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Limburg, 21.12.2023

Aktiv gegen Gewalt in der Kirche

Eine Kultur des Hinsehens und aktiv gegen Gewalt – dafür setzt seit September 2023 eine neu gebildete Abteilung im Bistum Limburg ein, die Fachstelle gegen Gewalt. 

Für eine Kultur des Hinsehens und aktiv gegen Gewalt – dafür setzt sich seit September 2023 eine neu gebildete Abteilung im Bistum Limburg ein, die Fachstelle gegen Gewalt. 

Sie ist ansprechbar bei allen Formen von Gewalt im kirchlichen Kontext, wie etwa sexualisierte, spirituelle, körperliche und psychische Gewalt. Sie ist eine Anlaufstelle, bei der Menschen mit Gewalterfahrungen Gehör und Unterstützung finden. Neben der Intervention bei konkreten Vorfällen ist die Fachstelle für die Präventionsarbeit der Diözese verantwortlich und unterstützt und begleitet betroffene Systeme. Sie ist zudem Schnittstelle zu Gremien wie dem Betroffenenbeirat der Diözesen Limburg und Fulda und der Unabhängigen Kommission (UKO) im Bistum Limburg. Überdiözesan steht die Fachstelle im regelmäßigen Austausch mit den Präventions- und Interventionsbeauftragten der anderen deutschen Bistümer.

Kompetenzen bündeln und Angebote sichtbar machen

Die Gründung der Fachstelle ist ein Ergebnis der im Jahr 2018 veröffentlichte MHG-Studie der deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem daran anschließenden Aufarbeitungsprojekt (IMHG) des Bistums Limburg. Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit der Fachstelle bilden die Prävention und die Intervention von und bei sexualisierter Gewalt. Da gerade machtmissbräuchliche Strukturen den Nährboden für übergriffiges und verletzendes Verhalten darstellen, ist ein weiteres Ziel, Machtmissbrauch und Strukturen, die diesen begünstigen, frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Insbesondere der Bereich des spirituellen Missbrauchs ist in diesem Zusammenhang als weiterer wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Fachstelle zu nennen. Durch eine fundierte Präventionsarbeit und klare, verlässliche Handlungsabläufe in der Intervention sollen Handlungssicherheit und weitere Sensibilisierung im Umgang mit Betroffenen erreicht werden. Der Bereich der Aufarbeitung ist ein weiterer Baustein der Fachstelle, der unter anderem in Kooperation mit dem Betroffenenbeirat und der UKO intensiviert wird. 

„Die bestehenden Kompetenzen in der Prävention, Intervention und Aufarbeitung des Bistums sollen in der Fachstelle gegen Gewalt gebündelt, transparent gemacht und erweitert werden“, erläutert Sandra Gudehus die Intention der neuen Einrichtung. Gudehus ist die Interventionsbeauftragte der Diözese. Gemeinsam mit der Präventionsbeauftragten Silke Arnold, leitet sie die Fachstelle gegen Gewalt. „Thematisch starten wir innerhalb des Bistums nicht bei null, sondern bauen auf der jahrelangen Arbeit der Koordinationsstelle Prävention vor sexualisierter Gewalt und dem Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure bei Interventionsfällen auf“, berichtet Arnold. Beide Leiterinnen betonen, dass die Fachstelle nicht die beauftragten Ansprechpersonen des Bistums bei sexueller und spiritueller Gewalt ersetzt. „Die Ansprechpersonen sind auch weiterhin die originär zuständigen Personen zur Entgegennahme von Verdachtsfällen von Betroffenen in der Diözese bei Verdacht auf einen sexuellen oder spirituellen Missbrauch“, so Gudehus und Arnold. 

