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FRANKFURT, 25.07.2022

Der Kraftort in Halle B

Bei unserer Suche nach ungewöhnlichen und interessanten Orten im Bistum Limburg macht die Kapelle am Frankfurter Flughafen den Anfang. Sie liegt etwas versteckt, doch wer sie einmal gefunden hat, kommt immer wieder.

Wer die Flughafenkapelle betritt, entdeckt als erstes eine Marienfigur, die direkt gegenüber des Eingangs steht. Flankiert wird sie von frischen Blumen, darunter brennen auf einem Ständer Kerzen. „Das ist die ,Mitarbeiter-Maria‘“, sagt Pater Edward Fröhling und schmunzelt. Vor zehn Jahren schenkte die Lufthansa der Flughafenseelsorge die Muttergottes aus Holz. Zehn Jahre später gehört sie noch immer fest zum Inventar der kleinen Kapelle in Terminal 1.

Nur wenige Menschen wissen, was sich am oberen Ende der zugegebenermaßen etwas düsteren Treppe in Halle B befindet. Nur ein kleines Schild am Treppenaufgang weist darauf hin. Doch wer den Aufstieg wagt, erreicht den weiten, offenen und gar nicht mehr dunklen Bereich mit den Büros der katholischen und evangelischen Seelsorge-Teams. Hier arbeiten Pater Fröhling, Pater Stephen Michael und Sekretärin Sabine Schremb sowie evangelischerseits Pfarrerin Bettina Klünemann, Vikarin Sabine Guder sowie zwei Assistentinnen.

Betritt man die Kapelle, fällt der erste Blick auf den Korb mit kleinen Plastikflaschen, die auf dem Weihwasserbecken stehen. „Weihwasser to go“ steht auf kleinen weißen Aufklebern, daneben ist das orangefarbene Logo des Bistums Limburg aufgedruckt. „Die Idee stammt aus der ersten Corona-Zeit und kommt bei den Leuten sehr gut an“, sagt Pater Fröhling. Vielleicht auch deshalb, weil die Fläschchen so klein sind, dass sie problemlos mit an Bord eines Flugzeugs genommen werden können. Ein bisschen Extra-Segen für den Flug schadet ja schließlich nicht.

Erinnerung an im Dienst Verstorbene

Direkt dahinter sind vier Glastafeln an der Wand befestigt. Die dort eingravierten Namen, Geburts- und Sterbedaten erinnern an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Dienst gestorben sind und für die in der Flughafenkapelle ein Gedenkgottesdienst gehalten wurde. Dem Seelsorge-Team ist wichtig, dass sie nicht in Vergessenheit geraten, egal wie trubelig es drumherum ist. Und trubelig ist es. Immer wieder kommen Menschen in die Kapelle, sprechen ein kurzes Gebet, setzen sich, vielleicht auch, um die Zeit bis zum Flug zu überbrücken. Manche nehmen sich ein Faltblatt mit, einen Reisesegen, oder zünden ein Kerzchen unter der „Mitarbeiter-Maria“ an.

Direkt neben ihr hängt links ein Ikonenbild, das der orthodoxen Gemeinde gehört. „Für viele Menschen, die aus der Ukraine fliehen mussten, ist das etwas Tröstliches, sie fühlen sich sofort willkommen“, sagt die evangelische Pfarrerin Tanja Sacher, die ebenfalls für die Flughafenseelsorge arbeitet. Zentraler Ort innerhalb der Kapelle sind das große Kreuz aus Metall sowie der ungewöhnlich moderne weiße Altar auf Metallbeinen. Darauf brennen Kerzen, eine Bibel liegt aufgeschlagen dort.

Die frei zugängliche Kapelle ist eine feste Anlaufstelle für viele, die am Flughafen arbeiten, von dort abfliegen oder ankommen. Doch es kommen nicht nur die, die ohnehin am Flughafen zu tun haben. Die versteckte kleine Kapelle hat eine regelrechte kleine Fangruppe: „Zu den Sonntagsgottesdiensten kommen auch Leute, die extra dafür zum Flughafen fahren“, berichtet Pfarrerin Sacher, die vorwiegend im kirchlichen Flüchtlingsdienst tätig ist. Auch manche der rund 200 obdachlosen Menschen, die am Flughafen leben, kommen regelmäßig in den Gottesdienst.

Heimat in der Fremde

Kirche ist Heimat, egal, wie fremd drumherum alles sein mag. Als „Kraftort im öffentlichen Bereich“ sieht Tanja Sacher die Flughafenkapelle. Und auch Pater Fröhling macht sich Gedanken über diesen Ort, der fest zum Flughafen gehört und doch losgelöst von ihm zu sein scheint. „Wir als Kirche sind hier zu Besuch in einer eigentlich fremden Welt, die auf der Durchreise ist“, sagt Pater Fröhling. „Diese Welt ist nicht nur christlich, sondern hat viele Religionen, viele Kulturen. Wir versuchen, uns so gut es geht in diese Welt einzumischen.“ Zum Beispiel, indem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit grellgelben Warnwesten in den Terminals unterwegs und ansprechbar sind. Indem sie ganz praktische Hilfe leisten, eine Windel oder ein Gläschen Babynahrung bereitstellen. Indem sie Gottesdienste mit Gruppen feiern, wenn diese sich das wünschen. Oder weil sie gerufen werden, wenn es jemandem schlecht geht. Denn ja, manchmal sterben auch Menschen im Zuständigkeitsbereich der Flughafenseelsorge.

Fest steht, Glaube ist ein Thema am Flughafen – einfach, weil Glaube ein Thema im Leben ist. „Viele Menschen nutzen eine Reise, um über ihr Leben nachzudenken“, meint der Priester. „Dann suchen sie Gespräch und Beichte.“ Sicher spiele auch der Gedanke an das Risiko des Fliegens bei manchen eine Rolle: „Sie kommen dann mit dem Gedanken, in ihrem Leben aufzuräumen, bevor sie ihren Flug antreten.“ Für viele Fluggäste ist der Besuch in der Kapelle längst zum festen Ritual geworden. „Wenigstens für ein kurzes Gebet nehme ich mir immer Zeit; mich erdet und beruhigt das einfach“, sagt eine Frau mit Handgepäckskoffer, die schon wieder am Gehen ist.

Die Flughafenkapelle ist entsprechend nicht der einzige Gebetsraum am Frankfurter Flughafen. Es gibt im Terminal 1 auch einen muslimischen und einen jüdischen Andachtsraum, im Terminal 2 einen großen muslimischen Gebetsraum und einen Raum der Stille. In den Sicherheitsbereichen der beiden Terminals befinden sich zudem noch verschiedene Gebetsräume, darunter auch eine christliche Kapelle, ein weiterer Ort der Stille und sogar ein Yogaraum.

In der Kapelle in Terminal 1, Halle B gibt es von Montag bis Freitag jeden Morgen um 9 Uhr eine katholische Morgenmesse mit Eucharistie, freitags um 12 Uhr ein evangelisches Mittagesgebet, samstags um 17.30 Uhr eine Vorabendmesse mit Eucharistie und Sonntagmorgens um 10 Uhr den Sonntagsgottesdienst, ebenfalls mit Eucharistie. Das evangelische Abendmahl findet nach Absprache statt.

In ihrem aktuellen Domizil ist die Seelsorge seit 2019 untergebracht, seitdem werden ihre Büros und der eigentliche Kapellenraum renoviert. Voraussichtlich im Dezember sind die Renovierungsarbeiten abgeschlossen, dann zieht die Seelsorge mit Büros und Kapelle zurück in den Nebentrakt.

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