LIMBURG, 26.04.2021
Streiten für die gute Sache
Mit einem festlichen Pontifikalamt am Sonntag, 25. April, hat das Bistum Limburg seinen Patron, den Heiligen Georg, gefeiert. „Der Drachentöter als jugendlicher Ritter mit Pferd und Lanze nimmt den Kampf mit dem Ungetüm auf. Und er siegt. Das ist die ganze Geschichte. Sie ist, wollte man in den Begriffen von Werbung und Medienkultur sprechen, zu einer der erfolgreichsten Marken im Spektrum der christlichen Heiligenverehrung geworden“, sagte Bischof Dr. Georg Bätzing in seiner Predigt. Auch im Islam gelte Georg unter dem Namen Circis als Prophet, der bestrebt gewesen sei, das Christentum zu verbreiten.
Dies drücke sich auch in Bildern und Legenden aus: Georg, der ritterliche Heilige, habe die aufblühende Kirche im römischen Reich gegen die Übermacht der Verfolger verteidigt. Die Jungfrau und Königstochter stehe für die Kirche. Der Märtyrer springe unter Einsatz seines Lebens in die Bresche und rette sie. Dieses Zeugnis hätte viele Neuchristen, die bedroht wurden und daher bereit waren, dem Glauben abzuschwören, Kraft und Mut gegeben und sie seien Gott treu geblieben. „Der Glaube an den auferstandenen Herrn bleibt nicht unangefochten, er wird sich bewähren müssen, man muss darum kämpfen, sonst droht er verloren zu gehen“, so Bätzing.
Reflexion von Krise und Hoffnung
Die Georgslegende reflektiere neben der Auferstehungshoffnung auch eine der größten Krisen der frühen Kirche. Und sie mache deutlich, dass die Kraft des Glaubens stark sei und im sprichwörtlichen Sinne fähig, Berge zu versetzen. Die Geschichte über den Heiligen Georg sei so überzeugend gesetzt, dass sie die Jahrhunderte überdauert habe und sich auch in sehr verschiedenen Kontexten bewahren konnte. In der Spätantike und im Hochmittelalter war er Identifikationsfigur und noch im Jahr 2005 beschloss der Landtag des österreichischen Bundeslandes Tirol, Georg neben Josef zum zweiten Landespatron zu erklären. „Nicht zuletzt ist unser Dom seit beinahe 800 Jahren steinernes Zeugnis für den Zugewinn an Mut und Bestärkung, den Menschen aus der Verehrung unseres Patrons für ihren Glauben beziehen. Denn dieser Glaube hat sich in vielen großen und kleinen Kämpfen durchs Leben hindurch zu bewähren“, sagte der Bischof von Limburg.
Geschichten transportieren Gewissheiten
Geschichten erzählen, das sogenannte „Storytelling“, sei also eine kluge Weise, Wissen zu vermitteln. Um etwas einsehbar und annehmbar zu machen, bräuchten Menschen Geschichten, Erzählungen, mit denen sich Gefühle und Gewissheiten transportieren ließen. Es gebe aber auch Legenden, Geschichten, Narrative, die kein Anrecht auf ewige Gültigkeit haben. „Manche passen einfach nicht mehr, etwa das der Konsumgesellschaft und des beständigen Fortschritts. Dass nämlich eine dauernde Mehrung des materiellen Wohlstands auch zu einer fortwährenden Steigerung des individuellen Glücks der Menschen führt, diese Erzählung ist an ihr Ende gekommen“, sagte Bätzing. Noch sei unklar, was an ihre Stelle treten könne. Es sei aber deutlich erkennbar, dass es Geschichten brauche, die auf Wege führten, Glück nicht egoistisch sondern solidarisch zu finden, weniger durch Haben und Besitzen, als durch Teilen und Rücksichtnahme. „Wie sonst sollten wir weltweit krisenfester werden in den ganz sicher kommenden Situationen, die der sich beschleunigende Klimawandel und die davon ausgelösten Migrationsbewegungen bringen werden – krisensicherer, solidarischer und gerechter, als wir es in diesen Corona-Zeiten hinbekommen. Ja, auch in dieser Krisenzeit tun die erzählten Geschichten von Menschen gut, die alles daran setzen, Leben zu schützen und für andere in die Bresche zu springen. Viele solcher Geschichten brauchen wir als Ermutigung – und als Gegenpart zu den simplen und falschen Verschwörungsmythen, die tausendfach im Netz geteilt werden“, sagte der Bischof.
Das ehrliche Ringen um jede und jeden Einzelnen
Auch die Kirche sei immer schon eine Erzählgemeinschaft gewesen. Und sie wisse, was sie an den großen Geschichten habe, die beispielsweise an Ostern zu hören gewesen seien. Doch welche Geschichten könnten helfen, durch diese durch und durch krisenhafte Zeit in der Kirche zu kommen, fragte der Bischof. Es sei eine Zeit, in der die einen nach vorne preschen und grundlegende Veränderungen forderten, während die anderen bereits hinter jeder kleinen Bewegung Verrat witterten. „Das Zweite Vatikanische Konzil hat uns mit den Bildern vom pilgernden Gottesvolk und der gegliederten Gemeinschaft der Kirche als Communio großartige Visionen geschenkt, und sie sind längst noch nicht ausbuchstabiert in die Wirklichkeit kirchlichen Lebens auf allen Ebenen. Es sind Bilder der Harmonie, des guten Miteinanders, der weltweiten Verbundenheit und des Christusbezugs, der vor allem in der sakramentalen Prägung der Kirche ihren Ausdruck findet“, so Bischof Bätzing.
Für den Bischof braucht es einen gesunden Wettkampf der besten Kräfte und Argumente in der Kirche, um wieder Menschen für Christus zu gewinnen. Es brauche das ehrliche Ringen um jede und jeden Einzelnen, damit die Kirche nicht verelende, weil sie immer mehr Menschen verliere, die zur Überzeugung gelangt seien, dass sie ihren Glauben besser ohne die Institution Kirche verwirklichen könnten. „ Ich wünsche mir, dass wir in der Weltkirche und unterwegs auf dem Synodalen Weg edel miteinander streiten, dass gerungen wird um mögliche und nötige Veränderungen, damit der Schatz des Glaubens, den wir in zerbrechlichen Gefäßen tragen, Menschen heute begeistert und mit dem lebendigen Gott in Verbindung bringt. In diesem guten Anliegen hat die Georgslegende als leitendes Narrativ bei Leibe nicht ausgedient“, sagte Bätzing.
Gedanken zum Georgsfest und die Predigt zum Download
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Gedanken zum Georgsfest 2021
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Die Predigt im Wortlaut