FRANKFURT, 16.06.2022
Christ ist man für andere
„Putin setzt auf Hunger als politisches Druckmittel“: Das hat Bischof Georg Bätzing beim Fronleichnamsgottesdienst am Donnerstag, 16. Juni, auf dem Frankfurter Römerberg gesagt. Eindringlich beschrieb er die bedrohlichen Folgen des „ungerechten Überfalls“ Russlands auf die Ukraine für die Weltversorgung mit Weizen. Ob die Ernte dieses Jahres die Bedarfe decken könne, sei mehr als fraglich. Russland verkaufe seine eigenen Vorräte und stehle gleichzeitig in großem Umfang Getreide aus den besetzten Gebieten. Dabei mache der Weizen aus der Ukraine etwa allein in Äthiopien 45 Prozent des Gesamtimports aus.


Weltweit sorgten Kriege, Korruption und terroristische Bedrohung dafür, dass der Hunger wieder wachse. In Afghanistan, Somalia und Mali litten nahezu 90 Prozent der Bevölkerung unter akutem Hunger, so der Bischof. „Wenn wir hier um den Tisch des Herrn versammelt sind, seine Güte und Freundlichkeit feiern und das Brot des Lebens empfangen, dann wollen wir uns auch in die Verantwortung nehmen lassen“, sagte er und zitierte das Jesus-Wort im Lukasevangelium: „Gebt ihr ihnen zu essen!“

„Bischof Georg, wir sind froh, dass Du da bist“: Auf diese Begrüßung von Stadtdekan Johannes zu Eltz zu Beginn des Gottesdienstes, reagierten die Menschen auf dem Platz mit herzlichem Applaus. Ihnen bot sich mit dem großen Altar vor dem gelb-weiß beflaggten Rathaus ein vertrautes und zugleich lang ersehntes Bild. Nachdem 2020 das Fronleichnamsfest gar nicht und im vergangenen Jahr nur mit wenigen Menschen im Dom begangen werden konnte, „wollten wir dieses Jahr unbedingt wieder raus mit allem, was zu diesem Fest gehört und was einen bewegt und glücklich macht“, sagte der Stadtdekan und fügte hinzu: „Wir haben keinen Grund, in diesen sorgenvollen Zeiten uns selber zu feiern, aber wir haben jeden Grund, unseren Heiland und Lehrer Jesus zu feiern.“

Haben sie nicht alle das Recht zu leben?
„Täglich ziehen Fronleichnamsprozessionen durch die Welt“, sagte der Bischof in seiner Predigt und bezog sich dabei auf die Armen in unseren Städten, die Geflüchteten an den Grenzen und die unübersehbare Zahl derer, „die fern von uns in Not ihr Dasein fristen“. Sie alle gehörten zum Leib Christi, sagte er und erinnerte eindringlich an die Pflicht, die für Christen „aus dem heiligen Spiel von Fronleichnam“ erwachse. Und immer noch würden sie durch Meere, Mauern und Stacheldraht aufgehalten, „damit sie nur nicht hereinkommen und am gemeinsamen Tisch Platz nehmen. Haben sie nicht alle das Recht zu leben?“
Schweiß und Tränen, Niederlage, Opfer und Sieg
Auf dem Römerberg stehend, war es wahrscheinlich den meisten Gläubigen im Gedächtnis, dass hier vor knapp einem Monat Eintracht-Kapitän Sebastian Rode unter dem Jubel der Fans den silbernen Pokal der Europa League in die Höhe gereckt hatte. „Anklänge an die liturgische Feier der Messe sind nicht zu bestreiten“, sagte der Bischof, der an diesen Moment erinnerte. In der Fußballwelt könne jeder Fan Begriffe wie Schweiß und Tränen, Kampf, Niederlage, Opfer und Sieg mit Erinnerungen und Emotionen füllen. Für Christen habe das Gedenken an das letzte Abendmahl, an dem „Jesus uns mit der Feier der Eucharistie seine Lebenshingabe für alle Zeiten geschenkt hat“ die größte emotionale Dichte und tiefste Bedeutung.


Ausdrücklich forderte er in diesem Zusammenhang dazu auf, nicht nur den österlichen Gedanken, sondern auch wieder den des Opfers mit der Heiligen Messe zu verbinden. „Opfer, das ist eine Realität unseres Lebens“, betonte er. So hätten in der Coronazeit Verzicht und aufopferungswilliger Einsatz viele Leben gerettet, in der Ukraine sei mutigen Verteidigern die Freiheit ihres Landes mehr wert als ihr Leben. „Christ bin ich nicht für mich. Christ ist man für andere“, das sei die Lehre aus dem Opfermahl der heiligen Eucharistie, sagte der Bischof.

Kollekte für Deutschkurse des Ukraine Vereins
Bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen zogen die Gläubigen anschließend in einer großen Prozession am Main entlang mit der von Bischof Bätzing getragenen Monstranz in den Dom, wo der sakramentale Segen gespendet wurde. Anschließend wurde auf dem Domplatz in bewährter Weise bei Musik, Essen und Trinken gefeiert. Die Kollekte der Feier war für Deutschkurse des Ukraine Vereins Frankfurt bestimmt. Für die musikalische Gestaltung sorgte das Collegium Vocale Liebfrauen und Frankfurter Dombläser unter der Leitung von Bezirkskantor Peter Reulein. Die Orgel spielte Dommusikdirektor Andreas Boltz.
Bildergalerie
Predigt Bischof Georg Bätzing Fronleichnam 2022
-
FormatDateiname
-
Predigt_Fronleichnam_Baetzing_2022.pdf