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Wißmar

Die Kirche ist ihr zweites Zuhause

Judith Borg arbeitet als Pastoralreferentin im Bistum Limburg. In der Pfarrei St. Anna Biebertal, die zur Diaspora des Bistums Limburg gehört, ist sie ein Gesicht der Kirche vor Ort.

Donnerstagmorgen, 9 Uhr, evangelische Kirche in Salzböden. Judith Borg und ihr evangelischer Kollege Ernest Aguirre rücken alles zurecht. Der ökumenische Einschulungsgottesdienst steht an. Die Sommerferien sind vorbei und die Kinder kommen, um ihre Einschulung unter den Segen Gottes zu stellen.

Es ist eine kleine Kirche, eine kleine Gemeinschaft – gemeinsam feiern sie einen Gottesdienst. Jedes Kind wird auch einzeln gesegnet, als Zeichen dafür, dass Gott da ist und die Kinder beschützt. Nach dem Gottesdienst geht es für Judith Borg weiter nach Biebertal. 19 Kilometer, 20 Minuten. Dort hat die 47-jährige Pastoralreferentin ihr Büro. Sie arbeitet in der Pfarrei St. Anna Biebertal. Fast 50 Kilometer weit ist der Weg von einem Ende der Pfarrei zum anderen. Auf dem Gebiet leben etwa 7.000 Katholikinnen und Katholiken. Es zählt zur Diaspora des Bistums, also Regionen, in denen die Katholikinnen und Katholiken in der Unterzahl sind.

Der Weg zur Pastoralreferentin

Dass sie Pastoralreferentin wird, war nicht von Anfang an klar. „Ich habe eigentlich angefangen, Lehramt zu studieren. Deutsch und dann als Zweitfach Katholische Religion“, erzählt Borg. Aber das Lehramt war dann doch nicht das Richtige. Auf den Beruf der Pastoralreferentin brachte sie dann der Pastoralreferent ihrer Heimatpfarrei. „Er sagte, ich sollte mir mal Sankt Georgen anschauen. Das hab ich auch gemacht, das hat mir gefallen und so hat sich das ergeben.“ Borg kannte die Arbeit der Pastoralreferentinnen und -referenten auch aus ihrer eigenen Gemeinde, die auch eine Gemeinde in der Diaspora war.

Deshalb war es für sie auch klar, dass die Arbeit in der Diaspora auch eine Arbeit für sie sein könnte. „Ich verstehe bis heute nicht, was an Diaspora abschreckend ist“, sagt Borg. „Für mich war Kirche auch immer wie ein zweites Zuhause, weil ich auch neben der Kirche großgeworden bin. Mein Papa war Küster, ich bin oft mitgegangen. Ich kannte auch immer die Leute, die im Gottesdienst waren.“ Alles also ganz nah, klein und geborgen.

Ansprechperson für die Menschen vor Ort

Wer vor Ort sei, gestalte das Leben mit. Und so ist Borg heute auch Ansprechperson für den Kirchort Wißmar. Sozusagen das Gesicht der Katholischen Kirche – ganz ohne Pfarrerin zu sein. „Für mich war immer klar, dass ich in der Katholischen Kirche ‚nur‘ Pastoralreferentin werden kann. Wäre ich evangelisch, wäre ich möglicherweise Pfarrerin geworden“, sagt Borg. Aber sie sei sehr gerne Pastoralreferentin und genieße in der Diaspora die große Freiheit, die damit einhergehe.

„Die große Vielfalt ist das Besondere an meinem Beruf. Ich habe mit allen möglichen Menschen zu tun. Von Babys bis zu Senioren. Ich bin beispielsweise im Seniorenheim zur Andacht, habe mit dem Familienzentrumsprojekt viel mit Familien zu tun. Im Sommer gibt es das Zeltlager, da sind die Teilnehmenden zwischen acht und 14 Jahren alt“, erzählt Borg. „Von Religionsunterricht bis PopUp-Café auf dem Spielplatz – ich mache das alles gerne, ich mag das alles. Manches ist herausfordernder als anderes, aber ich finde, das ist toll.“

Viel zu tun – wenig Personal

Auf der anderen Seite seien es viele Dinge, die getan werden müssten von immer weniger Mitarbeitenden. In den vergangenen vier Jahren hat sich das Pastoralteam fast halbiert – von sieben Personen im Pastoralen Dienst auf vier. „Wir sind mittlerweile ein kleines Team mit zwei Pastoralreferenten, dem Pfarrer und dem Koordinator“, erklärt Borg. Dazu komme eine multiprofessionelle Kraft – eine Sozialpädagogin. Trotz des kleinen Teams funktioniere die Zusammenarbeit gut, kurze Wege für Absprachen seien hilfreich. „Da ist es besonders wichtig, dass man im Team auch loyal ist“, sagt Borg. Zu wissen, dass der Pfarrer hinter einem stehe und die Entscheidungen mittrage, sei essenziell.

