Frankfurt, 05.03.2025
Fürs Herz und für die Stirn
Am Aschermittwoch vor dem Punctum das Aschekreuz to Go auszuteilen ist immer ein ganz besonderes Erlebnis. Mal stehen Menschen Schlange, um den kurzen Aschesegen zu empfangen, mal kommt lange Zeit niemand. Eine Frau, die vorbei geht, reckt den Daumen hoch, andere bedanken sich für die gute Aktion und die soziale Arbeit der Katholischen Kirche. Viele, die sich am Mittwochmittag vor der citypastoralen Einrichtung auf dem Liebfrauenberg segnen lassen, sprechen kein Deutsch – doch die Kommunikation funktioniert auch ohne Worte. Nicken, lächeln, Aschekreuz. Und wenn am Ende ein Segen gesprochen wird, der durch den Tag begleitet, kribbelt es freudig auf allen Sprachen in der Magengrube.
Seit vielen Jahren gibt es zum Beginn der Fastenzeit das Aschekreuz to Go an der Liebfrauenkirche. Erst in der Kirche, später im Hof mit den schönen Lichtern – und seit 2019 direkt auf der Straße, direkt bei denen, die vorbei eilen. Denn Kirche, so die Haltung derer, die den Aschesegen austeilen, ist am besten direkt bei den Menschen aufgehoben, in ihrer Lebenswirklichkeit, in ihrem Alltag.
Vergewisserung gehört dazu
„Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“ oder „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“: Mit einer dieser beiden Formeln wird die Asche in Kreuzform auf die Stirn gestrichen. „Ich frage die Menschen, welche sie bevorzugen“, sagt Christiane Moser-Eggs, Leiterin der Katholischen Stadtkirche, die gemeinsam mit Doppelspitzen-Partner Michael Thurn an diesem Mittwochmittag vor dem Punctum das Aschekreuz verteilt. Außerdem vergewissert sie sich, bevor sie segnet, ob sie darf – für Moser-Eggs eine Selbstverständlichkeit, denn alles hier geschieht freiwillig. „Ich finde, die Aktion passt hervorragend in die Stadt und auch in die Zeit“, sagt sie. „Die Menschen sind auf dem Weg und wir laden sie ein, kurz innezuhalten.“ Bei dem Angebot falle ihr das schöne Wort „snackable“ ein, das sich auf den „Snack“ bezieht, also kurz mal zwischendurch etwas zu sich zu nehmen.
Das spricht auch eine junge Mutter an, die mit Kinderwagen vorbeikommt – und bei der Gelegenheit gleich mal fragt, wie das eigentlich mit der katholischen Taufe funktioniert. Für Tobias Dera, Leiter des Punctums, und Gemeindereferent Jörg Harald Werron eine wunderbare Art, niedrigschwellig mit den Menschen über Alltag, Kirche und Glauben ins Gespräch zu kommen und praktische Informationen bereitzustellen. Bruder Bernd Kober, Kirchenrektor von Liebfrauen, teilt das Aschenkreuz ebenfalls mit aus und findet die Idee des Segen to Go so gut, dass er überlegt, ob sie sich auch auf andere Situationen übertragen ließe. Valentinstag, Erntedank, einfach mal so zwischendrin – Segen kann nie schaden, denn danach fühlt der restliche Tag sich für viele Menschen beschwingter und behütet an.
Bahnbabo: Im Stellwerk des Lebens
So geht es auch dem als Bahnbabo bekannt gewordenen Peter Wirth, ein echter Frankfurter Lokalpromi. Am Punctum kommt er zufällig vorbei und lässt sich segnen. „Ich bin gläubig und mache das für mein Herz“, sagt der parteilose Bürgermeisterkandidat von 2023 und pensionierte Straßenbahnfahrer, der sich für wohltätige Zwecke engagiert und kranken Kindern Wünsche erfüllt. Wirth zeigt sich berührt von dem Segen und kommt ins Philosophieren: „Da oben sitzt jemand im Stellwerk des Lebens, und wenn er nur eine Weiche falsch stellt, fährt alles gegen die Wand. Wir müssen dankbar sein, dass er auf uns aufpasst.“
Es sei keine einfache Botschaft, die an Aschermittwoch vermittelt werde, sagt Stadtkirchenleiter Michael Thurn. „Aber sie hat auch das Potenzial des Lebendigen.“ Die Segensbegegnungen sind für ihn trotz des Lärms der Stadt drumherum intime Momente. 30 Sekunden innezuhalten, den Alltag zu unterbrechen, in der Welt, in der man lebe, und danach weiter seines Weges zu gehen – das ist es, was die Menschen am Aschekreuz to Go schätzen. Und auch, dass sie ganz praktisch etwas mitnehmen, wenn es vorbei ist, und zwar nicht nur das Mal auf der Stirn. „Der Segen kann auch entlasten“, sagt Christiane Moser-Eggs. „Es tut gut, sich zu besinnen und in der Asche einen neuen Anfang zu finden.“