Rüdesheim
Von Sprechen bis Schweigen
Die Begleitung und Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen ist kein planbares Ehrenamt, aber es ist erfüllend, intensiv und sinngebend. „Man fängt immer bei null an“, erzählt Renata Kiworr-Ruppenthal, Vorsitzende und Geschäftsführerin des Ökumenischen Hospiz-Dienstes Rheingau.
Die Arbeit in dem Verein, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen begeht, ist herausfordernd, dennoch gibt es 32 aktive ehrenamtliche Hospizhelferinnen und -helfer im Alter zwischen 40 und 80 Jahren, die sich meist schon über viele Jahre hinweg beim Hospiz-Dienst engagieren.
Gegründet wurde der Verein auf Initiative von Hospizpfarrerin Beate Jung-Henkel und Weihbischof Dr. Thomas Löhr aus dem Bestreben heraus, Sterbende im Rheingau in ihrer vertrauten Umgebung besser zu versorgen. Ziel war und ist es ein Leben in Würde bis zum letzten Augenblick zu ermöglichen. „Hospiz ist eine Haltung. Der Mensch steht mit einem seinen Bedürfnissen im Vordergrund“, sagt Kiworr-Ruppenthal. Am Ende des Lebenswegs zähle jede Minute. Diese Zeit müsse mit Würde gefüllt werden, so Pastoralreferentin Beate Hollingshaus, die zweite Vorsitzende des Vereins. Beide Seelsorgerinnen finden: „Kein Mensch soll allein sein in der Situation des letzten Weges.“ Noch nie habe der Hospiz-Dienst eine Anfrage zurückgewiesen.
Gut vernetzt in der ganzen Region
Über die Jahre ist der Verein, der seine Räume in der Nachbarschaft zum St. Josefs-Hospital Rheingau hat, kontinuierlich gewachsen. Mittlerweile sind sechs Hospizschwestern im Einsatz. Sie übernehmen den Erstbesuch in den Familien, sehen sich die Räumlichkeiten an und beraten, was als nächstes zu tun ist. Der Verein ist gut vernetzt mit den Pflegediensten, Krankenhäusern, den Palliativdiensten und Arztpraxen im Rheingau. Die Hospizschwestern leiten zudem Fortbildungen, laden zu Gesprächsabenden ein und organisieren Letzte-Hilfe-Kurse. Finanziert wird der säkulare Verein von Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Fundraising und kommunaler Förderung. „Wir haben 370 Mitglieder. Unser Ziel sind 400“, wünscht sich Kiworr-Ruppenthal augenzwinkernd.
Der Ökumenische Hospiz-Dienst arbeitet rein ambulant, dennoch gibt es eine gute Kooperation mit den Alten- und Pflegeheimen, in denen die ehrenamtlich tätigen Hospizhelferinnen und -helfer auch Besuchsdienste übernehmen. Die Ausbildung für das qualifizierte Ehrenamt dauert ein Jahr und ist in einen Grundkurs, zwei Praktika und einen Aufbaukurs aufgeteilt. Gerade die Praktika auf der Palliativstation und in einer Altenpflegeeinrichtung seien für viele eine gute Erfahrung. Wer ein solches Ehrenamt übernehme, erhält psychologische Begleitung durch Supervision. Nach besonders intensiven Begleitungen sei manchmal auch ein Pausieren nötig, berichtet Hollingshaus. Im Frühjahr startet ein neuer Ausbildungskurs. Interessierte können sich in der Geschäftsstelle des Vereins anmelden.
Nichts ist planbar
Grundsätzlich ist nichts planbar. Eine Begleitung kann zwei Tage oder aber zwei Jahre dauern. In der Regel besuchen die Ehrenamtlichen die Patientinnen und Patienten ein- bis zweimal in der Woche. Es werde vorgelesen, spazieren gegangen oder einfach eine Hand gehalten. „Von Sprechen bis Schweigen ist alles möglich“, sagt Kiworr-Ruppenthal. Ein großes Problem sei die Einsamkeit vieler Menschen.
Um das Thema Tod und Sterben aus der Tabuzone zu holen, spielen beim Ökumenischen Hospiz-Dienst neben der Begleitung Sterbender auch die Trauerbegleitung, die Schulungen und die Öffnung nach außen mit Beratungen und Veranstaltungen eine wichtige Rolle. So findet ein großer Adventsbasar am Freitag, 28. November 2025, von 14 bis 17 Uhr im Eibinger Pfarrhaus statt. Eine feste Gruppe der Ehrenamtlichen bastelt und werkelt das ganze Jahr über, um den Basar vorzubereiten. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen. Zum Adventskonzert mit der Musikgruppe AVALON sind Interessierte am Sonntag, 30. November 2025, um 18 Uhr in die Eibinger Wallfahrtskirche St. Hildegard eingeladen.
Das Einsatzgebiet des Ökumenischen Hospiz-Dienstes umfasst den gesamten Rheingau, und so hat auch eine kleine Rheingauer Besonderheit ihren Weg in die Schulung gefunden. Wenn es um das Thema Mundpflege, insbesondere die Befeuchtung des Mundes gehe, werde auch schonmal empfohlen, statt Eiswürfel aus Wasser lieber welche aus Wein zu verwenden, verrät das Vorstandsteam. Die kleine Geste komme in der berühmten Weinbauregion gut an und sorge auch in schweren Momenten für Erheiterung und ein bisschen Leichtigkeit.