Koblenz, 06.03.2025
Deutlich mehr Frauen von Gewalt betroffen
Die Frauenrechtsorganisation Solwodi berichtet, dass sich im vergangenen Jahr 2.589 Frauen aus 116 Ländern an sie gewandt haben, um Unterstützung vor Gewalt und in Notsituationen zu erhalten. Das entspricht einer Steigerung von über 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
162 Frauen kamen aus Bulgarinnen und 107 aus Rumänien. „Viele dieser Frauen sind in der Prostitution, nicht wenige gehören Minderheiten an“, erläutert die Vorsitzende von Solwodi, Maria Decker. Diese Frauen sind besonders anfällig für Ausbeutung und prekäre Situationen, weil sie häufig bereits im Herkunftsland Diskriminierung erlebt haben und wenig Vertrauen in Polizei und staatliche Institutionen mitbringen.
Im Bereich Prostitution ist auch nach wie vor der Menschenhandel ein Thema. Viele Betroffene stammen aus Nigeria und anderen westafrikanischen Ländern. Im Jahr 2024 hat Solwodi annähernd 300 Frauen beraten, die Opfer von Menschenhandel wurden oder bei denen ein entsprechender Verdacht besteht.
Starker Zuwachs bei sogenannter Ehrgewalt
Einen starken Zuwachs verzeichnen die Mitarbeiterinnen von Solwodi bei der sogenannten Ehrgewalt. 120 Frauen waren von Ehrenmord bedroht und bei über 300 Personen war eine Zwangsverheiratung angedroht oder bereits erfolgt. „Wir wissen nicht, ob die Gewalt in diesem Bereich tatsächlich steigt oder einfach mehr Frauen die Möglichkeit haben und sich trauen, Unterstützung zu suchen“, gibt Decker zu bedenken. Festzuhalten ist jedoch, dass es gerade für diese Frauen besonders schwer ist, sich aus der gewaltbehafteten Situation zu lösen, weil dies oft den Bruch mit der Familie bedeutet. „Wir erleben viele junge Mädchen, die in sehr behüteten Kontexten aufgewachsen sind und für welche die Familie eine zentrale Rolle spielt. Sich davon zu lösen, ist ein schwieriger Prozess, der sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen auf Seiten der betreuenden Sozialarbeiterinnen verlangt.“
Viele der Frauen, die Solwodi kontaktieren, leiden aufgrund der Gewalterfahrung unter psychischen Problemen bis hin zu Traumafolgestörungen. Sie benötigen eine besonders intensive Begleitung. Eine große Herausforderung stellt die Unterbringung von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, und ihren Kindern in sicheren Schutzeinrichtungen dar, da es viel zu wenig Schutzplätze gibt und deren Finanzierung nicht ausreichend ist. „Das in der abgelaufenen Legislaturperiode verabschiedete Gewalthilfegesetz, das allen Frauen ein Recht auf einen Schutzplatz zuspricht, ist ein wichtiger Schritt. Jetzt kommt es auf eine schnelle und umfassende Umsetzung durch die Länder an“, sagt Decker. Solwodi wird sich jedenfalls weiterhin ganz im Sinne der 2023 verstorbenen Gründerin, Schwester Lea Ackermann, für von Gewalt und Notsituationen betroffene Frauen einsetzen.
Über Solwodi
Solwodi setzt sich für Frauen mit Migrations- oder Fluchtkontext in Deutschland ein, die Not und Gewalt erfahren haben: Betroffene von Menschenhandel, sexueller Ausbeutung und Prostitution, Zwangsverheiratung oder sonstiger Formen von Gewalt. Die Frauen werden von erfahrenen Sozialarbeiterinnen begleitet. Solwodi bietet psychosoziale Betreuung, organisiert medizinische oder juristische Unterstützung, hilft bei der Arbeitssuche oder vermittelt in Deutschkurse und berufsqualifizierende Maßnahmen. Die Unterstützung ist immer auf die spezifischen Bedarfe und die individuelle Situation der jeweiligen Frau und ihrer Kinder ausgerichtet.
Solwodi steht für SOLidarity with WOmen in DIstress (Solidarität mit Frauen in Not). Der Verein ist in Deutschland als gemeinnützig anerkannt und arbeitet unabhängig und überkonfessionell. Solwodi ist in 18 Städten in Deutschland mit insgesamt 21 Fachberatungsstellen sowie 14 Schutzeinrichtungen und Wohnprojekten für Frauen und Kinder in Not vertreten. Neben der Dachorganisation Solwodi Deutschland e.V. gibt es Solwodi Landesvereine in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Berlin sowie die Solwodi Stiftung.