten und viele Gruppen nutzten die Pausen zum Austausch. Zurzeit sind nur noch getrennte Kaffeepausen möglich, damit sich die Gruppen aus den verschiedenen Tagungen nicht mischen. Statt eines Buffetangebots im Speisesaal werden die Speisen nun direkt serviert.

KURZARBEIT WAR THEMA

Zu Beginn des Lockdowns war also jeder beschäftigt. „Die Stimmung war da noch ziemlich gut. Wir hatten viele Mitarbeitergespräche und das Team war sehr motiviert. Auch in Bezug auf die Abstandsregeln gab es keine Probleme, das Priesterseminar ist ja groß genug“, sagt Nassal. Doch als es mit der Zeit noch keine Aussicht auf Lockerungen gab, sei die Verunsicherung gewachsen. Buchungen blieben aus, viele Reservierungen wurden storniert, die wirtschaftlichen Einbußen wuchsen – ein großes Problem für das Tagungshaus, das wirtschaftlich an seinen Zahlen gemessen wird. „Da ist so langsam die Stimmung gekippt, alle fragten sich, wie lange der Zustand noch andauert. Sogar Kurzarbeit war ein Thema“, sagt Nassal.

Dazu kam es jedoch nicht. Zum einen, weil es sich beim Priesterseminar nicht nur um ein reines Tagungs- und Gästehaus handelt, sondern weil es auch bistumseigene Einrichtungen beherbergt, darunter die Abteilung Personalausbildung, das Ressort Kirchenentwicklung, das Diözesanarchiv und die Diözesanbibliothek. Zum anderen standen die Diakonen- und Priesterweihe an. Hier sollte es einen kleinen Empfang nach den Weihen geben, der jedoch kurzfristig wieder abgesagt werden musste. Dennoch konnten die Priesterkandidaten ihre Exerzitien vor der Weihe im Haus durchführen.

Tagen, übernachten und wohlfühlen: Neben seiner Funktion als Ausbildungsort für seelsorgliche Berufe im Bistum bietet das Limburger Priesterseminar als Tagungs- und Gästehaus Platz für Fortbildungen, mehrtägige Veranstaltungen, Feste und Empfänge.

„Die Vermietung unserer Konferenzräume ist unser Hauptgeschäft, aber auch Übernachtungsgäste tragen zur Auslastung bei“, erzählt Getrud Nassal, die Verwaltungsleiterin des Priesterseminars. „Unsere Konferenzräume sind normalerweise zu 80 Prozent ausgelastet. Hauptsächlich kommen bistumseigene und kirchliche Gruppen zu Konferenzen oder Besprechungen zu uns“. Während des Lockdowns wurde es dann aber still im Haus, denn es musste seine sieben Konferenz- und Besprechungsräume schließen. Diese bieten normalerweise Platz für zehn bis 150 Personen.

Die Zeit während des Lockdowns hat das Team des Priesterseminars genutzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren mit Reinigungs- und Renovierungsarbeiten beschäftigt. Die Aula erhielt einen neuen Anstrich in Eigenleistung. Auch im Park und Garten wurde auf Fremdfirmen verzichtet, alle anfallenden Arbeiten wurden mit dem vorhandenem Personal geleistet. Nassal entwickelte ein Hygienekonzept für die Eröffnung nach dem Lockdown. Arbeitsprozesse und -abläufe wurden optimiert und für Wiedereröffnung vorbereitet. Der Buffetbereich wurde neu konzeptioniert und umgestaltet.

