WIESBADEN, 03.09.2021
Bischof Georg Bätzing will Wiesbaden erobern

Die katholische Kirche ist ein wichtiger und geschätzter Partner der Landeshauptstadt: Das hat der Wiesbadener Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) am Freitag, 3. September, bei einem Empfang im Rathaus Bischof Georg Bätzing gegenüber versichert. Auch die beiden anderen Redner hoben die gute Zusammenarbeit hervor. Als „stabile Säule des Gemeinwesens“ bezeichnete Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Obermayr die Kirche: „Wir kooperieren in positivster und bester Form.“ Anlässlich seiner Visitation der katholischen Kirche in der Stadt, war der Bischof – wie bereits vor knapp fünf Jahren nach seiner Amtseinführung – zu Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Stadtgesellschaft geladen. Die sei eine „besondere Ehre“ für ihn und die katholischen Christen der Stadt, sagte er.
Halt gegeben in schwieriger Zeit
Dass das Bistum damals schwierige Zeiten hinter sich hatte, daran knüpfte der Oberbürgermeister in seinen Begrüßungsworten an und verband diese Erinnerung mit einem Kompliment. Viele Gläubige hätten ihren neuen Bischof mit einer Mischung aus Neugier, Wohlwollen und Hoffnung empfangen. Seinem Eindruck nach „haben Sie diese Hoffnungen erfüllt.“ Ernste Worte fand Mende in Bezug auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die großen Seelennöte und der Schmerz vieler Menschen, die von Sterbenden nicht richtig Abschied nehmen konnten, „haben auch uns Entscheidungsträgern buchstäblich auf die Seele gedrückt.“ Ebenso die Überlegungen, wie Beisetzungen unter den Bedingungen der Pandemie würdig und sicher gestaltet werden konnten. Die Aufgabe der Seelsorge sei unter dieser besonderen Last besonders wichtig gewesen. Die Kirche habe gezeigt, so der Oberbürgermeister, dass sie in der Lage sei, Halt zu geben in dieser schwierigen Zeit.
Für dieselben Menschen da
Auf den gemeinsamen, großen Auftrag von Kirche und Politik verwies Bischof Bätzing in seiner Ansprache: „Wir sind da für dieselben Menschen.“ Für beide großen Kirchen gelte, dass sie nicht nur für die Mitglieder da seien, sondern diese Gesellschaft mit gestalten wollten. „Der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist uns ein echtes Anliegen und wir tun viel dafür.“, versicherte er und würdigte die lange Tradition der vom Bürgertum geprägten Landeshauptstadt, „auch die Nöte in den Blick zu nehmen.“ Das in diesem Zusammenhang überall spürbare große Engagement von Ehrenamtlichen mache ihn stolz. Auch die Besuche in den drei katholischen Pfarreien, alle mit sehr unterschiedlichem Profil, hätten ihn ermutigt, zog der Bischof schon ein kurzes Resümee seiner Visitation. Die Menschen in den Pfarreien ließen sich auf die sie umgebenden Milieus ein. Schließlich sei sozialraumorientierte Arbeit ein wesentlicher Teil dessen, was christliche Arbeit ausmache. An die Vertreter der Stadt richtete der Gast aus Limburg einen eigenen Dank: Dass die Kooperation besonders gut sei, habe er bei seinen Besuchen immer wieder erfahren.
Für die Vertrauenskrise den Buckel hinhalten
In diesen Dank schloss er auch das Engagement der Stadt beim Wohnungsbau ein. Das Bistum selbst startet im Rahmen der Kirchenentwicklung gerade eine eigene Wohnraumoffensive, die Expertise, Lobbyarbeit und konkrete Projekte miteinander verbinden will. In Bezug auf die lebendige Ökumene in der Stadt habe vor allem die Migration seit 2015 gezeigt, dass Christenheit viel mehr sei als katholisch und evangelisch. Damit verbunden seien neue Herausforderungen des Lernens und die Frage, wie Integrationsarbeit geleistet werden könne, „so dass wir mit einem deutlichen Zeugnis in die Stadtgesellschaft hinein wirken.“ Auch die massive Vertrauenskrise durch den aufgedeckten Missbrauch und die mangelnde Aufarbeitung sparte der Bischof in seinen Worten nicht aus. Erschüttert davon seien insbesondere die hoch engagierten Christinnen und Christen. Er sei auch in Wiesbaden, um diese Menschen zu stärken, die der Kirche ein Gesicht gäben. Er wisse, dass sie diese Vertrauenskrise persönlich trügen und dafür „den Buckel hinhalten“.
Austausch auf Augenhöhe
Mit seinen abschließenden Worten, in denen er seinem Wunsch Ausdruck verlieh, mal einfach so ein paar Tage hier zu verbringen, um „diese wunderbare Stadt“ zu erobern, eroberte der Bischof zumindest schon einmal die Herzen der anwesenden Wiesbadener. Mit dieser Vorgabe war der herzliche Ton für die anschließende Begegnung auf Augenhöhe gesetzt, die er sich für diese Gelegenheit gewünscht hatte. Gesprächspartner für den Bischof waren von Stadtseite unter anderem Bürgermeister Dr. Oliver Franz und Stadtrat Christoph Manjura, aus der katholischen Kirche Stadtdekan Klaus Nebel und Pfarrer Frank Schindling, die evangelische Kirche war vertreten durch Präses Gabriele Schmidt, die jüdische Gemeinde durch Dr. Jacob Gutmark. Außerdem waren zahlreiche Vertreter der katholischen Gremien und Verbände zu Gast.