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Fulda/Limburg, 26.06.2025

Kritische und konstruktive Unterstützung

Am 17. Juni 2025 hat die unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Fulda ihren Missbrauchsbericht vorgelegt. Der gemeinsame Betroffenenbeirat der Bistümer Fulda und Limburg hat dazu folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Am 17. Juni 2025 hat die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Fulda ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die darin enthaltenen Erzählungen von Betroffenen sexualisierter Gewalt haben uns tief bewegt. Die Analyse der systemischen Ursachen und die Empfehlungen für die weitere Arbeit zeigen deutlich, dass trotz der bisher erzielten Fortschritte weiterhin Handlungsbedarf auf der gesamtkirchlichen Ebene und auf der Ebene des Bistums Fulda besteht.

Bischof Gerber hat eingeräumt, dass kirchliche Strukturen und falsche administrative Handlungsweisen, für das Ausmaß an sexualisierter Gewalt verantwortlich sind. Als gemeinsamer Betroffenenbeirat der Diözesen Fulda und Limburg sind wir weiterhin bereit, das Bistum Fulda bei den angekündigten Veränderungsprozessen kritisch, aber konstruktiv zu unterstützen.

Im Sinne einer Prioritätensetzung halten wir die folgenden Maßnahmen für besonders dringlich:

  • Aufarbeitung geht über die bloße Erfassung des Ausmaßes und der Ursachen hinaus. Sie erfordert darüber hinaus, dass sich Orte, an denen sexuelle Gewalt stattgefunden hat, aktiv mit dem Missbrauch auseinandersetzen, dass Unrecht anerkannt, individuelle und strukturelle Verantwortung der Täter und ihrer Ermöglichungssysteme benannt und die berechtigten Ansprüche der Betroffenen auf Anerkennung, Aufklärung und Unterstützung ernsthaft verfolgt werden. Mut und innovative Konzepte für eine nachhaltige Erinnerungskultur sind notwendig, um die betroffenen Gemeinden konstruktiv zu unterstützen und zu begleiten.
  • Sexualisierte Gewalt hat im Leben der meisten Betroffene tiefe Spuren hinterlassen. Die Folgen sind so gravierend, dass sich eine der Seelsorge verpflichtete Organisation nicht mit technischen Vorgehensweisen, bei denen Betroffene nicht im Mittelpunkt stehen, zufriedengeben darf. Die Bereitschaft, den Schaden, für den man systemisch verantwortlich ist, wieder gut zu machen, erfordert, ausreichende Kommunikationsangebote, ausreichende finanzielle Hilfen und leicht zugängliche therapeutische Unterstützung.
  • Im Bistum Fulda ist der Beraterstab für die Prüfung von Anträgen auf sogenannte Anerkennung des Leids zuständig. Was ursprünglich als niedrigschwelliges, unterstützendes Verfahren gedacht war, hat sich zunehmend in eine Richtung entwickelt, die neue Belastungen schafft: Die Plausibilitätsprüfung soll sich künftig nicht mehr auf Rahmendaten beschränken, sondern problematische Anforderungen wie „Glaubhaftigkeitsbegutachtungen“ oder die Entbindung von Therapeut:innen von der Schweigepflicht umfassen. Solche Maßnahmen erschweren den Zugang, belasten Betroffene zusätzlich und können retraumatisierend wirken.

Zugleich bleibt das Verfahren intransparent: Entscheidungskriterien, Abläufe und Zuständigkeiten sind nicht klar geregelt. Zwar wurde ein Betroffener aus dem Betroffenenbeirat in den Beraterstab entsandt - doch angesichts der bestehenden Strukturen stellt sich zunehmend die Frage, ob unter diesen Bedingungen eine wirksame Interessenvertretung möglich ist. Eine Rücknahme der Entsendung wird geprüft.

Die Entwicklung, transparenter, fachlich tragfähiger und professionell gestalteten Strukturen für die Arbeit des Beraterstabs wird vom Betroffenenbeirat schon seit geraumer Zeit angemahnt.

Die aktuelle Aufarbeitungskommission beendet im September 2025 ihre Tätigkeit. Der Betroffenenbeirat bedankt sich bei allen Mitgliedern für das ehrenamtliche Engagement und die konstruktive Zusammenarbeit innerhalb des Gremiums. Die Ergebnisse zeigen, dass eine unabhängige Perspektive bei der Analyse und Begleitung von Veränderungsprozessen unerlässlich ist.

Der Betroffenenbeirat empfiehlt daher eine Fortführung unabhängiger Aufarbeitung.

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