Nach dem Lockdown – ist vor dem Lockdown

Nach einem Monat konnte das Personal Anfang Juni zum Teil aus der Kurzarbeit zurückkehren. Das Wilhelm-Kempf-Haus wurde unter strengen Auflagen wieder eröffnet: Um den Mindestabstand von 1,50m zu gewährleisten, musste die Kapazität von 260 auf 130 Gäste halbiert werden. Zudem wurden viele Veranstaltungen ins Freie verlegt. Mit einem umfassenden Hygienekonzept hat sich Gasparini und sein Team auch auf den Winter vorbereitet und unter anderem Luftreiniger für die Räume angeschafft, die nicht aktiv belüftet werden können. Doch durch den zweiten Lockdown wurden viele Veranstaltungen erneut abgesagt. Aktuell ist das Haus nur zu sieben Prozent ausgelastet – normalerweise ist der November jedoch der stärkste Monat. „Es ist also nicht nur ein bisschen weniger geworden, sondern viel weniger“, sagt Gasparini.

Die Planungszyklen haben sich enorm verkürzt, kurzfristige Stornierungen sind zurzeit Alltag. Das Wilhelm-Kempf-Haus hat sich diesen Gegebenheiten angepasst. Hier ist die Erfahrung der langjährigen Mitarbeitenden ein echtes Plus, weiß Gasparini zu berichten. Mit Sorge blickt das Team jedoch in das nächste Jahr. Schon jetzt sind viele Veranstaltungen für die ersten zwei Quartale abgesagt worden. „Auch 2021 wird kein normales Jahr werden. Die Kurzarbeit wird uns länger begleiten“, schätzt Gasparini. Seine Hoffnung ruht auf dem letzten Quartal 2021, vielleicht geht es dann wieder bergauf – das zumindest wünscht sich der Hausleiter für das gesamte Team.

Kurzarbeit ist Hilfe

„Wir haben in den ersten vier bis fünf Wochen des Lockdowns versucht, alles zu erledigen, was liegen geblieben ist. Wir haben renoviert, geputzt, gemalert“, erzählt Gasparini. Doch irgendwann war nichts mehr zu tun. „Wir sahen uns mit einer gewissen Arbeitslosigkeit im engsten Wortsinne konfrontiert“, sagt Gasparini. Und so wurden alle Mitarbeitenden ab dem 2. Mai in Kurzarbeit geschickt. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Küche oder der Reinigung konnten ja schlecht ins Homeoffice gehen. Ihre Arbeit ist hier vor Ort“, so Gasparini. Deshalb sei die Kurzarbeit auch als Erleichterung wahrgenommen worden, „weil das Personal ohne schlechtes Gewissen nach Hause gehen konnte. Das war besser, als zur Arbeit zu gehen und nichts zu tun zu haben – und vor allem hat die Kurzarbeit unser Personal vor Schlimmerem bewahrt“, so der Leiter des Hauses weiter. 

„Mit den Lockdown-Regelungen ist das torpediert worden, was wir als Tagungshäuser immer wieder versuchen: Nämlich Orte zu schaffen, die der Vergemeinschaftung dienen“, sagt der Leiter des Wilhelm-Kempf-Hauses Marco Gasparini. Das zentrale Tagungshaus im Bistum Limburg wird nicht nur von bistumsinternen Gruppen gebucht. Vereine, Schulen, Chöre, staatliche Organisation aber auch viele Firmen führen ihre Veranstaltungen im Wilhelm-Kempf-Haus durch. „Die Gruppen kommen aus zwei Gründen: Sie bringen ein Thema mit, das sie in der Zeit bei uns behandeln möchten, und sie wollen etwas für die Gemeinschaft tun“, erzählt Gasparini, „Gemeinschaft schaffen, das hat aber immer auch etwas mit Nähe zu tun. Und das ist aktuell einfach nicht möglich“, so Gasparini.

Gelegen im nördlichsten Stadtteil Wiesbadens im Naturpark Rhein-Taunus sind normalerweise bis zu 260 Personen pro Tag in den 17 Konferenzräumen des Hauses verteilt. Insgesamt stehen 55 Einzelzimmer und 30 Zweibettzimmer zu Verfügung. Im Frühjahr standen plötzlich alle Räume leer. Lockdownbedingt musste das Haus für Gäste geschlossen werden.

Caroline Beese

Redakteurin der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Zum Anfang der Seite springen