FRANKFURT/WIESBADEN/LIMBURG, 14.02.2023
„In diesem Augenblick gibt es nur Menschen, die leiden“
Zeichen setzen für die Menschlichkeit: Vertreterinnen und Vertreter des Bistums Limburg haben orthodoxen Christen und Muslime besucht und ihnen angesichts der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien ihr Mitgefühl ausgesprochen.
Die große Solidarität der Katholischen Stadtkirche in Wiesbaden hat Stadtdekan Klaus Nebel bei einem Besuch der Gemeinde Johannes Chrysostomos aus Antiochia bekundet. In dieser schweren Situation „wollen wir zusammenstehen, auch über Konfessions- und Glaubensgrenzen hinweg“, sagte Nebel, der am Sonntag, 12. Februar, zusammen mit dem Islambeauftragten des Bistums Limburg, Dr. Frank van der Velden, und dem Imam des Bildungs- und Kulturvereins Limburg, Esat Öztürk, zu der christlich-orthodoxen Gemeinde auf dem Kupferberg in Wiesbaden gekommen war. Auch wenn die Katastrophe tausende Kilometer entfernt geschehen sei, „teilen wir doch in Wiesbaden das Leben mit Menschen, die davon betroffen sind“, so der Stadtdekan. Viele Gemeindemitglieder der Gemeinde hätten Familienangehörige in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten, insbesondere auch in Syrien.
Die Solidarität gelte in zweifacher Hinsicht, versicherte der Pfarrer. So werde derzeit in der Pfarrei St. Bonifatius eine Spendenaktion zugunsten der Erdbebenopfer organisiert. Außerdem sei in den Gottesdiensten an diesem Wochenende ausdrücklich für die Opfer gebetet worden. Er selbst sprach seinerseits zum Schluss seines Statements ein kurzes Gebet für die Verstorbenen. Im anschließenden Austausch mit Pfarrer Abouna Raphael und dem Vorstand der Gemeinde habe er gespürt, dass der Besuch wichtig gewesen und mit Freude aufgenommen worden sei, so der Stadtdekan.
Hilfe unabhängig von religiösem Bekenntnis und Nationalität
„Ich selber war häufig in dieser Region, sowohl auf der türkischen wie auch auf der syrischen Seite. Dort leben Menschen unterschiedlicher Völker und Religionen zusammen“, sagte Dr. Frank van der Velden bei einem weiteren Besuch des Islamischen Bildungs- und Kulturvereins in Limburg am Freitag, 10. Februar 2023. Angesichts der Katastrophe und der notwendigen Hilfe dürften keine Unterschiede mehr zwischen Christen und Juden, Sunniten oder Aleviten oder zwischen Türken, Syrern und Kurden gemacht werden. „In diesem Augenblick gibt es nur Menschen, die leiden“, betonte van der Velden. Das Bistum Limburg teile die Sorge der in Deutschland lebenden Menschen um Angehörige und Freunde, die im Katastrophengebiet lebten, das Entsetzen über die hohe Zahl der Opfer sowie die Betroffenheit über das Ausmaß der Zerstörungen in der Region. Um zu ertragen, was eigentlich nicht ertragen werden könne, könne der Glaube an den Einen Gott helfen. „Gott, der uns immer nahe ist, behüte Sie und Ihre Gemeinde in Limburg und Ihre Angehörigen und Freunde im Erdbebengebiet“, sprach van der Velden ein Gebet zum Trost. Van der Velden tauschte sich auch mit Esat Öztürk, ein Imam der Moscheegemeinde, aus. Der Islambeauftragte des Bistums und der Bildungs- und Kulturverein pflegen bereits seit Jahren ein freundschaftliches Verhältnis und setzen sich für ein gutes Miteinander der Religionen in Limburg ein. So gibt es beispielsweise zwischen dem „Arbeitskreis der Muslime in Limburg“ und der Katholischen Erwachsenenbildung Kooperationen bei Bildungsprojekten.
Weitere Besuche geplant
Vertreterinnen und Vertreter der Stadtkirche Frankfurt hatten vergangene Woche auch die Maronitische Gemeinde in Frankfurt am Main besucht, zu der auch syrische Christen gehören. In den kommenden Wochen sind weitere Besuche geplant. Solidaritätsbekundungen gibt es auch in vielen katholischen Pfarreien, die interreligiöse Kontakte pflegen. Die Besuche und Solidaritätsadressen sind Ausdruck für ein gewachsenes Miteinander der verschiedenen Religionen.
Neben den Solidaritätsbekundungen unterstützt das Bistum Limburg Betroffene in der Türkei und Syrien mit 50.000 Euro Soforthilfe. Verschiedene Gemeinden haben zudem Solidaritätsinitiativen gestartet. Die Stadtkirche Frankfurt hat beispielsweise die Kollekte des vergangenen Wochenendes für die Betroffenen der Erdbebenkatastrophe in Syrien verwendet. Weitere Gemeinden planen ähnliche Aktionen.
Über 37.000 Todesopfer
Am 6. Februar hatte ein Erdbeben mit der Stärke von 7,8 den Südosten der Türkei und Syrien erschüttert und über 37.000 Menschenleben gefordert (Stand: 13. Februar 2023). Über 90.000 Personen wurden verletzt. Die Vereinten Nationen fürchten, dass die Zahl der Todesopfer in den kommenden Tagen weiter steigen könne. Der Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing hatte sich in einer ersten Stellungnahme betroffen gezeigt. „Wir wollen alle unsere Kräfte einsetzen, Gebet, persönliche Solidarität und viel konkrete Hilfe, um in dieser Krise zu helfen, den Trauernden und Verletzten beizustehen und zum Wiederaufbau beizutragen.“
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