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FRANKFURT, 06.03.2023

Wie eine schützende Umarmung

Im Frankfurter Nordend entsteht Hessens erste Begräbniskirche: Ab Herbst 2024 bietet die Kirche St. Michael Platz für 2500 Urnen, erste Interessenten gibt es bereits. Das Bistum Limburg ist Träger des Projekts, realisiert wird es gemeinsam mit dem Zentrum für Trauerseelsorge und der Pfarrei St. Josef, Bornheim.

Neun große und zwei kleinere offene Kreise sind zu erkennen, die sich im langgezogenen Raum verteilen, außerdem ein runder Sitzbereich auf dem Vorplatz der Kirche und zwei kreisförmige Urnenwände sowie das „Ewigkeitsgrab“ im Kirchgarten. Noch ist die Kirche St. Michael im Nordend leer, doch der grafische Entwurf des Architektenbüros Meixner, Schlüter und Wendt gibt einen guten Eindruck davon, wie die Trauerkirche künftig aussehen soll.

Lange wurde darüber beraten, nun geht es los: Die denkmalgeschützte Trauerkirche St. Michael wird Hessens erste Begräbniskirche. Für insgesamt 3,1 Millionen Euro, von denen das Bistum Limburg 1,4 Millionen Euro trägt, wird der Kirchenraum so umgebaut, dass künftig 2500 Urnen darin Platz finden werden. Der Rest wird über den Verkauf der Urnenplätze finanziert. Bestatten lassen können sich künftig dort nicht nur für Katholikinnen und Katholiken, sondern alle, die einen geschützten Raum dafür suchen. Auf 2650 Euro kommt ein Platz mit einer Ruhezeit von 15 Jahren. Außerdem gibt es 500 Plätze für Menschen mit geringem Einkommen, die je 1500 Euro kosten sollen. Bei den Preisen orientiert sich das Bistum, das der Träger des Projekts ist, an den Preisen für Urnengräber auf den städtischen Friedhöfen.

Ende des Jahres 2023 beginnt die Bauphase, die voraussichtlich zehn Monate dauern soll, so dass sie im Herbst 2024 abgeschlossen sein dürfte. Fünf Architekturbüros waren zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen, in dieser Woche nun werden die Entwürfe auf großen Schautafeln der Öffentlichkeit präsentiert. Täglich ist die Kirche in der Butzbacher Straße 45 bis Samstag, 11. März, deshalb von 16 bis 18 Uhr geöffnet. Am Samstag sind die Architektinnen vor Ort und stellen ihren Siegerentwurfs um 16 Uhr vor.

Kleine Bereiche im großen Kirchenraum

Wie gut die Ideen des Architektenbüros Meixner, Schlüter und Wendt mit der 1954 von Rudolf Schwarz geschaffenen und an eine Schlucht erinnernden Kirche harmonieren, wird anhand zahlreicher Grafiken sichtbar. Die Architektinnen haben sich dafür entschieden, die Begräbniswände als offene Kreise zu gestalten – und auf diese Weise kleinere Bereiche im 13 Meter hohen Kirchraum zu schaffen, die sich intimer und geschützt anfühlen. Hier soll Raum für Trauer sein, Raum für Rückzug und Zwiesprache, für Gebet. „Momente der Geborgenheit“ formulieren es die Architektinnen. An anderer Stelle im Konzept ist die Rede davon, dass die „gebogenen Raumkörper die Trauernden schützend zu umarmen scheinen“ – ein klassisches Motiv des Architekten Rudolf Schwarz, das er in einer Reihe seiner Kirchen verwirklichte.

„Wir haben es am Anfang zunächst geometrisch versucht, aber wir wollten den Kirchenraum nicht zusammenschnüren“, erklärt Architektin Claudia Meixner bei der Präsentation des Konzepts vor der Presse am Montagvormittag. Und greift Gedanken des Architekten Schwarz auf: „Der offene Ring öffnet sich nach Schwarz dem Unendlichen. Die Öffnung stellt eine Schwelle vom Weltlichen zum Ewigen, zwischen Diesseits und Jenseits dar. Diese Figur erschien uns geeignet für die zylinderförmigen Raumkörper, in denen die Urnengräber untergebracht werden.“

Es wird zwei Arten der sandfarbenen Urnenkreise geben: Mit horizontaler Linienführung und mit Kreislinien. Dafür hat das Architekturbüro auch zwei unterschiedliche Arten von Urnen entwickelt. Zusätzlich werden der Vorplatz und der Kirchgarten in das architektonische Konzept mit einbezogen, dort entstehen unter anderem Sitzbereiche und weitere kreisförmige Urnenwände.

Es gibt schon erste Anmeldungen

Einer der großen Vorteile der Idee: Das Design kann nachverdichtet werden, wenn das Interesse es erfordert. Laut Verena Maria Kitz, Leiterin des angeschlossenen Zentrums für Trauerseelsorge, gibt es bereits einige Interessentinnen und Interessenten. „80 Prozent aller Beisetzungen in Deutschland sind aktuell bereits Urnenbeisetzungen“, sagt Kitz bei der Präsentation des Konzepts. Das habe finanzielle Gründe, ist aber in Zeiten häufiger Umzüge oft auch eine Frage des Sich-Kümmern-Könnens um ein Erdgrab. Begräbniskirchen, auch Kolumbarien genannt, haben viele Vorteile: Die Urnen werden in einem geschützten Raum aufbewahrt, es gibt kein Grab zu pflegen, der Trauerraum ist überdacht und barrierefrei – und im Fall des Trauerzentrums gibt es auch noch immer eine Ansprechperson, die Aufsicht in der Kirche führt und die für ein Gespräch zur Verfügung steht.

Das Zentrum für Trauerseelsorge gibt es seit 2007. Es versteht sich als Ort für Trauernde und Verstorbene gleichermaßen – und außerdem als Begegnungsort für Menschen, die sich mit dem Thema Tod auseinandersetzen möchten. Die Trauerkirche, so Verena Maria Kitz, sei ein Ort für Abschiede, persönliche Trauer, die woanders keinen Raum finden könne, zum Beispiel, weil der Verstorbene weit entfernt beerdigt sei, aber auch für Trauer in der Stadt oder im Land wie etwa nach Katastrophen.

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