Nach der Arbeit im Büro geht es für Borg weiter zu einem Gespräch mit Ehrenamtlichen, die ein Sprachcafé betreuen. Also ab nach Wißmar. „Es geht darum, Menschen die deutsche Sprache näher zu bringen, mit ihnen zu üben und zu sprechen“, erklärt Borg. In dem Gespräch schauen die Ehrenamtlichen mit Borg darauf, wie mehr Menschen erreicht werden können, beispielsweise soll die Plakatwerbung angepasst werden und mit den Kindertagesstätten kooperiert werden. „Wenn es in unserem Land ein Problem ist, dass Leute die Sprache lernen können, dann müssen wir helfen“, sagt Borg. „Da sind wir die, die da sein sollten.“

Eiskaffee und Spielangebote

Danach geht es dann zum Spielplatz nach Krofdorf. Dort hat das Familienzentrum sein PopUp-Café aufgebaut. Verschiedene Spielstationen zusätzlich zu den Geräten am Spielplatz hat das Team dabei. Es gibt Kaffee, Eis-Kaffee und Kuchen. Eine der Besucherinnen ist Melanie, die mit ihrem Sohn regelmäßig zum PopUp-Café kommt. „Ich finde es supergut, was hier so alles angeboten wird“, sagt sie. „Vor allem, dass es auch so offen ist für alle. Wir kommen gerne zum Café.“ An diesem Donnerstag sind etwa 30 Personen da – deutlich weniger als sonst, sagt Borg. „Wir haben die Werbung auf Instagram vergessen“, gesteht sie ein. „Und das Wetter ist zu gut. Da sind sicher viele Familien im Freibad.“ Aber das macht nichts. Die Kinder und Erwachsenen, die da sind, freuen sich über die Angebote. „Mit dem Familienzentrum wollte ich einen Ort schaffen, wo Menschen sich begegnen, sich austauschen können“, erklärt Borg die Idee.

Unterstützt wird Borg beim PopUp-Café auch von Ehrenamtlichen, die teilweise eine Aufwandsentschädigung erhalten. „Es ist uns wichtig, die ehrenamtliche Arbeit zu honorieren. Zudem bringt es eine Verlässlichkeit“, sagt Borg. „Ehrenamt ist immens wichtig, weil da, wo Leute etwas zusammen auf die Beine stellen, da ist etwas möglich, da haben auch andere Lust, mitzumachen.“ Die Verantwortung übernehmen, das werde jedoch deutlich, das sei nicht unbedingt so einfach für die Ehrenamtlichen, daher gebe es die Aufwandsentschädigung.

Besonderes Highlight der Arbeit: gemeinsame Wochenenden

Ganz besonders Spaß an ihrer Arbeit machen Borg die gemeinsamen Wochenenden. Frauenwochenende, Kinderwochenende, Familienwochenende, Adventswochenende und Zeltlager sind die Angebote, die Borg nennt. „Was ich total mag, ist, wenn man zusammen weg ist. Ein bisschen Leben geteilt mit allem, was dazu gehört“, sagt sie. Gemeinsames Essen, Aktionen, Gebete – „man macht all das, was unser Gemeindeleben ausmacht. Was in der Diaspora nicht so gut funktioniert, funktioniert an diesen Wochenenden“, erklärt Borg und meint damit vor allem die enge Gemeinschaft. „Wenn man sich dann auch zu anderen Gelegenheiten trifft, da merke ich, da ist etwas entstanden.“

Felicia Schuld

Ressortleitung Multimedia, Redakteurin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Hintergrund

Das Bistum Limburg feiert in diesem Jahr das 50-jährige Jubiläum der Einführung von Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten. Im Rahmen des Jubiläums sind verschiedene Texte und Videos entstanden, die die vielfältigen Möglichkeiten und Herausforderungen des Berufs aufzeigen. Mehr Informationen dazu finden Sie unter: https://bistumlimburg.de/50-jahre-pastoralreferenten-und-referentinnen.

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