LIMBURG, 10.04.2020
Das Kreuz des Herrn will gebraucht werden
Das Kreuz ist nach den Worten von Bischof Dr. Georg Bätzing für Christen nicht irgendein religiöses Kulturgut, sondern Glaubenssymbol und Heilmittel, das aufrichtet und Trost schenkt. „Das Kreuz unseres Herrn will gebraucht werden und Gebrauchsspuren annehmen. Nur so ist es wirksam“, sagte der Bischof am Karfreitag, 10. April, im Hohen Dom zu Limburg. Um 15 Uhr feierte er dort die Liturgie vom Leiden und Sterben Christi.
In seiner Predigt griff der Bischof von Limburg die Diskussion auf, die vor zwei Wochen nach einer Stunde des Gebets, zu der Papst Franziskus eingeladen hatte, entbrannt war. Für dieses Gebet sei das sogenannte Pestkreuz aus der römischen Kirche San Marcello al Corso auf den Petersplatz gebracht worden. Dieses wertvolle Kreuz soll durch den Dauerregen, dem es während der Feier ausgesetzt war, Schaden genommen haben. Bischof Georg Bätzing findet diesen „Aufreger“ nicht nur merkwürdig, sondern geradezu ärgerlich. „Im Jahr 1522 soll eine Prozession mit dem Kruzifix zum Ende einer Pestepidemie in Rom geführt haben. Seither wird die Darstellung als wundertätig verehrt. Ob sich wohl bei dieser Prozession damals, in extremer Krisenzeit, ein Mensch die Frage gestellt hat, ob das Kreuz Schaden nehmen könnte? Ich glaube nicht“, sagte Bätzing.
Kulturgüter sind nicht immer auch Glaubensgüter
Ähnlich seltsam habe er Anfang Februar eine Diskussion um den berühmten Genter Altar der Brüder Jan und Hubert van Eyck empfunden. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten sei der Altar nun im Museum zu sehen. Das Mittelbild zeige im unteren Teil die Verehrung des Lammes, wie es der Evangelist Johannes in der Offenbarung beschreibe. Über Wochen hätten sich Menschen in den sozialen Medien über dieses Lamm lustig gemacht, da es mit seinen menschlichen Gesichtszügen irritiere. Diese oberflächliche Betrachtung sei weit weg von der Wahrnehmung der Künstler, die sich am biblischen Vorbild orientiert haben. „Dieses Lamm steht für einen Menschen. Dieses Lamm schaut mich an mit seinem durchdringenden Blick. Dieses Lamm meint mich“, so der Bischof.
Texte und Kunst der biblisch-christlichen Tradition seien als Kulturgut heute allen Menschen zugänglich. Sie seien aber bei weitem nicht mehr für alle ein Glaubensgut, das innerlich treffe und die Seele berühre. „Wer glaubt, dem stellt sich die Frage nicht, ob ein Kreuz benutzt werden darf, auch wenn es einmal im Regen steht. Denn, weil das Kreuz damals auf Golgota in übelster Art und Weise benutzt wurde, um Jesus zu töten, um vermeintlich das Problem dieses Aufrührers aus der Welt zu schaffen, darum ist es so kostbar“, sagte Bätzing.
Kreuze dürfen berührt werden
Kreuze dürfen nach Auffassung des Bischofs Macken haben und speckig geworden sein, weil sie angefasst und berührt würden. Darin drücke sich die Einladung aus, sich selbst dem Kreuz zu nähern, es zu berühren und zu verehren. Es zu beladen mit den eigenen Nöten, der eigenen Unruhe und der Einsicht, schuldig geworden zu sein und versagt zu haben. „Mit all dem gehören wir unter das Kreuz. Und das Kreuz unseres Herrn steht in Wind und Wetter dieser schweren Zeiten und hält es aus, hält uns aus, hält uns“, so der Bischof von Limburg. Vor und unter dem Kreuz versammle man sich auch am Karfreitag zu den großen Fürbitten für Menschen jeden Glaubens und aller Lebenslagen. „Da haben wir Platz. Da gehören wir hin. Da ist heute gut sein“, betonte Bätzing.
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Karfreitagspredigt von Bischof Dr. Georg Bätzing