Aufgaben der neuen Fachstelle

Neben der Prävention und der Intervention sind in der Fachstelle die Themen spiritueller Missbrauch, Kommunikation, Clearing, Aufarbeitung und Schnittstellenarbeit angesiedelt. Zu ihren Aufgaben gehören die Unterstützung beim weiteren Ausbau eines bistumsübergreifenden Kompetenznetzwerkes sowie das Erstellen von Informationsmaterialien, Handreichungen und Handlungsleitplanken. Darüber hinaus macht die Stelle Angebote für Einrichtungen sowie pädagogische oder theologische Mitarbeitende, die mit Kindern, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen in Kontakt sind, von Schulungen im Bereich Prävention und Kommunikation bis zur Unterstützung bei der Einführung eines Schutzkonzeptes gegen Gewalt. Sie koordiniert Interventionsmaßnahmen zum Schutz von Betroffenen, vermittelt interne und externe Hilfsangebote und ist zuständig für die Evaluation und stetige Weiterentwicklung von Standards für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Übermittlung an die zuständigen Stellen sowie deren regelmäßige Aktualisierung, etwa im Hinblick auf Selbstverpflichtungserklärungen oder die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen. Die Begleitung betroffener Systeme gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Fachstelle. „Wenn beispielsweise ein Verdachts- oder Missbrauchsfall in einer Pfarrei oder in einer Kindertageseinrichtung aufgetreten ist, können sich die Menschen vor Ort an uns wenden“, erläutert Gudehus. Gemeinsam mit der Fachstelle würden dann Gesprächsangebote und Lösungsansätze erarbeitet, wie die Personen und Institutionen mit der Situation umgehen, den Missbrauch aufarbeiten und künftig verhindern könnten, ergänzt Arnold.

Betroffene ernst nehmen und begleiten

„Die Kolleginnen und Kollegen sind auf ihren jeweiligen Arbeitsbereich spezialisiert, stehen jedoch im engen Austausch miteinander“, erklärt Arnold. „Dadurch sollen der inhaltliche Austausch und ein gemeinsames Lernen voneinander möglich gemacht und die Angebote für Betroffene verbessert werden“, so Arnold weiter. Einmal in der Woche werden aktuelle Themen innerhalb des gesamten Teams besprochen. Zwischen diesen Terminen gibt es bei Bedarf Abstimmungen zwischen den einzelnen Bereichen. Dadurch sei es möglich, Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und schnell zu reagieren, sagt Gudehus und ergänzt, dass trotz enger inhaltlicher Vernetzung innerhalb des Teams die Vertraulichkeit gegenüber Hilfesuchenden immer gewährleistet ist. „Unser Ziel ist es, betroffene Personen mit ihren Anliegen ernst zu nehmen und sie gut zu begleiten.“ Dies erfolge in enger Abstimmung mit den beauftragten Ansprechpersonen.

Hintergrund

Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Jahr 2018 die sogenannte MHG-Studie veröffentlicht. Die Studie war ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Auftrag, den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland zu erfassen und die Strukturen, die Missbrauch begünstigen, zu untersuchen. Das Kürzel MHG steht dabei für die Standorte der Institute der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Mannheim, Heidelberg, Gießen.
Als Reaktion auf die MHG-Studie entschied sich das Bistum Limburg im April 2019 zu dem Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. 70 Expertinnen und Experten hatten dabei die Aufgabe, die Missbrauchsfälle im Bistum Limburg aufzuarbeiten und Maßnahmen zu entwickeln, um zukünftig sexualisierte Gewalt zu verhindern. Diese 64 Maßnahmen wurden von Januar 2021 bis September 2023 sukzessiv von etwa 160 Menschen aus allen Bereichen der Diözese umgesetzt.

Die Fachstelle gegen Gewalt im Bistum Limburg ist erreichbar per E-Mail (fachstelle-gegengewalt@bistumlimburg.de) sowie telefonisch (06431 – 295 315 und -387).

Ansprechpersonen für Betroffene von Missbrauch sowie bei Missbrauchsverdacht:

Beauftragte Ansprechpersonen bei sexualisierter Gewalt:
Dr. Klaus-Peter Ohlemann 0172 300 55 78
Dr. med. Ursula Rieke 0175 489 10 39

Beauftragte Ansprechpersonen bei spiritueller Gewalt:
Michael Cleven 0151 200 47 896
Christine Walter-Klix 0151 26 60 15 60
 

Britta Fischer

Redakteurin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

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