Frankfurt, 20.11.2024
Vom Umgang mit Streit, Hass und Hetze
Im Gottesdienst am Samstag, 16. November, im Frankfurter Dom nahm Bischof Georg Bätzing auf die aktuelle Situation der Welt Bezug. Er sprach von Polykrisen und dass die Menschheit erschüttert werde. Auch die Volkskirche trage nicht mehr, es seien apokalyptische Szenarien. Jesus stehe dem entgegen und verbreite keine Weltuntergangs- sondern vielmehr Weltübergangsstimmung. „Ja, Gott greift ein, aber nicht mit apokalyptischen Zeichen und Untergangsszenarien. Er greift ein, anders als je gedacht. Jesus ist ein Musterbrecher“, sagte Bätzing. „Damit setzt er eine Bewegung in Gang.“ Um eine neue Mitte herum formiere sich eine neue Welt. Und ob das trägt, zeige sich daran, ob die Menschen selber mitspielen beim Musterbrechen. Die kürzeste Beschreibung von Religion sei Unterbrechung und das sollten die Menschen suchen. „Abstand nehmen, um Einsichten zu gewinnen, Wissen vermitteln und gleichzeitig Gewissen spüren, das können nur Menschen“, betonte der Bischof von Limburg.
Gespräch zum Thema Streit
Im Anschluss an den Gottesdienst trafen sich die Journalistinnen und Journalisten in der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen. Bei einem Gespräch mit Bischof Georg Bätzing und Moderatorin Nadine Thielen ging es um das Thema Streit. Dabei nahmen sie Bezug auf die Diskussionen beim Synodalen Weg und den persönlichen Umgang mit Streit. Der Streit beim Synodalen Weg habe gezeigt, dass die Themen wichtig sind und sie den Beteiligten am Herzen lägen. „Ich möchte mich positionieren und zwar nicht nur, um einer Gruppe zu gefallen, sondern weil ich die Fragen durchdacht, durchrungen habe“, sagte Bätzing und bezog sich auf die Frauenfrage in der Katholischen Kirche. „Die Zeiten sind vorbei, dass man für die einen und die anderen Verständnis heischen kann.“ Streit sei dabei nichts ungeistliches, sondern helfe, voran zu kommen.
Beim Jahrestreffen des ifp wurde das neue Design der Journalistenschule vorgestellt, die Teilnehmenden besuchten Redaktionen und tauschten sich aus. Am Sonntag, 17. November, ging es beispielsweise noch um das Thema „Hass und Hetze“. Dazu diskutierten Sophie Maier, RTL-Journalistin und Reporterin, und Hasnain Kazim, Autor und Journalist. Sie erhielten selbst in den vergangenen Jahren Morddrohungen, beispielsweise aus rechtsextremen und islamistischen Kreisen. Doch das Tabu, darüber zu sprechen, sei immer noch groß, betonten sie. „Ich habe mich ganz oft nach meinen Einsätzen oder nach einem Shitstorm sehr einsam gefühlt", sagte Maier auf der Bühne. In vielen Redaktionen gebe es keine ausreichenden Hilfsangebote. Die Journalistin und Resilienz-Coach Ute Korinth (Helpline Netzwerk Recherche) bestätigte, dass die Hemmschwelle immer noch groß sei, über die Auswirkungen von Hasskommentaren zu sprechen.
Doch wie gehen die Journalistinnen und Journalisten mit dem Hass um?
Direkt antworten
Kazim berichtete, dass er allen Hassschreiberinnen und -schreibern antworte. Besonders empfehlen kann er die simple Nachfrage: „Wie meinen Sie das eigentlich?" Häufig würde das Diskussionen im Netz bereits entschärfen. Er selbst antworte teilweise sehr direkt. Es helfe ihm, mit den Kommentaren umzugehen. Bei Gewalt- und Morddrohungen zieht er seine Grenze. Sie werden, teils über HateAid, einer gemeinnützigen Organisation zur Beratung und Unterstützung von Betroffenen von online-Hassreden und Hasskommentaren, angezeigt. Kazim machte den jungen Journalistinnen und Journalisten Mut: Anzeigen über Drohungen im Netz würden mittlerweile häufiger verfolgt.
Maier schuf sich im privaten Umfeld und unter Kolleginnen und Kollegen ein Netzwerk, um über Hasskommentare zu sprechen. Sie empfahl jungen Medienschaffenden, immer in sich reinzuhören. „Es ist ganz wichtig, professionelle Hilfe zu holen." Auch Korinth appellierte: „Redet darüber." Schon zu merken, dass andere auch Hasskommentare erhalten, könne helfen. Ihr Fazit lautet: Hass und Hetze seien nicht normal. „Wir müssen es nicht aushalten."