Limburg, 07.06.2024
Auf Handyhüllen, im Klassenzimmer und an Kirchen
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Auf Kalendern oder Handyhüllen: Die orangenen Aufkleber mit der weißen Aufschrift „Nie wieder!“ begegnen Pfarrer Andreas Fuchs aus der Pfarrei St. Johannes Nepomuk in Hadamar immer wieder im Alltag. Unter dem Leitwort „Nie wieder!“ hat das Bistum Limburg die Pfarreien und Einrichtungen in der Diözese eingeladen, sichtbar Position für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu beziehen. Um ein öffentlich wahrnehmbares Zeichen zu setzen, können Pfarreien und Einrichtungen Fahnen, Banner und Plakate bestellen und diese an ihren Kirchen und Gebäuden aushängen. Zusätzlich gibt es eine E-Mail Signatur, Bildvorlagen für Social Media und Aufkleber.
Die Pfarrei St. Johannes Nepomuk in Hadamar beteiligt sich an der Kampagne und bestellte Aufkleber, Plakate, Schwenkfahnen und Demobanner. „Mit den Materialien waren wir auf der Demonstration in Hadamar. Dort hat Pfarrer Stefan Müller als Redner gesprochen, in Limburg bei der Demo habe ich gesprochen. Für das Anliegen der Aktion stehen wir alle ein“, berichtet Pfarrer Fuchs. Für ihn sei es selbstverständlich, als Kirche für die Rechte der Menschen einzutreten. „Wir müssen die Stimme erheben, wenn das, wofür wir einstehen, nicht wertgeschätzt wird, wenn Parolen dem christlichen Menschenbild widersprechen“, so Fuchs. Die Plakate hängen in den Schaukästen der Kirchen und sind dort rund um die Uhr im öffentlichen Raum präsent. Die Reaktionen auf die Aktion „Nie wieder!“ seien laut Pfarrer Fuchs fast ausschließlich positiv gewesen.
Mitglieder der Pfarrei Heilig Kreuz Oberlahn nahmen mit den bestellten Bannern an zwei Veranstaltungen in Weilburg und Mengerskirchen teil. „Die deutschen Bischöfe haben auf der Frühjahrsvollversammlung dazu aufgerufen Flagge zu zeigen und das tun wir damit auch. Die meisten Reaktionen, die wir bekommen haben, waren sehr positiv“, sagt Pfarrer Frank Fieseler.
Zerknüllte, zerstörte und entwendete Banner
Die Pfarrei Heilige Katharina Kasper Limburger Land machte mit den Bannern an einigen Kirchorten nicht nur gute Erfahrungen. „Ein Banner wurde zerknüllt, an einem anderen Ort wurde ein Teil des Banners herausgeschnitten, woraufhin es komplett kaputt ging. Ein Banner wurde entwendet und beim Aufhängen wurden Personen angefeindet“, berichtet Gemeindereferentin Kerstin Hutya. Es gebe aber auch positive Rückmeldungen, zum Beispiel seien Personen extra ins Pfarrbüro gekommen, die die Aktion begrüßten und sich Aufkleber mitgenommen hätten. Über Social Media habe Hutya sowohl positive als auch negative Rückmeldungen zur öffentlichen Positionierung bekommen. „Wir posten dort vor der Europawahl täglich ein Statement, warum uns persönlich Wählen wichtig ist. Gerade auf den Social-Media-Kanälen bekommen wir eine Flut negativer Kommentare. Deshalb haben mich die Reaktionen nicht überrascht. Trotzdem wollen wir als Pfarrei weitermachen und zum Wählen animieren“, so Hutya. Es gehe schließlich um grundlegende Werte. Die Gemeindereferentin ist überzeugt: „Gewalt, Hass und Extremismus jeglicher Art haben im christlichen Weltbild keinen Platz.“
Aufkleber in Bischof-Neumann-Schule
Schulseelsorger der Bischof-Neumann-Schule in Königstein im Taunus, Daniel Dere, berichtet: „In der Schule hängen an witzigen Orten, wie der Toilette, aber auch an sinnvollen Orten Aufkleber der Aktion. Im positiven Sinne: Überall ist das Motto präsent.“ In jedem Klassenzimmer hänge ein DIN-A3-Plakat der Aktion, auf dem Schulhof für alle sichtbar ein Banner, in den Klassenlehrerstunden wurde das Thema besprochen. Die Bischof-Neumann-Schule liegt neben der Stadthalle, wo vor einem Jahr das zehnjährige Jubiläum des Parteibestehens der AfD gefeiert wurde. „Das war wie ein Ruck, der durch die Schule ging. Damals haben wir mit Statements für Demokratie darauf reagiert und es entstand ein Bewusstsein dafür, gegen Rechtsextremismus Stellung zu beziehen. Die ‚Nie wieder!‘-Kampagne sorgt dafür, dass wir die Erinnerung daran wach halten. Bei den Schülerinnen und Schülern kam die Aktion gut an. Es trifft deren Nerv und ist für sie ein relevantes Thema“, so Dere. Zeitzeugenbesuche und eine Doppelstunde zu Demokratieverständnis und 75 Jahren Grundgesetz ergänzten die Kampagne an der Schule.
