FRANKFURT, 27.01.2022
Gegen den Lagerkoller
Homeschooling, Quarantäne, Homeoffice, Schul- und Kindergartenschließungen: Seit zwei Jahren herrscht der Ausnahmezustand. Das komplette Leben steht auf dem Kopf. Für viele Familien ist das ganz schön kräftezehrend – das wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Familienbildungsstätten (FBS) im Bistum Limburg. Mit vielen Tipps und Aktionen wollen die Einrichtungen Familien in dieser schwierigen Zeit unterstützen. Sigrid Kemler leitet die FBS in Frankfurt und erzählt im Interview, was Familien aktuell beschäftigt und welche Tipps es gibt, wenn zuhause mal der Lagerkoller ausbricht.
Wie nehmen Sie die aktuelle Situation in Familien wahr? Mit welchen Fragen und Belangen kommen die Familien auf Sie zu?
Ich würde die Situation aktuell immer noch als eine Ausnahmesituation beschreiben, gerade auch für die Familien. Durch die Häufung an Schließungen verschiedener Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten sind die Kinder wieder viel zuhause und die Eltern müssen schauen, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung in ein gutes Gleichgewicht bekommen. Gleichzeitig bemerken wir, dass die Zahl der Coronafälle und der Corona-Verdachtsfälle zunehmen. Die Familien haben zunehmend Sorgen, dass sich vor allem die Kinder damit anstecken.
Welche Tipps haben Sie für Eltern, die gerade viel mit ihren Kindern zuhause sind?
Ich glaube wir sollten untereinander und gerade in den Familien mehr Langmut miteinander haben. Das ist vielleicht ein altmodisches Wort, aber ich glaube, das passt besser als Gelassenheit. Wir müssen schauen, dass wir uns selbst als Eltern nicht überfordern, dass wir unsere Kinder nicht überfordern und dass wir uns nicht mit dem überfordern, was wir uns vornehmen und glauben, dass wir es leisten müssen. Das fängt im Haushalt an und geht bis zu der Frage, wie streng wir als Eltern mit uns sind, was gut ist für unsere Kinder. Es geht aber auch um die Frage: Wie bekomme ich Care-Arbeit und Arbeitswelt zusammen?
Für Eltern ist es in dieser Zeit wichtig, sich auch um sich selbst zu kümmern: sich Zeit schaffen, auch wenn es nur 10 Minuten am Tag sind. Zeit, in der man zur Ruhe kommt und etwas tut, was einem Ruhe und Entspannung bringt. Zum Beispiel – wenn man nicht in Quarantäne ist – könnte man einfach mal rausgehen oder eine Yoga-Übung machen.
Und die Zeit mit den Kindern kann man mit kleinen Alltagsabenteuern füllen: Wie wäre es zum Beispiel, mal eine Bewegungslandschaft im Wohnzimmer zu bauen, den Esstisch in eine Höhle zu verwandeln – natürlich mit der Gelassenheit, dass das Wohnzimmer danach vielleicht nicht mehr so aussieht wie vorher.
Haben Sie Veränderungen in den Familien bemerkt, die sich in den vergangenen zwei Jahren eingestellt haben?
Ja, die Menschen sind auf der einen Seite viel mutiger geworden, neue Dinge auszuprobieren aus der Not heraus, weil Altes eben nicht mehr funktioniert. Gleichzeitig merken wir, wie wenig Familien in dieser Gesellschaft gesehen werden, wie wenig gesehen wird, was Kinder brauchen – besonders Kinder, die in gewalttätigen Familien leben. Und wir sehen, wie stark Eltern immer noch an ihre Grenzen kommen und darüber hinausgehen. Daran hat sich in den letzten zwei Jahren nichts geändert.
Die Familienbildungsstätte bietet ja viele solcher kleiner Pflaster für die Familien an – was sind das für Angebote?
Wir bieten mittlerweile viele Online-Formate an, bei denen Eltern und Kinder gemeinsam mit anderen Familien und meistens einer Dozentin etwas erleben können. Ein Angebot ist zum Beispiel der „Entdeckernachmittag“, geeignet für Kinder zwischen eineinhalb und drei Jahren. Dabei wird, stark von den Jahreszeiten inspiriert, gebastelt und gewerkelt mit einfachen Dingen, die man zuhause hat. Für ältere Kinder ab drei Jahren bietet sich der „Experimentekoffer“ an. Hierbei werden spannende Experimente durchgeführt: Es werden zum Beispiel Brausetabletten-Lavalampen entwickelt oder Zauberblumen aus Papier und Wasser hergestellt. Und wer es eher ruhiger mag, für den bietet sich die Kinderbuch-Lounge an. Hier können Kinder und Eltern spannenden Geschichten aus verschiedenen Büchern lauschen. Daneben haben wir aber auch die Möglichkeit geschaffen, Eltern beim „Coaching für Familien“ in Eins-zu-Eins-Gesprächen zu beraten.
Hier geht es zu den Angeboten der Familienbildungsstätten im Bistum Limburg: