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LIMBURG, 15.11.2022

Tierischer Besuch hinter Gittern

Vom heimischen Körbchen in den Knast geht es für die Hunde vom Besuchs- und Begleitungsdienst der Malteser im Bistum Limburg. Alle zwei Wochen gehen Ehrenamtliche mit ihren Vierbeinern in die JVA Limburg und leihen den Insassen dort für eine Stunde ihren Hund aus.

„Wenn du ein bisschen Futter in die Hand nimmst, klappt es bestimmt besser. Das ist ein Labrador, Essen geht da immer“, ruft Lisa Bill von den Maltesern dem Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Limburg zu. Er versucht gerade, mit Hund Bailey im Slalom um die anderen Hunde herumzulaufen. Doch der verspielte Labrador mit beigem Fell läuft immer wieder woanders hin. Bis der Inhaftierte in seine Tasche greift und ihn mit Leckerlis ködert. Plötzlich weicht ihm Bailey nicht mehr von der Seite.

Alle zwei Wochen besuchen Ehrenamtliche mit ihren Hunden ausgewählte Gefangene in der JVA Limburg und leihen ihnen für eine Stunde ihre Vierbeiner aus. Während dieser Zeit können diese unter Anleitung einer Ehrenamtlichen mit den Hunden – ähnlich wie in einer Hundeschule – trainieren. Für die Gefangenen ist der Malteser Besuchs- und Begleitungsdienst mit Hund (BBD) eine willkommene Abwechslung zum Haftalltag. In der JVA Limburg sitzen mehr als 50 Männer in Untersuchungshaft – von Kleinkriminellen bis hin zu Mördern. Für viele Insassen komme es am Anfang zu einem sogenannten Inhaftierungsschock, erklärt Mandy Texter, Leiterin des Sozialdienstes in der JVA. „Das bedeutet, dass sich die Insassen erst einmal in den Haftalltag einfinden müssen. Die Begegnung mit den Hunden kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten“, sagt sie. Weiterhin solle die Interaktion mit den Hunden auch zur Resozialisierung beitragen. Der Sozialdienst betreut das Projekt der Malteser in der JVA und begleitet die Besuche.

Meterhohe Knastmauern und ein bunter Hindernis-Parcours

Genug Platz für das Training bietet die Kunstrasenfläche auf dem Innenhof der JVA. Wenn die Hunde kommen, sind dort immer viele Hindernisse aufgebaut: orangefarbene Hütchen, Hürden in verschiedenen Höhen oder auch ein blaues Tunnelzelt. Die Hindernisse stehen im Kontrast zu den tristen, meterhohen Mauern mit Stacheldraht, die den Kunstrasen von drei Seiten umgeben. Die vierte Seite bildet das Gebäude selbst. Hinter den zahllosen Fenstern mit Gittern blitzt ab und an ein Gesicht hindurch. Kein Wunder, denn auf dem Kunstrasen ist gerade einiges los. Bailey ist nämlich nicht der einzige Hund an diesem Freitag. Mit ihm sind auch noch vier weitere Hunde gekommen: Dackelhündin Fine, Viszla Paul, Mischlingshündin Nelli und Havaneser Rocky. Ein Justizvollzugsbeamter ist während des gesamten Besuchs dabei und garantiert für die Sicherheit.

Während sich die Hundebesitzerinnen und -besitzer an der Seite unterhalten, hat Lisa Bill bereits die nächste Aufgabe für die Gefangenen parat: Sie sollen die Hunde durch das Tunnelzelt lotsen. Mit einem Leckerli lockt der Gefangene, der sich heute Viszla Paul ausgesucht hat, den Vierbeiner zum Zelteingang. „Komm Paul“, sagt er, doch Paul tut sich noch etwas schwer. „Er ist heute zum ersten Mal als Besuchshund Hund im Einsatz“, erklärt Lisa Bill. Nach ein paar Versuchen hat der braune Viszla dann aber verstanden und läuft gleich mehrmals durch das Zelt.  

Ausbildung bereitet Hunde und Besitzer vor

Die Hunde sind für solche Besuche trainiert. Auch wenn prinzipiell jeder Hund bei dem Angebot der Malteser mitmachen kann, ist eine kleine Ausbildung Pflicht. Dazu gehören ein Theorie- und ein Praxisteil. „Dabei führen die Hunde Bedrängungsübungen durch und lernen Schrecksituationen kennen. Weil wir auch in Alten- und Pflegeheimen zu Besuch sind, werden sie zudem mit Gehhilfen, Rollatoren und Rollstühlen bekannt gemacht. Und auch die Besitzerinnen und Besitzer werden geschult, sodass sie erkennen können, wenn der Hund zu viel Stress hat und besser aus der Situation herausgeholt werden sollte“, erklärt Silke Kaltwasser. Sie leitet den Besuchs- und Begleitungsdienst ehrenamtlich. Ihr Havaneser Rocky ist an diesem Tag auch dabei.

„So, in zehn Minuten geht’s für euch zurück in die Zellen“, ruft der Justizvollzugsbeamte. „Ihr könnt die restliche Zeit mit den Hunden frei nutzen“, sagt Lisa Bill. Während sich der Insasse mit Viszla Paul nochmal an den Hürden versucht, wird Mischlingshündin Nelli mit Streicheleinheiten verwöhnt. Dann ist die Stunde auch schon um. Der Justizvollzugsbeamte holt seinen Schlüssel heraus und schließt die Tür auf, die zu den Zellen führt. Etwas wehmütig gehen die Gefangenen zurück. Einer blickt sich noch einmal nach den Hunden um, bevor der JVA Beamte die Tür hinter ihm schließt. Erst, als garantiert ist, dass die Insassen wieder sicher in ihren Zellen eingeschlossen sind, dürfen die Ehrenamtlichen vom Malteser Besuchs- und Begleitungsdienst mit ihren Hunden das Gefängnis in die Freiheit verlassen.

Caroline Beese

Redakteurin der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

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