Flagge zeigen gegen Extremismus
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Der Regionalsynodalrat (RSR) der Katholischen Region Wiesbaden Rheingau Taunus unterstützt ebenfalls die Aktion. „Zeigen wir Flagge gegen Extremismus und Ausgrenzung jeder Art! Stehen wir auf und leisten Widerstand, wenn die Menschenwürde und unsere Demokratie in Gefahr ist! ‚Nie Wieder!‘ darf es sein, dass Kirche schweigt, wenn es um die Verletzung dieser christlichen Werte, der Menschenwürde und der Grundrechte in einem demokratischen Deutschland geht“, so der RSR in seiner Stellungnahme.
Wiedererkennungswert im Stadtbild
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„In der Stadt sehe ich hier und da Aufkleber und vor einigen Kirchen die Fahnen. Mir gefällt der Wiedererkennungswert gerade im Stadtbild einer Großstadt wie Frankfurt“, sagt Pastoralreferent Jan Quirmbach. Für die Pfarrei St. Katharina von Siena in Frankfurt wurden Banner, Aufkleber und Plakate zur Kampagne bestellt. An den Kirchen oder Kindergärten hängt mindestens ein Plakat. Schwenkfahnen und Demobanner können ausgeliehen werden. „Wenn ich auf die politische Lage schaue, habe ich Angst, dass rechte Kräfte an Macht gewinnen. Dem möchte ich etwas entgegensetzen. Die von Gott geschenkte Würde des Menschen ist unantastbar“, so Quirmbach. Zwei weitere Aktionen zum Thema Menschenwürde gibt es momentan in St. Katharina von Siena: Die Königsfiguren von Ralf Knoblauch touren durch die Pfarrei und es wurden bereits 400 Würdetafeln verteilt. Das sind Holztafeln, in die mit Brennstempeln die Aufschriften „Würde“, „unantastbar“ und eine Krone eingebrannt werden. Mit den Aktionen solle die Menschenwürde ins Gespräch gebracht werden, sagt Quirmbach.
Privat ein Statement setzen
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In der Pfarrei St. Martin Idsteiner Land sprach sich der Ortsausschuss in St. Michael dafür aus, die „Nie wieder!“-Kampagne zu unterstützen. „Privat haben wir Banner und Fahnen bestellt und an Demos teilgenommen. Seitdem hängen an zwei zentralen Orten im Dorf Fahnen als Statement“, sagt Patricia Goldstein-Egger, die sich ehrenamtlich in der Pfarrei engagiert. In der Pfarrei gab es vor kurzem ein Pfarreiforum zum Thema „Ist unser Glaube politisch“. Dr. Tonke Dennebaum, Leiter des Kommissariats der Katholischen Bischöfe im Land Hessen, kam als Referent. „Im Anschluss an seinen Impuls gab es eine lebhafte Diskussionsrunde, was gut und Sinn der Veranstaltung war. Es kamen Personen aus verschiedenen Gruppen unserer Pfarrei“, sagt Pastoralreferentin Marlene Wynands. In den Pfarrei-Schaukästen hingen Plakate der Kampagne und teilweise verwendeten Personen die E-Mail-Signatur, so die Pastoralreferentin. „Die Schwenkfahnen habe ich privat auf einer Demo gesehen und fand das sehr wirkungsvoll, auf dem Platz die orangenen Fähnchen zu sehen“, so Wynands.