Herschbach, 04.07.2022
Macht weiter so!
Bei seinem Besuch in der Pfarrei St. Anna Herschbach im Westerwald setzte Bischof Georg Bätzing auf Begegnung. Am Donnerstag, 30. Juni, und am Freitag, 1. Juli, war er in der Pfarrei, zu der die Kirchorte Herschbach, Hartenfels, Marienhausen, Marienrachdorf, Schenkelberg, Selters, Sessenhausen und Weidenhahn gehören, zu Gast. Er feierte Gottesdienste, sprach mit allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern der Pfarrei und mit dem Pfarrgemeinderat. Er spendete jungen Menschen das Sakrament der Firmung und er nutzte die Gelegenheit, mit Jung und Alt ins Gespräch zu kommen.
So mischte sich der Bischof am Donnerstag, 30. Juni, auf dem Wochenmarkt in Selters unters Volk. Er sprach mit dem Marktbetreibern und lernte das offene Angebot „Kirche am Markt" kennen. Immer donnerstags baut die Pfarrei dort ihren roten Stand auf, ist einladend, bietet Gespräche und Seelsorge niedrigschwellig an. „Kirche muss da sein, wo die Menschen sind“, diese Überzeugung steht hinter dem Projekt, das es seit 2016 gibt. „Bei uns am Stand gibt es Kaffee und Kuchen oder eine Suppe. Hier kann man sich hinsetzen und ins Gespräch kommen“, erklärt Diakon Dieter Wittemann. Auch kleinere Aufgaben, die sonst nur im Pfarramt bearbeitet werden, wie etwa das Bestellen von Messintentionen, könnten dort erledigt werden. Die Kirche am Markt sei bereits zu einer festen Institution und eine Anlaufstelle für Besucherinnen und Besucher, aber auch für die Standbetreiberinnen und Standbetreiber geworden. Besonders stolz ist Wittemann darauf, dass das Projekt seit Jahresbeginn auch „offiziell“ ökumenisch aufgestellt ist und von der evangelischen Kirche mitgetragen wird.
Ökumene ist in der Pfarrei ein großes Thema
Generell ist die Ökumene ein großes Thema in der Pfarrei. Im Jahr 2005 wurde die Jugendkirche Way to J. vom damaligen Jugendpfarrer des evangelischen Dekanates Selters gegründet. Sie sollte eine Anlaufstelle für junge Menschen sein und ihnen Möglichkeiten bieten, Kirche auf ihre eigene Art zu erleben. Dazu waren alle Jugendlichen, ganz gleich welcher Konfession oder Religion, eingeladen. Seit 2020 wird die Jugendkirche ökumenisch vom evangelischen Dekanat Westerwald und von der Pfarrei Sankt Anna getragen. Dekanatsjugendreferenz Marco Herrlich und Pastoralreferent Dr. Stefan Ley koordinieren die Angebote und verraten, dass die Leitung der Jugendkirche eigentlich bei den Jugendlichen selbst liege. Zu den Aktivitäten der Jugendkirche zählt ein offener Jugendtreff, eine jährliche Ferienfreizeit, große Gottesdienste etwa in einer Industriehalle, auf dem Skaterplatz oder im Kino. Die Jugendlichen engagieren sich auch karitativ, sammeln Spenden oder packen tatkräftig selbst mit an. So waren sie etwa als freiwillige Helferinnen und Helfer bei der Flutkatastrophe im Ahrtal unterwegs. Das Motto der Jugendkirche lautet: Way to Jesus – start young – never stop.
Bischof Georg besuchte die Jugendkirche und nutzte die Gelegenheit für eine Runde Kicker: Im Jugendraum am Selterser Marktplatz lieferte er sich mit den Jungs und Mädchen nicht nur ein packendes Match am Kickertisch, sondern stand ihnen eine Stunde lang Rede und Antwort.
Pizzabrötchen und Tischkicker
Bei Pizzabrötchen und Getränken saßen der Bischof und die jungen Leute auf bequemen Sesseln und Sofas. Die Stimmung war locker; in der Luft lagen Lachen und das Aroma des Pizza-Belags. Ein ungezwungener Rahmen für offene Fragen: „Glauben Sie, dass Frauen zum Priesteramt zugelassen werden?“, möchte Anna wissen, und Lina ergänzt: „Viele Frauen sind der Katholischen Kirche ehrenamtlich tätig. Warum dürfen sie keine Priesterin werden?“ Für seine Antwort holt Bischof Bätzing aus. Er spricht über die Rolle der Frau zur Zeit Jesu, über kirchliche Traditionen und darüber, dass die Katholische Kirche als Weltkirche „unendlich divers“ ist, wie er es formuliert. Er meint damit, dass diese Frage bei katholischen Christen in anderen Regionen der Welt oft anders diskutiert wird als in Europa. Seine persönliche Meinung zu Frauen im Priesteramt: „Ich sehe immer weniger Gründe, die dagegen sprechen“, sagt der Bischof. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, die wir unbedingt diskutieren müssen. Ich setze mich dafür ein, dass die Frage brennt und wachgehalten wird.“
Angesprochen auf die Erwartungen, die er an die Arbeit mit Jugendlichen hat, wünscht sich Georg Bätzing vor allen Dingen eines: „Jugendarbeit muss Räume schaffen, in denen die jungen Menschen wachsen können und Gemeinschaft erleben. Ich glaube, dass jeder Mensch eine Berufung hat. Eine bestimmte Aufgabe, die er oder sie so gut bewältigen kann wie niemand anders auf der Welt. Ich wünsche mir eine Jugendarbeit, die hilft, diese Berufung zu entdecken.“ Als einer der Jugendlichen wissen möchte, was das Spannendste am Bischofsamt ist, muss der Bischof freilich kurz durchatmen: „Es ist sehr schön, manchmal aber auch sehr schwierig. Im Moment hätten wir gerne etwas weniger spannende Zeiten …“
Am Ende nimmt sich die Gruppe Zeit für ein gemeinsames Gebet. „Gott, Du hast uns ins Leben gerufen und willst, dass wir in Freiheit und Frieden leben“, schließt der Bischof und gibt den jungen Menschen den Segen und eine Ermutigung mit auf den Weg: „Macht weiter so!“, ruft er ihnen zum Abschied zu.
Auf dem Visitationsplan des Bischofs in der Pfarrei Sankt Anna stand zudem ein Besuch auf dem Pflegebauernhof in Marienrachdorf.
Video
Bischof Georg Bätzing war in der Pfarrei St. Anna zur Visitation. Das Video fasst die vielen Begegnungen und Stationen dieses besonderen Besuches zusammen.