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Frankfurt, 19.01.2025

Differenzen aushalten und finden, was verbindet

Die Katholische und Evangelische Kirche in Frankfurt haben am Sonntag ein ökumenisches Fest des Glaubens gefeiert.

„Gemeinsam am Tisch des Herrn“ – so hat der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) 2019 ein Votum überschrieben, das 2021 während des Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt schon Inspiration für „ökumenisch sensible“ Eucharistie- beziehungsweise Abendmahlfeiern in einigen Gemeinden war. Am Sonntag, 19. Januar, sind in ganz Frankfurt viele Christinnen und Christen erneut in den Gottesdiensten der jeweils anderen Konfession zu Gast gewesen.

„Anders als bei unseren evangelischen Geschwistern kann katholischerseits zwar noch keine generelle Einladung zum Kommunionempfang selber ausgesprochen werden“, sagt Michael Thurn, Leiter der katholischen Stadtkirche. Wohl aber könne die je einzelnen Gewissensentscheidung, zur Eucharistie oder zum Abendmahl hinzuzutreten, respektvoll anerkannt werden. „Im gemeinsamen Vertrauen auf die Gegenwart Jesu Christi in unseren Mahlfeiern wächst auch unser Vertrauen zueinander. Ein Hoffnungssignal in einer Zeit, in der zu viele auf Misstrauen und Spaltung setzen.“ 

Christiane Moser-Eggs, Leiterin der katholischen Stadtkirche, die mit Stefanie Brauer-Noss, Prodekanin des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach, am Sonntagvormittag im Rahmen der Heiligen Messe in St. Bernhard im Nordend die Kommunion empfangen hat, sagt: „Dass in diesen Tagen viele Menschen in Frankfurt als Gäste und Gastgebende ökumenisch aktiv sind, ist ein tolles Zeichen: Nicht was uns trennt oder was noch nicht geht, ist entscheidend, sondern das, was möglich ist und uns verbindet.“ Sie verstehe die gegenseitigen Einladungen als Impuls, die Gastfreundschaft über die häufig gepredigt würde, auch zu leben. „Als Gast darf ich mich willkommen fühlen, stehe nicht passiv dabei, sondern erlebe das Geschehen hautnah“. Neue Erfahrungen auf Basis von Neugier und Offenheit könnten die Sicht auf die Welt verändern – gerade Christinnen und Christen sollten da Vorreiter sein. Sie begrüßt, dass es unterschiedliche Resonanzen auf die Initiative gibt, „weil wir so ins Gespräch kommen darüber, was uns wichtig ist“.

Natürlich gebe es Unterschiede zwischen der katholischen Eucharistie und den evangelischen Abendmahlsverständnissen, die in sich schon eine gewisse Pluralität aufweisen, sagt Prodekanin Stefanie Brauer-Noss. Aber diese Unterschiede nicht zu negieren, sondern die Gottesdienste behutsam und mit genau diesem Bewusstsein der Differenzen zu gestalten, ohne dass sich die jeweils anderen ausgegrenzt fühlen, darum gehe es bei den Feiern, die in diesen Tagen in Frankfurt in den evangelischen und katholischen Gemeinden stattfinden. „Ich bin stolz auf Frankfurt, dass wir hier diesen Weg gehen. Wir sind Christinnen und Christen in dieser Stadt. Uns verbindet so viel, ja fast alles im Glauben. Gut, dass wir dabei auch Lösungen finden, um Differenzen auszuhalten und positiv gemeinsam gestalten. Ich bin überzeugt, dass wir die Zukunft nur gemeinsam  - als Christen mit verschiedenen Traditionen – gehen können.“

Der Evangelische Stadtdekan Holger Kamlah zeigte sich beeindruckt: „Ich bin dankbar, dass wir heute einen weiteren wichtigen Schritt in der Ökumene gegangen sind. In den gemeinsamen Mahlfeiern war unsere Gemeinschaft als Christinnen und Christen neu erlebbar. Wenn Menschen durch Eucharistie und Abendmahl Stärkung erfahren, erfüllen wir den Willen Jesu Christi. Heute haben nicht nur Einzelne für ihr individuelles Leben Kraft tanken können, heute wurden auch gemischtkonfessionelle Paare für ihren gemeinsamen Lebensweg gestärkt.“ Für die beiden Kirchen seien die Gottesdienste ein Zeichen der Hoffnung gewesen, so Kamlah: „In einer Zeit, in der vor allem die Unterschiede zwischen Menschen und Gruppen betont werden, gehen wir einen weiteren Schritt aufeinander zu und suchen das, was uns verbindet.“

Auch nach dem 19. Januar finden weitere Gottesdienstfeiern statt, zu denen gegenseitig eingeladen wird. Alle Termine gibt es auf der ökumenischen Webseite www.christliches-frankfurt.de unter diesem Link.

Zum Hintergrund

Was bedeutet es, ökumenisch sensibel Eucharistie oder Abendmahl zu feiern? Evangelischerseits wird beispielsweise anerkannt, dass Brot und Wein während der Feier ganz aufgebraucht werden. Katholischerseits wird unter anderem berücksichtigt, dass die Eucharistie in Form von Brot und Wein gereicht und auf Marienlieder verzichtet wird. Für beide Konfessionen gilt, dass die Gebete auf ihre größtmögliche ökumenische Tragfähigkeit hin gewählt werden.

Grundlage der Einladung ist die gegenseitige Anerkennung der Taufe, vor allem aber das gemeinsame Bekenntnis zu Christus. Beide, evangelische und katholische Christen und Christinnen, glauben, dass die Feier von Eucharistie beziehungsweise Abendmahl „ein Geheimnis des Glaubens ist: das Fest der Versöhnung zwischen Gott und Mensch, die durch die Hingabe Jesu Christi, sein Leben, Sterben und seine Auferstehung eröffnet ist und die sich in der Feier vergegenwärtigt“, so das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach und die Katholische Stadtkirche Frankfurt in ihrem Aufruf zu „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ 2025. „Die gegenseitige Einladung ist getragen von einem wechselseitigen Vertrauen in die Gegenwart Jesu Christi im Heiligen Geist in der Gemeinschaft der Getauften: Christus selbst lädt ein, er ist der Gastgeber.“

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