LIMBURG, 28.05.2023
Pfingsten geschieht heute
An Pfingsten feiert die Kirche ihren Gründungstag. Der Heilige Geist erschien den Jüngern im Zeichen des Feuers und sandte sie aus, um die frohe Botschaft von Gottes Wirken in der ganzen Welt zu verkünden. Immer weniger Menschen kennen jedoch diese christliche Bedeutung des Pfingstfestes, die kein historisch einmaliges Erlebnis beschreibt, sondern auf konkretes göttliches Handeln hinweist, sagte Bischof Dr. Georg Bätzing bei seiner Predigt am Pfingstsonntag, 28. Mai, im Limburger Dom.
„Wer glaubt und sich taufen lässt, der wird gerettet. Heute! All dieses wunderbare Wirken Gottes wird nicht als Reminiszenz an etwas Vergangenes beschrieben. Immer wieder geschieht es, dass der Geist Jesu Christi die Gläubigen erfüllt und ihnen die Gaben der Gnade schenkt, damit sie anderen nützen“, so Bätzing. Pfingsten setze den Impuls, sich aus geschützten Räumen hinauszuwagen und sich unter die Leute zu mischen, um ihnen vom Heil Gottes und seiner Liebe zu erzählen. „Dieser Impuls trifft uns heute ebenso wie die kleine Schar damals in Jerusalem. Wer sagt uns eigentlich, dass sich Menschen heute davon nicht berühren lassen und für das große Anliegen des Herrn zu gewinnen sind“, so Bischof Bätzing. Pfingsten sei heute wie damals die Initialzündung einer Kirche der Vielfalt, der vielen Sprachen, Kulturen, unterschiedlichen Biografien und Herkünfte. Pfingsten geschehe nicht einmalig, sondern könne immer wieder geschehen, erhofft, erbetet, miteinander erwartet und von Gott geschenkt werden.
Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit
Weil das so sei, sollte man sich nicht einfach damit abfinden, dass die inhaltliche Bedeutung von Pfingsten unbekannt ist. „Alle in unserem Land feiern heute Pfingsten. Für mich ist es keineswegs eine Art Naturgesetz, dass es in Zeiten wachsender Pluralisierung und Säkularisierung immer weniger Menschen sind, die um die eigentliche Bedeutung wissen. Warum sollte es denn nicht wieder eine wachsende Zahl interessierter und informierter - ja schließlich auch gläubiger Zeitgenossinnen und Zeitgenossen geben können?“, fragte Bätzing. Das Beispiel Pfingsten mache deutlich, dass nicht alle Menschen im selben Jetzt leben, auch wenn es äußerlich so erscheinen mag. Aber damit lebe der einzelne Mensch noch nicht mit den anderen zusammen in gemeinsam geteilter Wirklichkeit. Es gebe ein spannungsreiches Gefüge von Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit. Dafür ließen sich genügend Beispiele benennen: Neueste Technologie gehe Hand in Hand mit ältesten Vorurteilen. Satelliten im All, Smartphones und ChatGPT in der Hand und in der Fußgängerzone Konflikte mit Messerstechereien. Impfstoffe neuester Machart, Hirnimplantate und Durchbrüche in der Krebsforschung und gleichzeitig uralte Verschwörungsmythen und Hassbotschaften. Wachsendes Bewusstsein für Schöpfungsverantwortung, während gleichzeitig mitten in Europa Städte bombardiert und andernorts demokratische Rechtsprinzipien ausgehöhlt und offen angegriffen werden.
Pfingsten fordert Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit
Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe man von einer Zeitenwende gesprochen und der Mensch sei in einer neuen Gegenwart angelangt. „So also sind wir Zeitgenossen, aufgewacht in einer neuen Gegenwart, Agenten des geteilten Lebensaugenblicks, aber auch dessen Zeuginnen und Zeugen“, so der Bischof. Bei aller Unterschiedlichkeit der Lebensweisen und der Wahrnehmungen, zumindest all derer, die sich für ein besseres Leben für viele Menschen aktiv einsetzen, könnte ein besonderer Sinn für die Gegenwart gemeinsam sein. „Das wäre jedenfalls mehr als ein Minimalkonsens, wo Zeitgenossenschaft am Ende nur so viel heißt wie Dabei-gewesen-zu-sein, während etwas geschah“, so Bätzing.
Nach den Worten des Bischofs braucht es eine gläubige Geistesgegenwart. Damit sei das alltägliche, geduldige Beobachten der Gegenwart, in der Gott für den Menschen Zeichen der Zeit verbirgt und enthüllt, gemeint. Daraus könne das erwachsen, was der Mensch im Innersten sucht und erhofft. „Frieden – ganz konkret und alle Menschen umfassend. Wahrheit, die andere wertschätzt und inkludiert. Gerechtigkeit, endlich für alle und mit allen geteilt“, so der Bischof. Das wäre ein Gedicht, von Gottes Geist angelegt und angeregt, das in einem fort Einheit schaffe, wo Trennung gewesen sei und Gaben schenke, die auf den Himmel als Ursprung verwiesen. „Heute ist Pfingsten. Pfingsten für alle. Wäre es doch nur endlich so!“, sagte Bätzing.
Pfingstpredigt 2023
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2023_05_28_Pfingsten.pdf