LIMBURG, 24.12.2022
Eine Tür und freie Plätze
Gott hat alles hinter sich gelassen, um zu den Menschen aufzubrechen. „Unser Gott macht sich klein wie ein Kind, arm wie ein Bettler, demütig wie ein Knecht, hilfesuchend wie die Armen dieser Welt, um bei uns zu sein und unsere Nöte zu wenden“, sagte Bischof Dr. Georg Bätzing an Heiligabend, 24. Dezember, in der Kapelle des Limburger Bischofshauses. Die Liturgie, die hunderte Gläubige mitfeierten, wurde live im Internet übertragen.
Der Sohn Gottes sei von Beginn seines Lebens mit der Not der Menschen konfrontiert worden. Seinem Ziehvater Josef und seiner schwangeren Mutter Maria seien die Türen vor der Nase zugeschlagen worden. In den Herbergen sei kein Platz für sie gewesen. „Da werden geschäftsmäßig Antworten gegeben: überfüllt, zu spät, keine Chance. Sie klingen herzlos und kalt. Am Ende wird der Sohn Gottes im Viehstall geboren und im Futtertrog gewickelt. Bescheidener geht es nicht mehr. Kein Platz, Türen zu: Vom ersten Augenblick teilt das göttliche Menschenkind das Los der Ärmsten der Armen und wird dadurch zu ihrem stärksten Partner“, so Bätzing.
Den Wohlstand nicht gegen andere verteidigen
Jesus kenne das Schicksal der Millionen, die heimatlos zur Flucht getrieben würden. Er kenne die Angst der Schutzlosen im Krieg, den Hunger der Menschen in den Dürrezonen der Erde. Er kenne die Kaltschnäuzigkeit derer, die die Grenzen dicht und die Taschen mit dem Argument, dass nicht alle Nöte der Erde zu lösen seien, zuhielten. „Doch, wir könnten, wenn wir wollten, wenn wir nationale Eitelkeiten und partikuläres Denken nach dem Motto ‚Wir zuerst‘ hinter uns ließen und alle vereint die Verantwortung für das gemeinsame Haus dieser Erde annähmen. Wenn wir uns innerlich und äußerlich zu öffnen begännen, unseren Wohlstand nicht weiter gegen andere verteidigten, sondern mit anderen zu teilen anfingen – hier in unserem Land in der zunehmenden Not der Energiekrise und über unser Land hinaus“, sagte der Bischof. Wie oft sei schon beklagt und angemahnt worden, dass es in Europa eine neue, abgestimmte Flüchtlingspolitik brauche, die die Lasten gerechter verteile und es nicht mehr zulasse, dass Menschen an Grenzen gestoppt, statt gerettet zu werden. Es sei zum Verzweifeln, dass dies im freien Europa über Jahre und Jahrzehnte nicht gelingen wolle.
Weihnachten auf den Punkt gebracht
Bildergalerie
Bätzing schilderte in seiner Predigt eine Erfahrung aus dem Sommerurlaub. Voller Erwartungen habe er die kleine Kirche St. Bartholomäus in Zell bei Oberstaufen besucht. Die Altäre und Bilderzyklen an den Wänden des Chorraumes aus der Zeit um 1440 sind nahezu unversehrt und werden als Meisterwerke der Gotik ausgewiesen. Doch ausgerechnet das Weihnachtsbild hat Schaden genommen. Ein Türbogen hat Teile des Freskos zerstört und die Rückenlehnen eines kleinen Chorgestühls ragen in die Motive des Marienzyklus hinein. „Meine erste Reaktion: Wie konnte man nur! Heutzutage würde die Denkmalpflege verhindern, Kunstwerke so zu beschädigen“, schilderte Bätzing. Damals habe man wahrscheinlich dringend Platz gebraucht, weil das Dorf gewachsen sei. Deshalb sei ein Chorgestühl und die Tür bebaut worden, die in eine angebaute Sakristei führt. Immer wieder habe der Bischof versucht, sich auf das Krippenbild an der Wand mit seinen schönen Details zu konzentrieren, doch seine Augen seien immer wieder zur wuchtigen Tür gesprungen. Dann habe es „klick“ gemacht und er sei darauf gestoßen, dass es eigentlich keine trefflichere Deutung der Weihnachtserzählung geben könne. „Eine Tür und freie Plätze. Für mich ist das Weihnachten auf den Punkt gebracht“, so Bätzing.
Gott kann Türen aufstoßen
Ums Türenöffnen geht es auch in der vierten Strophe des beliebten Weihnachtsliedes „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“. Hier heißt es: „Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis. Der Kerub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis; Gott sei Lob, Ehr und Preis“. Die Menschwerdung des Sohnes Gottes habe demnach bewirkt, dass die Tür wieder offen stehe und der Zugang zu Gott möglich sei. „Gott kann die Türen aufstoßen, die verriegelt waren. In seinem Haus ist Platz genug“, erklärte Bätzing. Gottes Tür stünde immer offen und jeder Mensch habe bei ihm einen festen Platz. Niemand müsse verzweifeln, was immer auch das Leben bringe. Niemand brauche mehr getrieben umherzuirren, zwischen denen, die mit ihren Versprechungen mal hierher mal dorthin zögen, ohne wirklich Sinn und Halt zu schenken. „Im Stall von Bethlehem, in der Nähe dieses wehrlosen Kindes, das nichts anderes will als Menschen mit Gott verbinden – da bist du gut aufgehoben, da bist du geliebt und geborgen; du und jeder andere Mensch“, so der Bischof.
Die gesamte Predigt des Bischofs findet sich im Wortlaut im Internet unter bischof.bistumlimburg.de.
Predigt zum Download
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Bischof Georg Bätzing in der Christmette