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LIMBURG, 15.04.2022

Alles aus Liebe hingegeben

Der Kreuzest Jesu mache deutlich, dass Gott aus Liebe bereit ist, alles hinzugeben. Dies hat Bischof Georg in seiner Karfreitagspredigt erklärt.

Am Karfreitag erinnert die Kirche an den Kreuzestod Jesu. „Das Leiden des Sohnes Gottes ruft die Frage nach dem Sinn des Leidens insgesamt auf“, sagte Bischof Dr. Georg Bätzing am Karfreitag, 15. April, im Hohen Dom zu Limburg. Um 15 Uhr, der Todesstunde Jesu, feierte der Bischof von Limburg und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz mit hunderten Gläubigen die Liturgie vom Leiden und Sterben Christi. Der Gottesdienst war zudem live auf dem Youtubekanal und der Facebookseite der Diözese zu sehen. 

Es gebe viele Menschen, so Bätzing, die unverschuldet in Not geraten seien oder denen bewusst und brutal Leid zugefügt werde. Sie alle bräuchten aktive Unterstützung, Solidarität und Sympathie. Es müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, um ungerechte Strukturen anzuprangern und politisch auf Veränderung zu drängen. Es sei wichtig, gut und richtig, dass es in Europa eine offenherzige Bereitschaft gebe, Menschen in dieser unverschuldeten Not zu helfen und beispielsweise den aus der Ukraine geflüchteten Frauen, Kindern und älteren Menschen ein warmherziges Willkommen zu bereiten. Es gebe aber auch Leid, das nicht zu ändern sei, wie etwa plötzliche Krankheiten oder andere Schicksalsschläge. „Ich kenne Menschen, die solche Zumutungen tragen können, weil sie sie mit dem Leiden des gekreuzigten Herrn verbinden. Er hat bis zum letzten Atemzug vorgelebt, dass ihm nichts genommen werden konnte, weil er zuvor bereits alles aus Liebe hingegeben hat“, sagte der Bischof. 

Tod Christi ist nicht das Ende der Möglichkeiten Gottes

Bätzing machte deutlich, dass der Tod Christi nicht das Ende der Möglichkeiten Gottes oder Resignation bedeute, sondern Erlösung und Freiheit bringe. Jesus sei dazu geboren worden und in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Jeder, der aus der Wahrheit sei, höre auf seine Stimme. Deshalb hätten die dreisten Versuche von Machthabern, sich der Wahrheit zu bemächtigen und sie so zu verdrehen, dass sie ihren Zielen passend erscheinen, keine Chance. Ebenso stehe es um offenkundige Lügen, die einen schier sprachlos zurückließen und die niederknüppelten, wegsperrten oder umbrächten, die den Mund auftäten. „Im Licht dessen betrachtet, der in seiner Passion souverän dem Versuch des römischen Statthalters widerstanden hat, ihn zu korrumpieren; im Licht des Geschickes Jesu, dessen gewaltsamer Tod für Gott nicht das Ende seiner Möglichkeiten bedeutet hat“, so der Bischof. In diesem Licht werde klar, dass alle schändlichen Versuche, zu unterdrücken, was wahr ist und zur Freiheit führe, auf Dauer keinen Erfolg haben werden. 

Das Kreuz Jesu wird zum Hoffnungszeichen

Der Tod Jesu sei nur mit Blick auf seine Auferstehung zu ertragen. Sein Leiden umzudeuten sei die entscheidende Glaubenskunst des Christlichen. Die Umdeutung bedeute nicht, dass das Leiden und der Kreuzestod Jesu vergessen oder verschwiegen würden. Das Evangelium, das von den vier Evangelisten niedergeschrieben wurde, beschreibe die Leidensgeschichte sogar in vielen Details und stelle es in Dialogen ausführlich dar. Die Passion werde so zu einem Schwerpunkt der christlichen Verkündigung. „Was durch die Intrigen der Gegner Jesu und das Machtkalkül der römischen Besatzer zerbrochen und verloren schien, wird so als das erkannt, was es in den Augen Gottes wirklich ist“, so Bätzing. Angelehnt an dem emphatischen Ruf des Apostels Paulus im Galaterbrief (Gal 6, 14) stehe diese Deutung als Eingangsvers über der Liturgie der „Heiligen Drei Tage“ von Gründonnerstag bis Ostern: „Wir rühmen uns des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus. In ihm ist uns Heil geworden und Auferstehung und Leben. Durch ihn sind wir erlöst und bereit.“ Was sich heute so vertraut anhöre, sei eine wahre Meisterleistung am Ursprung der christlichen Religion. Ohne diese, von Gott selbst in der Auferweckung seines Sohnes initiierte, Umdeutung gebe es heute keine Christinnen und Christen. 

Auftrag zur solidarischen Zeitgenossenschaft

Bischof Bätzing ist zudem beeindruckt von der unverhohlenen Ehrlichkeit, mit der die Evangelien über die Einsamkeit und Verlassenheit Jesu in seinem Leiden berichten. „Für mich ist das Auftrag, mich solidarisch mit jenen Zeitgenossen zu verbinden, denen Gott offensichtlich verloren gegangen ist; die ihn im Laufe ihres Lebens gar nicht kennenlernen konnten oder aber irgendwie schleichend verlernt haben, mit Gott zu rechnen“, sagte der Bischof. Es gehöre zur Glaubenskunst des Christlichen, das, was dem Menschen im Leben fragwürdig, unverständlich, anstößig, belastend, leidvoll entgegentrete, in den großen Horizont des Leidens und Sterbens Jesu einzutragen. Und zwar hoffend, dass sich so etwas verändert und ein tieferer Sinn erschließe. 

Stephan Schnelle

Pressesprecher

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